leien „een trägsel“ verlangt, was eigentlich eine Handvoll bedeutet, ohne
dass jedoch der Bittende jemals mit einer so geringen Quantität zufrieden
wäre. Bewunderungswürdig ist die Unverschämtheit, mit welcher ein
solcher Vagahund dem Reisenden, mag dieser „Zmaus“ (Händler) sein
oder nicht, ein Bündelchen schwarzer, abgefegter Straussenfedern von
Fingerlänge unter die Nase hält und dafür beliebige Waaren verlangt, Die
Versicherung der absoluten Werthlosigkeit des Angebotenen wird mit gut
gespieltem Erstaunen aufgenommen, und doch ist sie derselben Person
vielleicht schon zehn Mal gegeben worden.
Um solchen weniger lucrativen als lästigen Geschäftsanträgen fcu entgehen,
verliess ich zeitig am ändern Morgen den Ort und kam nun in
eine Gegend, welche weder unschön noch öde genannt werden kann, obgleich
die Armuth an Wasser sie in Wahrheit trostlos macht. Auch hier
sind Sträucher zahlreich vorhanden, unter denen besonders einer, Mohatla
(Tarchonanthus) im Sechuana, durch die silbergrauen Blätter und die
weissen Federkronen, welche die Enden der Zweige bedecken, auffallt und
einen angenehmen Gegensatz mit dem rothen Boden und dem fahlen
Cypergras bildet, das hier und da Mannshöhe erreicht. Das Land ist
wellenförmig und bietet von den höheren Punkten weite Fernsichten in
die ausgedehnten Ebenen, aus denen sich einzelne felsgekrönte Kuppen
wie mittelalterliche Burgen schroff erheben.
Der Wagen durchzog die Gegend mit erzwungener Eile, um womöglich
Wasser zu erreichen, doch als wir spät in der Nacht den letzten Ausspann
machten, hatten wir noch-keine Spur davon gefunden. Sobald es
der aufdämmernde Morgen erlaubte, ging die Reise weiter, Stunde auf
Stunde verrann, während der Wagen langsam durch die sandigen Thäler
dahinzog, ohne dass die lechzenden Zugthiere ihren Durst zu löschen vermochten,
als wir um zwei Uhr nothgedrungen wieder ausspannen mussten.
Die Ochsen mochten nicht mehr fressen und waren nur schwer am
Platze zu erhalten; mein altes Reitpferd aber kam stets dicht an mich
heran und der traurige Blick desselben bewegte mich mehr, als die rührendste
Ansprache vermocht hätte.
Guter Rath war theuer und wir machten uns gerade daran, aufs neue
aufzubrechen und weiter nach vorn das nächste Wasser zu suchen (welches
die Thiere bei der grossen Entfernung und den schweren Wegen
wahrscheinlich nie erreicht hätten), als zum grossen Glück ein Griqua daher
kam, der uns belehrte, dass wir an der einzigen Quelle am Wege etwa
eine Viertelstunde vorher vorbeigezogen waren. Ihm erschien es unbegreiflich,
wie Jemand so das Wasser verfehlen könnte, das sich für den
Kundigen durch mannigfache Zeichen kenntlich macht, und in der Tliat
war es ein grösser Vorwurf für meine Leute, dass sie nicht besser aufgepasst
hatten.
War ich doch selbst, obgleich noch neu im Lande, bereits so weit
mit den Anzeichen von Wasser yertraut, dass ich dasselbe an dem fraglichen
Platze vermuthete; ich hatte aber in den zwei Tagen so manche
ähnliche Plätze durchsucht und stets gefunden, dass Wasser dagewesen,
zur Zeit aber aiisgetrocknet war, dass ich endlich in eine gewisse Apathie
versank und die. Gegend der Quelle beim Vorbeifahren nur flüchtig
übersah.
Das beste Anzeichen von Wasser sind in diesen Gegenden die Mimosen
(Acacia horrida) und Eüfifelsdorn (Zizyphus), welche Bäume nur an
feuchten Stellen wachsen, während die gewöhnlichen Sträucher und besonders
der Mohatlabusch eine grosse Trockenheit auszuhalten vermögen.
Sonderbar ist, dass den Mimosen so nahe verwandte Gewächse, die Ka-
meeldornen sich über das ganze Land zerstreuen und in den trockensten
Strichen, wie z. B. der Kalahariwüste noch gut zu gedeihen vermögen,
wenn sie auch die'Ueppigkeit nicht erreichen, welche diese Bäume im
wasserreichen Natallande auszeichnet. Zu den Mimosen oder zum Wasser,
vielleicht zu beiden halten sich die Turteltauben und Schwalben, die man
niemals in bedeutender Entfernung von dem belebenden Nass antrifft, so
dass diese Vögel auch als Verkündiger von Wasser angesehen werden
können. Dasselbe gilt von den Wachteln, welche das an den austrocknenden
Stellen hervörspriessende Grün sehr lieben, obgleich die durch ihr
Auftauchen erweckte Hoffnung leicht getäuscht werden kann durch den
Umstand, dass die rapide Austroeknung die Vlei gerade in einen Morastfleck
verwandelt hat, aus welchem wohl Vögel aber keine grösseren
Thiere ihren Durst zu stillen vermögen.
Erwähnungswerth ist noch das Auftreten von Erscheinungen, die von
den Boeren „Wasseradern“ genannt werden; es sind dies angenommene
unterirdische Wasserläufe, gekennzeichnet an der Oberfläche durch das
üppigere Gedeihen der Büsche längs derselben, wodurch es möglich sein
soll, ihren Verlauf meilenweit zu verfolgen. Der Zusammenhang dieser
auffallenden Erscheinung mit unterirdischem Wasser ist, wenn auch allgemein
geglaubt, doch keineswegs erwiesen und erscheint schwer verständlich.
Viel eher dürfte das strichweise üppige Gedeihen der herrschenden
Pflanzen zurückzuführen sein auf das Zutagetreten gewisser
Gangmassen, welche durch ihren oberflächlichen Zerfall dem Boden eine
grössere Fruchtbarkeit verleihen, als die Umgebung besitzt.