Unglück mit den Pferden wieder anfing; das beste von meinen Spitzpferden
war plötzlich ohne nachweisbare Ursache lahm geworden, und wir rückten
daher ziemlich langsam durch die eintönige L a n g e K lo o f vor, stets die
kahlen, öden Kuppen zu beiden Seiten, spärlich bebaut und ohne Leben,
mit Ausnahme einiger zerstreuten Viehheerden. Ab und zu zeigte sich ein
Volk Rebhühner am Wege und gewährte einige Unterhaltung während
der Fahrt, bis wir an dem Hause des Farmers N k den letzten Aus*
spann machten. Fast die ganze Nacht beschäftigte mich das Fertigmachen
der Knysnaaufnahmen, doch hatten nur wenige Platten die Strapazen soweit
überstanden, dass sie auch nur brauchbare Bilder lieferten; der von
aussen eingedrungene und der aus dem Plattenkasten losgescheuerte Staub
hatte viel verdorben, und die Empfindlichkeit war in der Länge der Zeit
sehr zurückgegangen. Mit schwerem Herzen stellte ich eine der herrlichen
Waldlandschaften nach der ändern bei Seite und packte den kleinen Rest
ein, mich mit einem traurigen: Sapienti sat! tröstend.
Am anderen Tage war das Pferd schlimmer, aber die Unmöglichkeit,
zu bleiben, veranlasste uns weiter zu fahren, um endlich diesen Theil der
Reise zu beendigen. Mit Sinken der Sonne war der letzte Querriege],
welcher die Lange Kloof von K rom -R iv ie r trennt, überstiegen, und wir
fuhren hinab in das mit Palmiet (Acorus palmita) bewachsene Thal dieses
Flusses, welcher seinen Namen mit der That führt; in mannigfachen
Windungen zieht er sich zwischen den Bergen hin und muss daher 6 Mal
durchfahren werden, berüchtigte Plätze durch die häufigen Unglücksfälle
bei hohem Wasserstande. Doch kamen wir hier glücklich hindurch, während
uns am Morgen dieses Tages die übergrosse Sorgfalt meines Jacob bald
theuer zu stehen gekommen wäre. Wir hatten den Diep-Rivier zu passiren,
und da dem Kutscher die eigentliche Furth zu tief vorkam, fuhr er auf
einen Steindamm hinauf, das eine Rad rutschte ab ins Wasser und versank
alsbald so tief in den Schlamm, dass die vollständig auf der Seite stehende
Cart nur durch das Feststecken des Rades am Umfallen verhindert wurde.
Schnell sprangen wir auf der trockenen Seite heraus, luden sämmtliches
Gepäck ab, und nun gelang es mit Hülfe einiger Boeren, welche gerade
mit ihrem Ochsenwagen vorbeipassirten, den Wagen wieder flott zu machen.
Froh, noch einmal *nit dem blauen Auge davon gekommen zu sein, setzten
wir uns wieder ein, doch meinem Kutscher war der Schreck so in die
Glieder gefahren, dass er noch eine lange Zeit am ganzen Leibe zitterte.
Der arme Bursche hatte allerdings eine dringende Warnung vor diesen
Fürthen erhalten, dadurch, dass ein Bruder von ihm mit sechs Pferden,
welche er hindurchführte, in einem solchen Flusse ertrunken war. Doch,
wie erwähnt, wir kameii glücklich hindurch und erreichten mit einbrechender
Dunkelheit M r’s Farm, wo wir die Nacht zubrachten.
Kaum konnte „poor Charlie“*) am anderen Tage vor Schmerzen laufen,
da die Pferde die Nacht im Freien hatten stehen müssen, doch war kein
Zögern gestattet, wenn wir noch an diesem Tage H um a n sd o rp erreichen
wollten. Abgesehen von der knappen Zeit sehnten wir uns darnach, wieder
einmal ordentlich zu Mittag zu essen, was uns seit den letzten 7 Tagen
nicht passirt war.
Wenn auch spät am Abend erreichten wir doch endlich unser Ziel
und stiegen in einem Gasthause nb, wo ich ein eben nicht übermässig frohes
Neujahr antrat, da mein Pferd stocklahm, meine Cart in den furchtbaren
Wegen mehrfach zerbrochen und mein Kutscher durch ein altes Leiden
am Arm, das wieder aufbrach, krank war.
Wohl oder übel musste ich den Neujahrstag hier liegen bleiben und
tröstete mich durch Schreiben und Spazierengehen in der öden Umgebung,
wo nur eine enge Ravine einige Bewachsung und reicheres thierisches Leben
zeigte. Auf dem murmelnden Bach in der Schlucht zogen zahlreiche Gyrinen
ihre blitzenden Kreise und verschiedene Hydrometren tanzten auf der
Wasserfläche. In den Büschen, an den Ufern hausten Arachniden von
abenteuerlicher Gestalt, und ich bemerkte zum ersten Male die grossen
Nester, welche die Spinnen hier zu Lande machen; ich fand ein solches
von der Grösse zweier Fäuste dicht gewebt aus den Ueberresten des Raubes
und Blättern, welches mit starken Fäden zwischen den Aesten aufgehängt
war. Die nähere Untersuchung zeigte es angefüllt mit zahlreichen Spinnen
von so wesentlich verschiedenem Ansehen, dass es den Anschein erweckte,
als lebten hier verschiedene Speeies gesellig miteinander. Häufig findet
man eine grosse Vogelspinne (Mygale), auf Beute lauernd hinter den Blättern
versteckt, die hurtig durch das Zweiggewirr springt, wenn ein Angreifer naht
Nachdem am 2. die Gart ausgebessert war, traten wir unsere Reise
wieder an und kamen nun noch einmal durch anziehendere Gegenden,»bevor
wir in die wüstenartige Umgebung von Port Elisabeth herabstiegen.
Schon der erste Ausspann, Kabelyau’s Rivier, erschien interessant
durch das mächtige Auftreten der baumartigen Euphorbiaceen, welche in
ausgedehnten Gruppen sich an den Ufern des Flusses entlang ziehen.
Dichte Teppiche von Mesembryanthemum (M. edule) bedecken den Boden
an freieren Stellen, am Ufer selbst den Papyrusstauden**) Platz machend.
*) So hiess das lahme Pferd.
) Es ist dies eine niedrige, der nordafrikanischen unähnliche Art. Der
wissenschaftliche Name konnte nicht festgestellt werden.