Am nächsten Tage zogen wir zu Pferde aus und durchstreiften die
duftenden Dickichte nach verschiedenen Richtungen, ohne dass ich meine
I-Iande mit dem Blute harmloser Thiere befleckt oder die Stille der Natur
durch den scharfen Knall der Büchse gestört hätte. Meine Absicht war
wohl gut, aber das Wild leider allzu sparsam; nur.einmal erschien eine
Anzahl Pala zwischen den Dorngebüschen, welche hier indessen zu
dicht standen, um schnell mit dem Pferde folgen zu können. Die Pala
oder Rooi Bokke (Aepyceros melampus Gray) waren früher zu Tausenden
und aber Tausenden in den Beclmanenländern nördlich von Knru-
man vorhanden, das mörderische Blei hat aber so unter ihnen aufgeräumt,
dass jetzt nur noch eine geringe Anzahl derselben übrig geblieben
ist; sie ersetzen den in diesen Gegenden fehlenden Blessbock, während der
Springbock auch im Buschfelde vorkommt und also die grösste Verbreitung
zeigt.
Mr. M Cabe kam später als ich zum Wägen zurück, indem er so
glücklich gewesen war ein Kudu zu erbeuten, das sie alsbald an Ort und
Stelle zerstückten und auf den Pferden nach dem Lagerplatze brachten.
Von Khopong wendeten wir uns gegen eine nordöstlich gelegene
Vlei, nach welcher wir wieder zu Pferde vorauseilten. Was es heisst in
einem gränzenlosen Ocean von Kameeldornbäumen und Gebüsch ohne
charakteristische Höhenzüge, ohne weitere Aussicht als 100—200 Schritte
ringsum, einen Platz zu finden, der wenige Ruthen im Umfange hat, muss
man versucht haben, um es ganz zu begreifen. Der Europäer ist eigentlich
vom ersten Augenblick, wo er seinen Ausgangspunkt -aus dem Gesichte
verliert, verirrt, aber auch unter den Landeseingeborenen weisser
oder schwarzer Hautfarbe sind wenige, welche nicht ein oder das andere
Mal in solchem Terrain sich verirrt hätten, und die furchtbaren Leiden,
die sie in den zwei oder drei Tagen des Umhersuchens ausgehalten
haben, übersteigen alle Beschreibung; die einzige Thatsache, dass die
Verirrten häufig versucht haben ihres Pferdes Urin zu trinken, spricht
hinlänglich für die entsetzliche Höhe ihres Durstes. Wir hatten in diesen
Tagen einen alten Mochuanen bei uns, der das Land von Jugend auf
kannte, und dennoch verlor auch dieser häufig seine Richtung.
Einige blaue Wilde Beeste (Cätoblepas Gorgon IL Smith) zeigten sich
im Gebüsch und Rudel von Springböcken, welche letztere sich im Buschfelde
zu stattlicher Grösse entwickeln, ein Duiker sprang hier und da aus
dem Gestrüppe auf, doch grösseres Wild war nicht zu sehen. '
Plötzlich, als wir gerade unter uralten Kameeldornbäumen dahinritten,
welche ihre Schirme weit über eine üppig bewachsene Vlei ausbreite
ten , sprang dicht neben uns ein Thier im Gebüsch auf, und ich sali
deutlich die, fahle Decke desselben, wie es durch das Gestrüpp jagte.
„Ein Eland, ein Eland!“ klang M’Cabe’s Ruf als Losungswort einer lustigen
Hetzjagd, zu welcher sein schwarzer Achterrijder und ich selbst sich
ihm eifrig anschloss. Wir hatten das Wild im Dickicht für einige Zeit
aus den Augen verloren, als M’Cabe plötzlich, um einen Busch biegend,
sein Pferd zurückriss und umkehrend den Schreckensruf ausstiess: „By
God, it is a lion!“ Im nächsten Augenblick war der Mochuane und ich
selbst vom Pferde gesprungen, bereit dem Löwen die Spitze zu bieten,
welcher, der Jagd müde, stehen geblieben war und sich drohend nach
uns umwandte. Der Schwarze liess sich in seinem Eifer nicht zurückhalten,
und bevor ich noch feuern konnte, sandte er schon dem Raubthieie
seine Kugel zu. Leider schoss er zu hoch, und der Löwe verschwand,-
von dem Schuss erschreckt, sofort in den Büschen, ohne dass wir vermochten,
ihm etwas anzuhaben. An der Stelle, wo er umgedreht hatte,
fanden wir die Fährte deutlich in den Sand eingedrückt, und ich konnte
den mächtigen Bau seiner Pranken zur Genüge bewundern.
Durch das kleine Zwischenspiel waren wie von der früher eingehaltenen
alten Spur abgekommen, und der Führer änderte in seiner Unsicherheit
alle fünf Minuten die Richtung, bis er endlich ehrlich gestand, dass
er sich „verloren“ habe.
Wir passirten beim Umherirren alte Fanggruben, welche geöffnet
waren und so leicht vermieden werden konnten, während eine wohl hergerichtete
Fanggrube häufig selbst von Eingeborenen in der Eile übersehen
wird.
Die Fanggruben sind schmale, aber tiefe Löcher, entsprechend dei
Grösse und Gestalt des Wildes, für das sie berechnet sind, oben mit Reisern
und dürrem Gras verdeckt, so dass man die Falle nicht bemerken
kann. Man bringt sie an auf Wildpfaden und führt einen Zaun von Dor-
nenzweig.en quer durch die Gegend, indem man nur die Stelle, wo die
Grube sich befindet offen lässt. Im Grunde werden spitze Pfähle eingesenkt,
welche sich tief in das herabfallende. Thier bohren und ein Herausarbeiten
unmöglich machen. Für Giraffen h a b e n die Gruben eine besondere
Gestalt, indem die Wände sich in der Mitte nähern, so dass die
rautenförmige Oeffnung sich nur vorn und hinten in gleicher Breite bis
zum Grunde ausdehnt. Diese Einrichtung ist darauf berechnet die Voi-
der- und Hinterbeine des Thieres zu fassen und so die Giraffe in eine
richtige Klemme zu bringen.
Bald nach Passiren der Fallgruben kamen wir an einen Ort, den