das neue Leben hinein. Hinan ging es’ die staubigen Strassen, die
ganze Stadt wurde durchfahren, und endlich hielt der Wagen vor einem
freundlichen Hause in einem Garten unterhalb des Tafelberges: die erste
Stätte meiner Thätigkeit war erreicht.
Ich richtete mich in einem kleinen, aber kühlen und gemüthlichen
Zimmer häuslich ein, doch wollte dies Geschäft nicht recht vor sich
gehen; denn immer wieder wandten sich meine Augen nach der reichen
Aussicht, die das Fenster gewährte. Dies sah nämlich hinaus nach
einem kleinen Garten, der in ganzer afrikanischer Wildheit prangte.
Baumhohe, cactusartigeEuphorbiaceen(Euphorbia candelabrüm), Mimosen
und Acazien, Cactus, Myrthengesträuche, Daturen, ein eigentümlicher
Strauch, zur Zeit mit rothen Früchten besetzt, Kaffernpflaume (Arduina
grandiflora) genannt, Kiefern und Cypressen bildeten die Bestandteile
dieses Baumschlages, zwischen dem die kleinen, niedrigen Häuser der,
Capstadt mit den meist flachen Dächern nur wenig hervorsahen. Hinter
diesem Vorder- und Mittelgründe erhob sich der Tafelberg in stolzer
Majestät, mit seinen schroffen Abstürzen und engen Klüften, rrnterbrochen
durch horizontale Bänke, welche mit frischem Grün und bunten Haidekräutern
bedeckt waren.
Doch mehr noch als die Grossartigkeit selbst reizte mich das
Fremde, Neue des Anblickes: das waren afrikanische Pflanzen, die dort
blühten, afrikanische Vögel, die mit eigenthümlich melancholischem Ruf
durch die Büsche schlüpften, afrikanische Schmetterlinge die bunten
Segler, welche sich vor mir in den Lüften wiegten; träumend schaute
ich hinaus in die bunte Landschaft, und dachte an die dunkle Zukunft,
die vor mir lag, an die unbekannten Abenteuer die mich erwarteten, bis
ich ganz meine nächste Umgebung und meine Beschäftigung vergass.
Endlich war diese, vollendet; ich ging hinunter in die Strassen und
erfreute mich an dem bunten Menschengewimmel.
Die Stadt zieht sich im weiten Bogen längs des Fusses der Berge
hin, die Häuser verstreut auf eine grosse Fläche, zum Theil die Abhänge
bekleidend, zum Theil näher am Ufer und dichter aneinander gedrängt,
von meist engen Strassen durchzogen, die hier fallen und dort steigen.
In den Strassen, welche durch schlechte Chaussee gebildet sind,
treibt sich ein Gewimmel der verschiedensten Nationen umher. Die
Farbigen, bald als Kutscher auf Droschken, ähnlich den Londoner Cabs
und Hansoms, oder auf den einheimischen Cape-Carts und Ox-Waggons,
bald als Frucht- oder Fischverkäufer, bald als geschäftlose Tagediebe.
Unter den Weissen sieht man, den gebräunten, kräftig aussehenden
Bevölkerung. Kneipen. Märkte. 5
Farmer zu Fuss, oder häufiger zu Pferde, den blässeren, in dunklen
Stuben weilenden Kaufmann, den Matrosen, der die wenigen, ihm
gegönnten Stunden am Lande in schrankenloser Fröhlichkeit verbringt,
und den Abenteurer, welcher sein Glück vom Zufall eiwartet und, wenn
es nicht kommen will, sich mit der Gin-Bottle tröstet.
Ueberhaupt ist der Brandy und Gin in der ganzen Colonie mehr
geschätzt, als für das Emporkommen derselben dienlich ist; die socialen
Verhältnisse der Stadt bieten wenig, und es sucht daher häufig der von
der Arbeit ermüdete Mann seine Erholung in den Kneipen, hier Hotels
genannt, wo er in starken Spirituosen seine Sorgen ertränkt. Das
Delirium tremens ist in Folge dessen daselbst eine so bekannte Affection,
dass der lange Name dafür überflüssig geworden ist, und man es
bequemer findet nur die Anfangsbuchstaben zur Bezeichnung zu gebrauchen.
„He has had an attack of the D. T.“ *) ist eine für das Cap
allgemein verständliche und leider nicht seltene Redensait.
Die Märkte zeigen keine grosse Mannigfaltigkeit, abgesehen von
dem P u b lic S a le , wo meistenteils Verkauf aus zweiter Hand an den
Meistbietenden stattfindet. Hier allerdings bringt der Zufall zuweilen die
wunderbarsten Dinge zum Vorschein, wenn auch ausser Produeten, Utensilien,
Gewehre, Sättel, Geschirre, Wagen und Pferde gewöhnlich den
grössten Theil der Waaren ausmachen. Die Ausdehnung dieses Verkaufes
und das gegenseitige Vertrauen, welches bei demselben obwaltet, ist für
den Fremden sehr auffallend; man kauft gegen Nennung seines Namens,
der Auetionator bezahlt für den Käufer und schickt dann in einem oder
mehreren Monaten die Rechnung ein; so habe ich selbst, obgleich völlig
unbekannt, dort gekauft, die Gegenstände mit mir genommen, ohne mehr
wie meinen einfachen Namen anzugeben.
Der F is c hm a rk t wird hauptsächlich gefüllt von einem mehrere
Fuss langen, dunkelgefärbten Fisch von langer Hechtsgestalt, Snoek im
Holländischen (Thyrsites Atun Cuv. et Val.); nächstdem ein kleiner, breiter
Fisch, Hottentott-Fish genannt (Sargus Hottentottüs Smith), ein schön
rothgefärbter, Roman (Chrysophrys cristiceps Cuv.) und ein Krebs zu den
Locustinen gehörig, Crowfish (Palinurus Lallandii), der die Grösse des
Hummers, aber keine Scheeren hat.
Snoek und Crowfish machen die Hauptnahrung der armen Bevölkerung
aus, und es erregte daher grosse Entrüstung, als muhammedanische
Geistliche aus Constantinopel vor einiger Zeit hierher kamen und den An-
*) Er hat einen Anfall des D. T. gehabt.