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   auf Wegen,  die  ihnen  noch  von keinem Europäer nachgegangen  
 worden  sind. 
 Bezeichnend  für  den wilden  Charakter  dieser Bevölkerungsklasse ist  
 mir  eine Geschichte  aus  Namaqualand,  welche  sich  vor  einigen  Jahren  
 daselbst  zugetragen  hat.  Ein  europäischer Händler  wurde,  als  er  mit  
 seinem Wagen  im  Gebiet des Häuptlings  David  Christian  stand,  von  den  
 Hottentotten  eines Tages  so  geplagt,  dass  ihm  die Geduld  ausging und er  
 auf den Rädelsführer  der Bande  schoss,  aber unglücklicher Weise  einen  
 Anderen  tödtlicb  verwundete.  Die Plagegeister  stoben  auseinander,  und  
 der Händler, welcher wusste,  dass  er nach  den Gesetzen  der Eingeborenen  
 mit Leib  und Leben  dem  Häuptling  verfallen war,  wagte  nicht  dem Ur-  
 theil David  Christian’s  zu  stehen,  sondern  entfloh  in Begleitung  eines  anderen  
 Europäers  und  eines Griqualanders  auf  einen  benachbarten  Berg,  
 sein Hab  und  Gut  der Willkühr preisgebend.  Als  er  sa h ,  dass  er  nicht  
 verfolgt wurde,  fasste  er  den kühnen Entschluss  nach  der  entfernten  Seeküste  
 zu wandern, um  von  dort  nach  dem Cap  zu  fliehen.  Mit wenigem  
 Mundvorrath und Munition versehen, machten  sich  die  drei Wanderer  auf  
 den  Weg  durch  die  wasserlosen Wüsteneien,  bei  Nacht reisend  und  bei  
 Tag  in  Felsspalten  oder Erdhöhlen  ruhend. 
 Der Griqualander  schoss Wild  für  die Leidensgefährten, machte ihnen  
 Schuhe  von  den  Fellen  und  that  Alles, was  zu  ihrem Beistände geschehen  
 konnte.  So zogen  sie  eine Zeitlang- vorwärts,  bis  der Wassermangel und  
 die übermenschlichen Anstrengungen  den Händler  an  den Rand  des Wahnsinns  
 führten  und  er  anfing mit  seinem Pfleger  zu  hadern.  Dies  brachte  
 die  angeborene  Wildheit  des  Bastards  zum  Ausbruch,  er  betäubte  den  
 Unglücklichen  durch einen Kolbenschlag und liess  ihn  in  der Wüste  liegen,  
 einem  entsetzlichen Tode  zur Beute.  Mit  dem  anderen  Europäer,  dessen  
 Schwäche  eine  thätige  Unterstützung  seines Kameraden  verhindert  hatte,  
 wanderte  er  weiter,  bis  auch  dieser  zusammenbrach.  Der  Unmensch  
 tödtete  ihn  dann  ebenfalls,  um  ihn  seiner  geringen Kostbarkeiten  zu  berauben, 
   zog  allein  weiter  und  erreichte  glücklich  den Orange-River nahe  
 bei  seiner Mündung,  wo  ihm  ein  bekannter  Reisender  der Westküste  be-  
 gegnete,  in  dessen Dienste  er  trat. 
 Am Abend beim Lagerfeuer löste der Gin die Zunge  des Griqualanders,  
 und  er  erzählte  selbst  seine Erlebnisse undThaten;  doch  als  der Reisende,  
 davon  benachrichtigt,  Leute  schickte,  ihn  festzunehmen,  hatte  er  bereits  
 Verdacht  geschöpft  und  war  entflohen.  Die  verfolgenden  Hottentotten  
 fielen  einzeln  seiner verdorbenbringenden Büchse  zum Opfer,  und  er  verschwand  
 ungestraft für  die mannigfachen Unthaten, welche  er in  schrecklicher  
 Folge vollführt hatte; Niemand hat wieder  von ihm  gehört. 
 David Christian  sandte die Wagen  des Händlers,  als  der Eigenthümer  
 nicht wieder  zum Vorschein kam,  mit  einem  vorbeipassirenden Europäer  
 nach  dem Cap  zurück,  um  sie dort  den Behörden zu übergeben, ein Zeichen,  
 wie  sehr  diese Häuptlinge  bemüht  sind,  in  ihren Handlungen wenigstens  
 äusserlich  eine  stricte Rechtlichkeit und Gerechtigkeit zu  bewahren. 
 Mit den Gesinnungsgenossen  des  oben  erwähnten Griqualanders  hatte  
 ich in Watersboer’s Residenz zu verhandeln, während ich  der  einzige Europäer, 
   oder wie  die Bezeichnung im  Sechuana  ist,  „Le-Koa“  im Orte war,  
 ich wurde  aber  unter  dem  Schutz  des  Häuptlings  recht  gut  mit  ihnen  
 fertig  und  beendete  meine  Geschäfte  daselbst  in  befriedigender  Weise,  
 so  dass  ich den  braungelben Herren  meinerseits  keinen Vorwurf machen  
 kann. 
 Der  europäische Doctor  erfreute  sich  als  solcher  eines  unbedingten  
 Vertrauens  und  die Verweigerung  einer Kur wurde  meist  als Mangel  an  
 gutem Willen,  oder  als  ein Kunstgriff, Bezahlung zu erpressen,  angesehen.  
 Ich  bewundere  die Ruhe,  mit Welcher  sich  eine Frau z. B. mir unter  das  
 Messer  lieferte,  um  eine grosse Fettgeschwulst  exstirpiren  zu  lassen,  und  
 muss  gestehen,  dass  die Patientin  kaltblütiger war bei  der Operation,  als  
 der Doctor  selbst,  der,  als  einziger Europäer  am Orte,  sich  die Bedenklichkeit  
 des Unternehmens  nicht  ganz verhehlen konnte.  Die beiden farbigen  
 Assistenten,  welche  ich- dabei  anstellte,  konnten  leicht  beim  Anblick  dos  
 ersten  Blutstropfens  davonlaufen, und ausserdem  erwartete man  von  vornherein  
 Wunderkuren  zu sehen.  Als  darauf die Operation  einen günstigen  
 Ausgang  nahm  und  die  grosse Wunde  in  drei Tagen  fast völlig  heilte,  
 war mein Ruf als  ganz  besonders  „schlimmer“  d. h.  gelehrter  Doctor  begründet; 
   die  Plagereien  wurden  aber natürlich  um  so  ärger. 
 Oapitel  IX. 
 Griqua-Stad  —  Kuruman. 
 In  den  „Wacht  een  bcetjon“-Dornen;  Charakter  des  Griqualandcs;  Blinkklip;  
 Wassermangel;  Anzeichen von Wasser;  Kossi;  Kuruman; Wüstenbildcr;  Reise-  
 comfort. 
 Nachdem  am  24.  ein  neues Gespann Ochsen  glücklich  erhandelt und  
 bei  einer  Probefahrt  gut  befunden  war,  verliess  ich Ta-ga Mutach,  um  
 meine Reise  nach Kuruman  fortzusetzen.  Das  Ziel  dieser Tagesfahrt war 
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