einer Armee. Millionen und abermals Millionen wälzten sich heran, v.on
dem lebhaften Winde getrieben, und schnell waren sie über uns, Luft und
Erde mit ihren Leibern erfüllend. Das Rauschen der unzähligen 1 ltigel,
das Knirschen der Kiefer derer, die am Boden das Gras abnagten, machte
ein höchst eigenthümliches Geräusch, etwa wie ein gewaltiger Hagelschauer.
Das Ganze blieb dabei in fortwährender Bewegung, beständig
sah man sich Schaaren derselben erheben, während andere herabkamen
und das von den Vorgängern etwa übrig gelassene Gras vollständig vertilgten
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ie kolossale Massenhaftigkeit dieser Insekten in dem laufenden
Jahre liess sich nur erklären durch den Umstand, dass sie eine ganze
Reihe von Jahren gar nicht oder nur sparsam erschienen waren, zurückgehalten
durch die Trockenheit. Nun, wo plötzliche reichliche Regen den
Boden in grösserer Tiefe aufweichten, gelangten die während derZeit aufgespeicherten
Eier mit einem Male zur Entwickelung. Dieselben können
nämlich lange ohne zu verderben i m B o d e n liegen, bis günstige Verhältnisse
ihr Auskommen befördern.
Häufig ziehen dieHeuschrecken vor dem Regen her, und so geschah
es auch hier; denn kaum waren wir eine Stunde weiter gefahren, als der
Regen in Strömen niederfiel. Nachdem der Ausbruch einmal erfolgt wai,
thürmten sich die Gewitter auf allen Seiten auf, fast jeder Blitz traf den
Boden, da die Wolken niedrig über den Hochebenen stehen, und schlug
krachend in die Erde oder spaltete die Felsen der kahlen Höhen.
Wir passirten den Modder-Rivier gerade noch zu rechter Zeit, bevor
das Wasser stieg und setzten unsere Fahrt fort, als es leider schon ziemlich
spät am Nachmittag war. Ich sage leider, denn wir gelangten bald
jenseits des Flusses in Jagdgründe von einem Reichthum an Wild, wie
ich es bisher wohl in Büchern gelesen, aber nie geglaubt hatte. Nur wer
selbst Jäger ist, kann begreifen, welches Vergnügen es bereitet, wenn
man solche ausgedehnte Flächen vollständig schwärmen sieht von jagdbaren
Thieren der verschiedensten Art. Grosse Heerden von Wilde-Beesten
(Catoblepas Gnu H. Smith) zogen auf beiden Seiten des Weges hin und
jagten sich in lustigen Sprüngen durch die Flur; hier und da trennte sich
ein ehrwürdiger, alter Bulle von der Heerde und näherte sich bis auf etwa
vierhundert Schritt der Oart, dieselbe mit eigenthiimlicliem Schnurren be-
grüssend. Ward dann eine Kugel nach ihm gesandt, so sprang e r , den
Kopf zur Erde, den Schwanz hoch in die Luft haltend, ärgerlich im
Kreise herum und schnarchte uns, plötzlich stehen bleibend, aufs neue an.
Vergeblich versuchte ich es, aus meiner deutschen Büchsflinte eine
Kugel so weit zu treiben; auch wenn ich sehr hoch darüber hielt, schlug
sie doch immer kurz, da die Flugbahn des Geschosses in dieser Entfernung
schon zu steil abfällt.
Ausser den Gnus belebten Schaaren von Blessböcken und Springböcken
die Gegend, soweit das Auge reichen honnte, bis sie am Horizonte
nur noch als hellere, bunte Streifen in der Grassteppe erschienen. Zuweilen
tauchte dazwischen die sonderbare Gestalt der Strausse auf, wie sie, in
Reihen marschirend, unter balancirendem Flügelschlage schnellen Laufes
über die Ebene dahinzogen.
Gegen Abend, als wir uns einer mit Mimosen bewachsenen Ravine
näherten, erfreute uns ein zahlreicher Trupp Paviane mit seiner hohen
Gegenwart und verschwand unter possirlichen Sprüngen zwischen dem Gebüsch.
Auf diesem thronte in beschaulicher Ruhe unfern des Weges ein
mächtiger zu den Adlern gehöriger Raubvogel, Lammerfanger genannt
(Aquila naevioides Cuv.), und gerade als er, Unrath witternd, sich empfehlen
wollte, holte ich ihn vom Baume herunter; die Flügelweite war
5' 9".
Eine Gattung Wild, das gewöhnliche und das „bonte Quagga“ (Equus
Quagga Harris n. E. Burchellii Bennet), welches sonst diese Gegenden
auch zahlreich besucht, ¡erblickten wir damals zufällig nicht; abgesehen
von diesem hatten wir aber in der kurzen Zeit von zwei Stunden die hauptsächlich
vorkommenden Arten alle beobachtet. Als die Nacht völlig hereingebrochen
war, bemerkten wir noch öfters, wenn der Mond auf Augenblicke
zwischen den Gewitterwolken hervorbrach, oder ein besonders heller
Blitz die Gegend erleuchtete, die Springböcke ganz nahe am Wege, doch
war jetzt natürlich an kein Seliiessen mehr zu denken. Um 9 Uhr Abends
machten wir noch einmal Ausspann bei immer noch strömendem Regen
und scharfem, schneidend kaltem Winde, und legten dann die letzte Strecke
bis Boshof zurück, wo wir um 12 Uhr Nachts anlangten.
Am 24. machte ich mich auf in Begleitung eines Herrn, der den Ort
genau kannte, um selbst nachzusehen, was etwa noch von Skeletten vorhanden
sei, und gelangte nach kurzer Fahrt auf den Mordplatz. Zahlreiche
von den Geiern zerstreute Mensehenknochen zeigten, dass wir richtig
waren, zuweilen fand sich auch eine ganze Wirbelsäule oder ein Becken,
doch von den Schädeln konnte ich nur Bruchstücke entdecken. Ich sammelte
zwei Becken und drei Unterkiefer auf, in Ermangelung besserer
Beute und kehrte dann nach Boshof zurück, woselbst ich wenigstens einen
der Schädel, welcher früher aufgesammelt war, käuflich an mich brachte;
3 andere erhielt ich später durch die Güte verschiedener Herren.
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