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 Pferden weiter geschleppt, und wenn  die Hände  auch  öfters  fester das Gewehr  
 umspannten  aus Verlangen,  einem  vorbeiziehenden Vogel  oder  dem  
 davonspringenden  Muishond  eins  aufs  Fell  zu  brennen,  so  erlaubte  doch  
 die Eile  der Eeise  es  nicht,  der Jagdlust nachzugeben. 
 Am Nachmittag gegen 5 Uhr erreichten wir Grahams-Town,  wo  ich  in  
 dem  früher  schon  von mir bewohnten Phoenixhotel wieder Wohnung nahm. 
 Hier wurden nun dienöthigen Provisionen, Utensilien u. dgl. eingekauft,  
 und  es  fehlten nur  noch  die Ochsen  und  ihr Oberhaupt,  der Treiber,  eine  
 Person,  deren Wichtigkeit man  erst  begreift,  wenn man  sich  einige Male  
 genöthigt gesehen  hat mit unzuverlässigem Gelichter  zu  reisen,  oder  wie  
 der Afrikaner sagt „zu  reiten“.  (Der Landeseingeborene  „reitet“ nämlich  
 nieht nur im Sattel,  sondern  auch  in  der Karre und selbst im Ochsenwagen;  
 .ein  unserem  Fahren  entsprechendes Wort  fehlt  im  hiesigen Lexikon.) 
 Ochsen wurden  endlich  erstanden,  und zwar fiel meine Wahl  auf ein  
 Gespann  von  10 Zuluochsen,  reizende, schmucke Thierchen von gedrungenem  
 Bau  mit  feinen,  schlanken  Hörnern;  man  dürfte  selten  eine  Anzahl  
 derselben von  so  einnehmendem Aeussern  finden. 
 Wohl!  Sie  nahmen  auch  mich  ein,  nicht blos  durch  ihr Aussehen,  
 sondern  auch  durch  die Anerkennung, welche  sie bei Anderen  fanden;  ich  
 kaufte  die Ochsen  und bedurfte nun nur noch des Treibers,  um mich reisefertig  
 zu nennen.  Doch  dies Geschäft  erwies  sich  schwieriger,  als  ich ver-  
 muthet hatte.  Die  Aussichten  auf  einen  lustigen Kaffernkrieg waren  so  
 günstig,  dass  die Häuptlinge ihre Unterthanen grösstentheils  zurückgerufen  
 hatten,  und  auch  die unabhängigen Leute  wollten  nicht  gern  den  Schauplatz  
 verlassen,  wo  eine  so  reiche Beute  an Vieh und Gütern  nur  auf die  
 dreiste Hand zu warten  schien,  welche  sie  sich  aneignen  sollte.  Die Saat  
 der europäischen Philanthropistenpolitik fing an zu reifen, indem die Kaffern  
 seit Zurückgabe  des transkeyanischen Gebietes stets unverschämter wurden  
 und  nun mit  den  Fingoe’s  der Colonie gemeinschaftliche Sache  zu machen  
 drohten  zur Vertreibung der Weissen.*) 
 Endlich  fanden  sieh zwei  Individuen,  deren Aussehen wenig meinen  
 Wünschen  entsprach,  doch in Ermangelung Besserer  engagirte  ich  sie,  um  
 nur  erst  fort  zu kommen.  Nach  ewigem Hin- und Herrennen  und Reden  
 war Alles  so weit gediehen,  dass  gegen  den Abend  des  13.  zum Aufbruch  
 geblasen werden  konnte;  das  Commandowort war  gegeben,  aber wo  blieb  
 die Ausführung! 
 *)  D ie   e n e rg is c h e n   M a s sreg e in   d e r   c o lo n ia le n   B e h ö rd e n   b e se itig te n   die  d a m 
 a lig e   G e fa h r  w e n n   a u c h   n ic h t  g a n z   o h n e   B lu tv e rg ie s s e n . 
 A u s rü s tu n g  in  G rah am s-T ow n .  A u fb ru c h  m it d em  O ch senw ag en .  Un g lü ck sfall.  2 3 1 
 Man  denke  sich  den  belebten Hofraum  eines Hotels  erfüllt  mit  den  
 zehn  wilden,  kleinen  „Beestern“,  die,  seit  einem Monat  nicht  im  Joch,  
 offenen Kampf begannen mit  meinem  taprigen Treiber und Voorloöper*),  
 sowie  einem  weissen  Diener,  von  denen  keiner  ihnen  völlig  gewachsen  
 war, weil Einer  an Altersschwäche litt,  der Andere  an zu vielem Gin und  
 der Dritte  an Sachunkenntniss. 
 Bald mischten  sich  in  den  ungleichen Kampf,  gebeten und ungebeten,  
 hülfreicbe Hände  der  verschiedensten Gestalt:  Zufällig  vorbeikommende  
 Soldaten,  Ochsentreiber  und  Müssiggänger.  Auch  weibliches  Publikum  
 aus  dem  Hause  mengte  sich  mit  grösstem  Eifer  in  den  Trubel,  und  die  
 Wirthin  des Hotels hielt mit höchst eigener Hand acht der Ochsen an ihren  
 Riemen,  bis  eine geeignetere Person  sie von  dieser ungewohnten Beschäftigung  
 ablöste. 
 Endlich wurde  der Kampfplatz  auf die Strasse verlegt,  sicherlich nicht  
 zum Naehtheil derer, welche sich an dem Tumult erfreuten. Der querstehende  
 Wagen mit dem  langen Gespann  sperrte  denVerkehr, und  allmälig häuften  
 sich  verschiedene Fuhrwerke mit schimpfenden Kutschern, Reiter  auf Pferden, 
   die  durch  den Lärm  stetig geworden waren,  und  ähnliches  Strassen-  
 publikum  in höchst erbaulicher Weise an.  Krachend brach von Zeit zu Zeit  
 eins  der Jochscheite, und ein bereits  glücklich  eingespanntes  Oechslein  erfreute  
 sich  aufs neue seiner Freiheit,  obgleich  sofort Dutzende von Händen  
 sich thätig zeigten,  es  des  theuer  erkämpften Gutes wieder  zu  berauben. 
 Viele  Hunde  sind  des  Hasen  Tod!  So  brachte  die  etwa  dreifache  
 Zahl von Personen  auch  das widerspänstige Zugvieh zum Naehgeben,  und  
 fort  ging  es  endlich  in  wilden  Sprüngen  aus  der  wieder  sich lichtenden  
 Strasse.  Weit  sollte  aber  die  Reise  nicht  gehen;  denn  wenige  hundert  
 Schritte ausserhalb des Ortes liefen die Ochsen,  von der Peitsche erschreckt,  
 plötzlich  aus  dem  Wege  eine Bank  hinauf,  und  das  Ueberschlagen  des  
 Wagens wurde  n u r   dadurch verhindert, dass glücklicher Weise der Schlossnagel  
 brach  und  dem Vordergestell Spielraum gewährte,  sich aufzurichten.  
 So wurde  denn wieder'ausgespannt und ich ritt zurück,  um  sobald als möglich  
 den  Schaden  ausbessern  zu lassen. 
 Dies  war  schnell  genug  geschehen,  und  schon  am  nächsten  Morgen  
 ging  die Reise weiter;  doch  die Gefahr war darum noch nicht vorüber;  zu  
 wiederholten Malen  entging  das  Fuhrwerk nur  durch reinen Zufall  schwerem  
 Unglück,  da  der ungeschickte Treiber  die noch  nicht ordentlich  eingefahrenen  
 Ochsen  durchaus  nicht  zu  beherrschen  verstand.  Einmal 
 *)  V o o r lo o p e r   i s t  d e r  M an n ,  w e lch e r  d a s   v o rd e rs te   G e sp a n n   O c h s e n   fü h rt.