wenn der Mann die Ungefährlichkeit derselben kennt, wird er die Gelegenheit
sich nicht entgehen lassen , seinen Ruf .zu vergrössern und wird die
Leute also in ihrem Wahn bestärken. Bei den wirklich giftigen Schlangen
tritt der tödtliche Ausgang meist so schnell ein, dass die Hülfe zu spät
kommt, wenn der Arzt nicht gerade zufällig in der Nähe ist.
Natal ist vorzüglich reich an Schlangen, zumal in den buschigen
Küstenstrichen; schon am nächsten Tage, nachdem mich die Cobra erschreckt
hatte, stiess ich auf eine grosse, unschädliche Schlange, welche
schleunigst die Flucht ergriff, und darauf wurden mir fast täglich solche
Ueberraschungen bereitet, sobald ich mich tiefer ins Gebüsch begab.
Das üppige Wachsthum des letzteren belehrte mich, dass die Küste,
das Ziel meiner Reise, nahe sei; wirklich erreicht wurde es aber erst am
6-, da ich noch einen Tag in einer etwas seitlich vom Wege gelegenen
Ansiedelung, N e u -D e u ts c h la n d genannt, zubrachtfe.
Ich benutzte die Gelegenheit, welche sich mir gerade darbot, dass
nämlich der Besitzer des von mir gemietheten Wagens in diesem Orte zu
Hause war, um mich persönlich von der Lage der Leute und ihren Verhältnissen
zu überzeugen.
Die Veranlassung für die Auswanderung dieser Deutschen war die
Aufforderung dazu durch die Agenten einer Compagnie, welche zusammentrat,
um den Baumwollenbau in Natal einzuführen; es wurde jedem Einzelnen
ein Stück Land überwiesen mit der Bedingung, darauf Baumwolle
zu bauen für die Gesellschaft. Diese Speculation schlug fehl, die Baumwolle
gedieh wohl gut, aber sie wurde gelblich*), und es gebrach an ausreichender
Arbeitskraft, um dieselbe zu bergen; dies ist ein sehr grösser
Uebelstand, weil ein starker, anhaltender Wind ausreicht, die Resultate der
Aerndte fortzuführen, sobald die Baumwolle nicht zur gehörigen Zeit abgenommen
wird. Die Kosten wurden unverhältnissmässig gross, die Gesellschaft
musste beständig Zuschüsse machen, ohne dafür hinreichende
Produkte zu gewinnen, bis sie sich endlich entschloss den Plan ganz aufzugeben.
Da die Preise des Landes, welches sehr billig eingekauft worden
war (eine halbe Krone per Acre), unterdessen immer mehr gestiegen waren,
entliess die Compagnie die Ausgewanderten ihrer Verpflichtung, Baumwolle
zu bauen, und übergab ihnen den Grand und Boden als freies Eigenthum
für einen bestimmten Preis, den sie in einigen Jahren abzuzahlen
hatten (30 S. der Acker) So kam die Gesellschaft wieder zu ihrem Gelde
*) Von anderer Seite wird dies wieder geleugnet und nur dem zu langen
Stehen im Felde zugeschrieben.
und die Leute zu kleinen, aber einträglichen Besitzungen, von welchen sie
leicht vermochten die Zahlungen zu leisten.
Es freute mich, allgemein von ihnen zu hören, dass sie mit ihrem
Loose zufrieden sind und keine Klage gegen die Agenten vorzubringen
haben. Ich verlebte einen recht gemüthlichen Abend zwischen diesen einfachen
Leuten, weichein den mit Stroh bedeckten Häuschen ähnlich unsern
Bauernhäusern, aber gewöhnlich mit einer Veranda, ein stilles, arbeitsames
Leben, hinbringen. Mässige. Arbeit gewährt ihnen hinreichenden
Lebensunterhalt und sammeln sie auch keine Schätze, so leben sie doch
gewiss freier und mit geringeren Sorgen, als zu Haus. Freilich, producirt
wird nicht sehr viel von ihnen, obgleich der Boden gut genug is t; meist
bauen sie nur Bananas, Sweet Potatoes (Convolvulus Batatas), gewöhnliche
Kartoffeln und Hafer. Besonders gut gedeihen die Sweet Potatoes, welche
solch reichen Ertrag geben, dass der Bauer mit grösserem Gewinn ein
Muid derselben für 3—4 S. verkaufen kann als dieselbe Quantität Kartoffeln
fü r íí 1 oderS. 25. Mit dem Café- und Zuckerbau geben sich dieCo-
lonisten in Neu-Deutschland in der Regel nicht ab, die Auslagen sind ihnen
zu gross, und es sind auch nur wenig Localitäten für diese Produkte geeignet.
Als Nebenverdienst beschäftigen sich viele mit Transportfahren,
was ziemlich gut bezahlt wird.
Alle die Plätze, welche brauchbar sind für das Zuckerrohr oder die
Cafepflanze, standen damals sehr hoch im Preise, so dass man für einen
Acker £ 3, und wenn der Platz eine günstige Lage an einer Hauptstrasse,
in der Nähe eines Ortes etc. hatte, noch viel mehr bezahlte.
In neuester Zeit war das Projekt des Baumwollenbaues wieder vorgenommen
worden, da die amerikanischen Verhältnisse den Werth des
Produktes so gesteigert hatten, dass die Aussicht vorhanden war, dasselbe
jetzt mit Vortheil zu bauen. Die nöthige Arbeitskraft, deren Beschaffung
eine Lebensfrage des Unternehmens ausmacht, suchte man jetzt dadurch
zu gewinnen, dass Kooli’s von Ostindien her als freie Arbeiter importirt
wurden, die an Gewandtheit und Anstelligkeit alle afrikanischen Stämme
weit überragen, wenn sie auch an Kraft sehr zurüekstehen. Die schlanken,
beweglichen Figuren dieser Indier in ihren bunten Musselingewändern,
ein weisses. oder gestreiftes Tuch als Turban um den Kopf geschlungen,
bilden einen sehr interessanten Bestandtheil des Strassengewimmeis in den
Städten Natals, besonders in D ’U rb a n , welches ich am6. Oct. gegenMit-
tag in einer Ochsenkarre erreichte.
jlNachdem die seit langer Zeit hier für mich angehäuften Briefe alle
glücklich durchstudirt und, soweit es die Zeit erlaubte, beantwortet waren,
Dr. 0. Fritsch, Drei Jahre in Süd-Afrika. 14