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 Erneuter  Aufbruch  —  Cradock. 
 Reisepläne;  die  Abfahrt;  Port Elisabeth ,  die  Sepien;  Krisen im Geschäftsverkehr; 
 Zondag’s Rivier-Boseh;  Grahams-Town;  Anfbrueh im Ochsenwagen; Hell-Poort; 
 Cradock;  Desertiren  der  Leute;  weisse  Dienstboten. 
 Nachdem beinahe vier Monate  verflossen waren  seit der  Zeit,  in welcher  
 ich  den  Bericht meiner letzten Reise  abschloss,  kam mir mein Tagebuch  
 wieder  in Port Elisabeth  unter  die Hände,  als  ich  eine  zweite Tour  
 angetreten  hatte.  Die  vier  zwischen  beiden  Zeitabschnitten  liegenden  
 Monate hatten viel geisttödtende Beschäftigungen mit sich gebracht,  so dass  
 ich wenig  zum  Schreiben  aufgelegt war. 
 Nachdem  ich  die  dringendste Arbeit,  das Copiren und  sichere Verpacken  
 der Negative,  endlich  beseitigt  hatte,  rüstete  ich  mich  sofort  zu  
 einer  neuen  Unternehmung,  um  Theile .Süd-Afrika’s  zu  durchwandern,  
 welche  bisher  von  mir  nicht  durchstreift  worden waren.  Meine Blicke  
 richteten  sich  zunächstnach  dem  noch wenig bekannten D am a r a la n d e ,  
 und  ich  glaubte  den  Plan  der Reife  nahe^ als  die  schon  seit  einiger Zeit  
 unter  den Eingeborenen  bestehenden Kriege  eine  solche Ausdehnung  gewannen, 
   dass  das Reisen  in  diesen Gegenden unmöglich wurde.  Ich änderte  
 daher  sofort meinen  Plan  und  wählte  wieder  den  östlichen Weg mit  der  
 Absicht,  so  schnell  als möglich  nach  dem  Innern  vorzudringen. 
 Am  17. März  brach  ich  von  meinem  Standquartier,  O ap e -T ow n ,  
 auf,  und  zahlreiche  Freunde,  die  ich  daselbst gewonnen  hatte,  begleiteten  
 mich  zum Hafen  und  an Bord  des wohlbekannten  Steamers  „Saxon“, welcher  
 gerade  von England her nach  einer Reise von  28  Tagen  und  6 Stunden  
 am  Cap  eingetroffen war. 
 Nochmals  zeigte  sich  mir  das  lebendige Bild,  welches  schon  beim  
 ersten  Anblick  mein  Entzücken  so  sehr  erregt  hatte,  in  seinem  vollen  
 Glanze.  Die Berge mit ihren  sehroffen Felspartkien  und  die Stadt  an ihrem  
 Fusse, welche  die im  leichten Winde  sich  kräuselnde Bay umfasst,  schien  
 freundlich  zum Bleiben  einzuladen,  und  so  mancher Ort,  manches Haus,  
 wo ich  vergnügte Stunden verlebt  hatte, winkte grüssend herüber. Leichte 
 Nebel, welche  zeitweise  das Bild  bedeckten,  enthüllten  es  gleich  darauf,  
 wie  es  schien,  noch  verschönert  dem Auge  des  entzückten Beschauers. 
 Muntere Delphine  ergötzten  sich  rings  um  das  Schiff in  dem klaren  
 Element,  und  zahllose Möven  zogen  von Zeit  zu Zeit vorbei,  indem  sie das  
 Meer  aufrauschen  machten  durch  das  sonderbare  Stosstauchen,  welches  
 sie  ausführen.  Mit  gewandtem  Flügelsehlag  erhoben  sie  sich  zu  einer  
 bedeutenden Höhe  über  dem  Wasser,  schwebten  einen  Augenblick  wie  
 fest gebannt und  dann plötzlich  die Schwingen faltend stürzten sie mit dem  
 Kopfe voran  senkrecht herab.  Mit lautem Geräusch  schlugen die Wellen  
 über  den  Fallenden  zusammen,  welche nach  einigen Augenblicken wieder  
 auftauchten,  um  bald  darauf dasselbe Manöver zu wiederholen.  Das beständige  
 Aufsteigen und Niederstürzen  dieser Vögel,  sowie das Aufrauschen  
 der Wellen  gab der  Scene  ein Leben, welches wetteiferte mit  dem Treiben  
 auf dem Deck unseres zur Abfahrt rüstenden Dampfbootes. 
 Eine Fülle von Menschen  drängte  sich  auf demselben, um  scheidenden  
 Freunden und Bekannten Lebewohl zu sagen,  doch rühren de Abschieds-  
 scenen, wie  sie  die Phantasie  des  sentimentalen Europäers  damit  unwillkürlich  
 verbindet,  wurden  wenig  oder  gar  nicht  aufgeführt.  Die  Leute  
 schienen  alle  Schüler  des  lachenden  Philosophen  zu  sein;  unter heiteren  
 Scherzem.sagte man  sich vielleicht  auf Ewig Lebewohl, und Gott Bacchus  
 wurde  angerufen,  die  Scheidestunde  zu  erleichtern.  Endlich  schlug  Sie,  
 der  Steamer  feuerte  seine  Kanonen  ab,  die  Zurückbleibenden  eilten  in  
 ihre  Boote  oder wurden  von  den  biederen Theerjacken  in  dieselben geschoben, 
   und  kurz  darauf  war  ein  wehendes  Tuch  der  letzte  Freund-  
 schaftsgruss,  den  sie uns noch  zusandten.  Das  Schiff verliess  den Hafen,  
 das Publikum war  sofort  alles  zerstreut, und  eine  dichte Nebelbank  legte  
 sich wie  ein undurchdringlicher Vorhang  über  die  reichen Dekorationen. 
 Als  das Schiff sich  etwa gegenüber von Greenpoint befand, wurde der  
 Nebel  so  dicht,  dass wir,  nachdem  die Maschine  etwa.  10 Minuten gearbeitet  
 hatte, gezwungen wurden, wieder  zu halten und  die Anker fallen zu  
 lassen.T 
 rübe und  schwer  umhüllte  uns  der  nasse  Dunst,  durch  den  nur  
 das Rotationsfeuer  am  Strande  zeitweise  einen  matten Schein hindurchsandte. 
   Erst im Laufe  des nächsten Morgens  nahmen  wir unseren  Cours  
 wieder  auf,  da  die Aussicht  alsdann  etwas  freier wurde,  und gingen, nachdem  
 wir  die Nebelbank passirt hatten,  welche  sich,  von  der  See  aus gesehen, 
   wie  eine  sanft  ansteigende Schneefläche  bis  gegen  den Gipfel  von  
 Lionshead hinaufzog, mit voller Dampfkraft weiter.  Trotz  der  entgegen- 
 Dr. Cf. Fritsch, Drei Jahre in Süd-Afrika.  15