die Theorie der artesischen Brunnen auseinander setzte, äusserte er ein
lebhaftes Interesse, und ich musste ihm versprechen, die Umgebung mit
ihm abzugehen, um die Möglichkeit, mehr Wasser zu finden, an Ort und
Stelle zu verhandeln.
Für Waterboer unterlag die Veränderung des lokalen Klimas keinem
Zweifel, indem er sich aus der Zeit, wo er Knabe war (vor 30 Jahren)
erinnerte, öfters im Winter Schnee (afrikanisch: Kapok) auf den Feldern
gesehen zu haben, eine Naturerscheinung, die seitdem unerhört ist im
Griqualande. Auch behauptete er in Uebereinstimmung mit anderen
älteren Leuten des Ortes, dass früher stets einige vereinzelte Regen im
Winter gefallen wären, welche neuerdings zu den grössten Seltenheiten gehören
.D
as Aufhören des Schneefalles, sowie das Ausbleiben der einzelnen
Regen ausserhalb der nassen Jahreszeit muss notwendiger Weise eine
ungünstige Wirkung auf die Quellen des Landes .ausüben, da in der kurzen
Regenzeit allein der Boden nicht genug Wasser aufzunehmen vermag, um
dieselben hinlänglich zu versorgen.' Obgleich das Jahr 1864 ein ungewöhnlich
nasses gewesen war, lieferte die neu gegrabene Quelle, welche
aus wasserhaltigem Kies und Sand unter den der Oberfläche nahen Kalkschichten
hervorbrach, nur einen spärlichen Vorrath von Wasser, so dass
die Sorgen der Einwohner wegen eines möglichen gänzlichen Versiegens
gerechtfertigt erschienen.
Unfern des Ortes, wo sich der Boden senkt und die Kalkschichten
mit den dagegen andrängenden Eisensteinlagern eine muldenförmige Vertiefung
bilden, fand sich früher ein natürlicher Sprudel, welcher durch
mehrere Röhren mit Massen weissen Sandes hervorkochte; doch jetzt waren
die Mündungen verstopft, und die Quelle hatte nur noch das Aussehen
einer schmutzigen Lache, wenn aqch die Beständigkeit des Wasserstandes
einen noch fortdauernden Zufluss erkennen liess.
Die Lager von Eisensteinen sind völlig unfähig, Wasser aufzunehmen,
und durch diesen Umstand eine sehr unbeliebte Felsart (Ysterklip); von
Ansehen sind sie aber sehr zierlich, indem verschieden gefärbte Lagen von
Brauneisenstein und Chromeisen darin abwechseln mit, seidenglänzenden
Adern von Kieseleisen und schimmernden Saalbändern von Bleiglanz.
Die Kalkschichten sind reich an Knochen und gehen stellenweise in
eine wahre Knochenbreccie über; doch sind sie sehr zersplittert und dadurch
unkenntlich geworden.
Meinen Aufenthalt in Griqua-Stad suchte ich zur Aufnahme des Portraits
Waterboers zu benutzen, stiess aber dabei auf entschiedenen Widerspruch
von Seiten des Häuptlings, unter dem Vorwand, er wolle mit sehenden
Augen nach England kommen, nicht so als todtesBild. In Wahrheit
hatte der auch in Europa verbreitete Aberglaube, dass eine Person bald
stürbe, die ihr Portrait aufnehmen liesse, viel Einfluss dabei, sowie ein unbestimmter
aber entschiedener Argwohn Waterboer’s gegen jeden Europäer.
Der Halbcivilisirte fühlte zu gut, wie sehr die Europäer den Farbigen überlegen
wären, um sie nicht zu fürchten und argwöhnisch zu sein gegen
Alles, was mit ihnen zusammenhing.
Es entging mir durch die Weigerung zu sitzen eine Curiosität, deren
Werth allerdings nur darin liegen würde, dass er Häuptling ist, insofern
sein Portrait in anderer Beziehung kaum Interesse darbietet. Die gewöhnliche,
mittelgrosse Figur zieht die Aufmerksamkeit ebenso wenig auf
sich, als das hagere, markirte Gesicht mit den stechenden, misstrauischen
Augen, welche nicht verkennen lassen, dass einmal ein Buschmann durch
die Familie gelaufen ist, wenn auch der Hauptcharakter der eines Hottentottenbastards
ist. Es sind dies die Züge jener in Afrika so häufigen
Mischlinge, deren Erscheinung ebenso mannigfaltig ist, als die Art und
der Grad ihrer Vermischung. Jedes Individuum hat seinen eigenen Typus,
und es ist daher werthlos, Portraits von ihnen aufzunehmen, wenn man
nicht Alle abzubilden gedenkt; man müsste denn stets den genauen
Stammbaum und die Portraits der Vorfahren aufzustellen vermögen, um
die allmälige Bastardirung nachweisen zu können.
Das bunte Gemisch der Unterthanen Waterboer’s verdient sicherlich
nicht den Namen „Griqua“, welche Bezeichnung ihnen auch nur der Bequemlichkeit
wegen beigelegt wird. Wer die Nation angeben will, nennt den
einen „Griqua“. den anderen „Mochuana“ , einen dritten „Korana , einen
vierten „Bastaard“ ; alle zusammen werden aber zur Andeutung ihres
Wohnplatzes, sowie des Häuptlings „G r iq u a la n d e r genannt, wobei
man die Nation ganz unberücksichtigt lässt.
Unter der grossen Mannigfaltigkeit von Persönlichkeiten finden sich
zuweilen die kräftigsten, muskulösesten Gestalten, welche man sehen kann,
so dass sich der günstige Einfluss der Vermischung mit weissem Blut bei
ihnen nicht verkennen lässt. Die meisten dieser Bastarde übeiragen im
Durchschnitt die eingeborenen reinen Racen durch körperliche wie geistige
Eigenschaften, in Tugenden wie in Lastern. Während sie die thätigsten
und ausdauerndsten Wüstenwanderer, die besten Schützen und verschlagensten
Händler abgeben, sind sie zugleich die grössten Spitzbuben, ärgsten
Säufer und unter Umständen die gefährlichsten Verbrecher dieses
Landes. Die Bewohner des Griqualandes waren es, welche lange vor den
Dr. 0. Fritsch, Drei Jahre in Süd-Afrika. *■*