Von allen Seiten angegriffen fielen die Widerstandslosen in die
Hände der Henker, ohne Gnade wurden Männer, Weiber und Kinder
niedergesehossen und bedeckten mit ihren Leibern den Boden, der ihnen
von Rechtswegen gehörte. Wenige, die als verlassene Waisen im Felde
gefunden, oder die durch irgend einen Zufall den Mördern entgangen
waren und durch mitleidige Seelen aufgezogen wurden, pflanzten das
Geschlecht fort in einzelnen Individuen, welche jetzt noch liier und da als
Merkwürdigkeit zwischen der anderen Bevölkerung existiren. Ein kleiner
Theil, bestehend aus einigen hundert Seelen, hat sich weiter westlich
nach den spärlich bevölkerten Gegenden von Namaqualand gezogen und
fristet dort ein kümmerliches Dasein, vielfach angefochten und zuweilen,
von Verzweiflung getrieben, Gleiches mit Gleichem vergeltend.*)
An die Zeit des Vernichtungskrieges erinnert auch der Name des
Ortes Windvogelberg, welcher von einem Häuptling der Buschmänner,
W in d v o g e l, herrühren soll, der, eingefangen von den Boeren, beim
Lagern in dieser Gegend sein Entkommen in die Klüfte des Berges
möglich machte.
Gekennzeichnet wird der Buschmann, abgesehen von seiner kleinen
Figur, durch den unförmlichen Kopf, welcher auf dem Scheitel deprimirt
und stark nach hinten verlängert erscheint; die Backenknochen sind
weniger hervortretend wie beim Hottentotten, indem sich der Kopf in der
Schläfengegend verbreitert und der Unterkieferwinkel stärker hervortritt;
die Nase ist flach, der untere Theil des Gesichtes sehr stark hervorgezogen
(prognathisch). Die grossen unförmlichen Ohren, sowie die kleinen,
unstäten, tief in den Höhlen liegenden Augen tragen nicht dazu bei, die
Schönheit dieser Leutchen zu erhöhen, und geben ihrem Gesicht den
affenartigen Ausdruck.
Eine eigenthümliche Charaktereigenschaft derselben ist die ungewöhnliche
Gabe der Nachahmung, welche sie besitzen und die nicht zu
verwechseln ist mit der Nachahmungssucht des Affen, da sieh dabei eine
verständige Auffassung und lebhafte Phantasie, also rein menschliche
Eigenschaften, bemerkbar machen. Nicht allein, dass sie mit ihrer
biegsamen Stimme die Laute der Vögel täuschend wiederzngeben im
Stande sind, dass sie die Bewegungen von bestimmten Personen, oder von
gewissen Thieren auf das treffendste copiren, sondern sie haben sich viel
*) Gegenüber den unter dem Titel „Cape Records“ veröffentlichten offiziellen
Berichten ist es unmöglich, den systematischen Vertilgungskrieg zu leugnen, wie
es selbst Lichtenstein gethan hat.
Key-Poort. Buschmann-Sehildereicn. gg
mit der edlen Malerkunst beschäftigt. Ihre Felsgrotten und Höhlen sind
bedeckt mit den geschickt ausgeführten Skizzen von Menschen und
Thieren, welche richtiger aufgefasst und correcter gezeichnet sind als
manche altägyptische und indische Malereien.
Ich hatte von dem Vorhandensein solcher Figuren in der Nähe des
Windvogelberges gehört und liess mich die Mühe nicht verdriessen nach
denselben zu suchen, wenn auch der Ort ausser meinem Wege lag.
K e y -P o o r t ist der Name desselben, womit die Stelle bezeichnet wird,
an welcher der Key durch die Gebirgszüge bricht, um seinen Lauf zum
Meere zu nehmen. Senkrechte Felswände, welche hier den Fluss
einschliessen, zeigen zahlreiche Felsgrotten, die, wenn auch unzugänglich
oder schwer- zugänglich für den Europäer, doch einen bequemen Schlupfwinkel
für den Höhlen bewohnenden Buschmann abgaben. Ich fand,
nachdem ich einige Erkundigungen über die Lage eingezogen hatte, leicht
den nächsten Boerplatz und forschte bei dem würdigen Baas nach dem
Vorhandensein der Buschmann- „ Sehilderijen “; doch obgleich dieser den
Ort wohl kannte und seit seiner Jugend passirte, hatte er nie etwas davon
bemerkt. Schon einigermassen an die- Dickfelligkeit solcher Herren
gewöhnt, störte mich dies weiter nicht, und es wurde denn auch richtig
durch einen intelligenten Kaffern festgestellt, - dass allerdings derartige
Figur-en vorhanden seien. Er diente mir auch bereitwilligst als Führer
nach dem nicht mehr weit entfernten Key-Poort, welcher sich nach
Uebersteigung eines Hügels vor mir öffnete. Der vom anhaltenden Regen
angeschwollene Key rollte seine schlammigen Fluthen durch einen engen
Pass, und steil erhob sich am rechten Ufer die Felswand, nur einen
schmalen Steg freilassend, welchen wir noch nicht weit gegangen waren,
als der Führer Halt machte. Seinem ausgestreckten Finger mit den Augen
folgend gewahrte ich in bedeutender Höhe über dem Wasser zwei Figuren
an einem überhängenden Felsen,'und obgleich der Ort anfänglich unzugänglich
erschien, gelang es mir doch mit Hülfe meiner Kaffern hinauf
zu kommen, so dass ich die Kunstwerke in grösster Nähe in Augenschein
nehmen konnte. Sm stellten zwei Thiere dar, einen Ochsen und ein Eland
(B. Oreas), 56,5 Centim und 28 Centim lang, von denen ersterer mit rother
Ockerfarbe auf den hellen Sandstein gemalt war, während letzteres auf
einem dunkel gefärbten Sandstein ausgekratzt wurde; beide Thiere waren
in den grossen Verhältnissen correct gezeichnet und deutlich erkennbar,
da die Unzugänglichkeit des Ortes wohl die Verderber fern gehalten hatte.
Weitei hinein in dem Pass erreichte ich einen zweiten Ort nahe dem
Erdboden, welcher mit zahlreichen Figuren bedeckt war; doch hatten