rige Ereigniss so plötzlich eintrat und der Verstorbene eine Person von
Bedeutung gewesen war, wurde mir doch von keiner Seite der leiseste
Vorwurf gemacht, und Kama selbst theilte mir die in der Nacht geschehene
Quacksalberei mit, die Thorheit seiner Stammesgenossen beklagend.
Seit dieser Zeit war mein Charakter als Doctor auch Sekomi bekannt
geworden, und wenn er mich früher gleichgültig behandelt hatte,
vermied er mich jetzt ängstlich, und ich glaube nicht, dass er in der ganzen
Zeit meines Aufenthaltes daselbst mich einmal gerade angesehen hat.
Zur Vermehrung seiner abergläubischen Furcht trug noch der photographische
Apparat bei, der für ihn natürlich offenbare Zauberei war,
während sein Sohn sich bald eine Vorstellung davon machen konnte.
Einmal fing ich den alten Fuchs doch, als ich gerade eine Gruppe
der Händler aufnahm und er, ohne zu wissen, was eigentlich vorging, in
die Mitte gezogen wurde, aber nachdem er den Erfolg kannte, hätte ihn
keine Macht der Welt vermocht aufs neue zu sitzen.
Die wilden Stämmen meistens eigene, angeborene Verschlagenheit
prägt sich in Sekomi sehr stark aus, wofür sein Verkehr mit den Händlern
täglich unwiderlegbare Beweise abgiebt; bezeichnend war mir aber
besonders seine erste Unterredung mit Capt. Harris, die mir von einem
Ohrenzeugen mitgetheilt wurde.
Als Capt. Harris, der stets den englischen Gentleman herauszustreichen
suchte, in würdevollem Aufzuge vor dem Häuptling erschien
und den nackten Wilden vor sich auf der Erde kauern sah, glaubte er
es eine leichte Sache, demselben zu imponiren, und prahlte mit seiner
Macht und Eeichthum, und wie er in England ein viel grösserer Capitain
wäre als Sekomi. „Eh!“ war die Antwort, „wenn dem so ist, warum
kommst du denn zu mir? Ich werde dich nicht aufsuchen.“ Harris, wohl
etwas herabgestimmt, holte nun seinen „gentleman“ hervor, als dessen
Merkmal er hervorhob, dass er niemals eine Lüge sage. „Eh!“ erwiederte
der Häuptling, „wenn du keine Lügen sagst, so machst du doch wenigstens
manche Versehen,“ welche malitiöse Entgegnung den Gentleman
in gelinde aber unschädliche Wuth versetzte, da er seine Abhängigkeit
wohl einsah. Darauf begann er von der Jagd zu sprechen und frug nach
Elephanten, deren Verbleiben Sekomi ihm angeben sollte. „Geh und
suche“, war die Antwort, „die Bamangwato binden die Elephanten nicht
für dich an den Bäumen fest.“ Das Suchen soll dem Capitain indessen
einige Schwierigkeiten bereitet haben.
Der Glaube an Zauberei meinerseits fand sich nicht nur im Häuptling
selbst, sondern auch in vielen der Stammesgenossen, da sie nicht
begreifen konnten, wesshalb ich so oft mit dem glänzenden, dreibeinigen
Kasten an den Bergen über dem Orte herumkletterte; weil sie keine
Vorstellung von der Sache hatten, musste es nothwendig etwas Böses,
Unheimliches sein. Die Leute würden sicher noch mehr an meine Absicht,
sie zu behexen, geglaubt haben, wenn sie den anderen Zweck
gekannt hätten, welcher mich veranlässte, die benachbarten Hügel so
eifrig zu besteigen. Die Kamera war der äussere, unschuldigere Vorwand,
um zu verbergen, dass ich nach menschlichen Skeletten aus war,
von denen eine grosse Anzahl in der Umgegend der Werft vorhanden
sein sollte. ■ ‘ '
Im Jahre 1862— 63 nämlich wütheten die Pocken so furchtbar
unter den Bamangwato’s, dass an ein Begraben der'Gestorbenen nicht
mehr zu denken war, und nur die eiserne Nothwendigkeit die Ueber-
lebenden veranlassen könnte, die Leichen aus den Hütten bis in eine
geringe Entfernung zu schleifen.
Es muss ein schreckliches Bild menschlichen Elendes abgegeben
haben, diese enge, volkreiche Bechuanenstadt unter der Geissel einer
so verderblichen Krankheit; ohne Hospitäler, ohne Aerzte oder geeignete
Pflege erkrankten die Unglücklichen und wurden dahingerafft
in ihren dunklen Hütten, obgleich vielleicht geringer Beistand ausgereicht
hätte, dem Tod sein Opfer zu entreissen.
In das beständige Jammern und Wehklagen der trauernden Bewohner
mischte sich das schauerliche Geheul zahlloser H y ä n e n , welche
von allen Seiten zu dem l e c k e r e n Frass herbeikämen und den geängstig-
ten Ueberlebenden ein Grablied zu singen schienen.
Zuweilen hat die furchtbare Krankheit so ganze Niederlassungen
bis auf den letzten Mann verödet, wenn die Einwohner unvermögend
waren, länger den Kämpf mit dem unsichtbaren Feinde fortzusetzen
und die Kranken zwischen den bereits Verwesenden liegen blieben,
bis der Hauch des Todes alles Leben ringsum verlöscht hatte. Die
Häuptlinge der Nachbarschaft verfehmen alsdann einen solchen Ort,
so dass sich ihm Niemand nähern darf, und die Niederlassung bleibt
stehen, wie die Seuche sie verlassen hat, ein trauriges Denkmal menschlicher
Vergänglichkeit.
In der Stadt der Bamangwato’s war es nicht ganz so schlimm geworden,
und nachdem Tausende zum Opfer gefallen waren, liess die
Epidemie nach, den Ueberlebenden Zeit gewährend, sich zu erholen.
Waren indessen die Eingeborenen auch von der Krankheit befreit, so