Mich stimmten diese kahlen Höhenzüge ohne thierisches Leben,
welche mich während dieser Tage stets auf allen Seiten umgaben und die
Aussicht hinderten, sehr langweilig. Allmälig gestaltete sich indessen der
Anblick besser durch das Zunehmen der Kameeidornbäume an Zahl und
Ueppigkeit, so dass sie zuweilen eiüe'Höhe von40' und darüber erreichten.
Sie waren in dieser Zeit noch kahl, die Blätter begannen erst sich zu entfalten
und die Regenschirme — dies ist die Form, in der sie wachsen,
entbehrten also noch ihres Ueberzuges. Der Name des Baumes rührt daher,
dass er eine Hauptnahrung der Giraffen ausmacht, welche von den
Boeren, die keine grossen Zoologen sind, Kameele genannt werden. Leute,
welche die Wissenschaftlichkeit dieser Herren in Schutz nehmen, behaupten
wohl, dass dies eine Abkürzung für den lateinischen Namen
Camelopardalis sei, aber es sind doch zuvieleFällevon ähnlichen falschen
Benennungen vorhanden, wo keine solche pläusibele Entschuldigung zu
finden ist, als dass man dieser Ausrede viel Glauben schenken könnte.
So nennen die Boeren, um einige Beispiele anzuführen, den Leopard
„Tiger“, die Hyäne „Wolf“, die Gnus „wilde Beester“ (wildes Vieh), die
Pelea Capreola „Reebok“ , den Oryx capensis „Gemsbok“ , die grosse
Trappe „Paauw“ etc., gewiss sehr verzeihliche Irrthümer, da im inneren
Süd-Afrika noch keine Lehrstühle für Zoologie errichtet sind.
Die schönsten Kameeidornbäume sah ich am Bushmans-River,
welchen ich am 18. passirte, nachdem ich am 16. über den T u g e la gegangen
war. Die Mimosen waren an diesen Orten überall fast völlig grün,
einige sogar schon in Blüthe, ein Zeichen,, wie sehr die Jahreszeit hier
schon voraus ist im Vergleich mit dem Cap und Kaffraria. Hinter Bush-
mans-River kam ich wieder in eine völlig kahle Hügelkette, die sich steil
vom Flusse aus erhebt und so in wechselnder Höhe zwischen dem eben
erwähnten Fluss und Mooi-Rivier hinzieht. Ab und zu zeigten sich Eingeborene
am Wagen, bald in ihrer einfachen Toilette, bald in Staatstracht,
in welcher letzteren mir besonders ein Paar auffiel, welches unter Scherz
und Gelächter Hand in Hand den Weg entlang kam, ein für mich neuer
Anblick in Afrika, wo die Frauen in der Regel nur die Stelle von Sclaven
einnehmen.
Die Frau hatte sich in eine Art Rock von dunklem Kattun gekleidet,
Hals und Arme zeigten sich mit Glaskorallen geschmückt, welche auch in
reichlicher Menge in die Haare eingeflochten waren; der Mann konnte unter
dem grossen Federbusch, den er auf dem Kopfe trug, kaum hervorsehen
und machte einen sehr drolligen Eindruck in seinem bunten Aufzug. Hier
kommt zu den gewöhnlichen Zierrathen noch eine besondere, die bei den
Ep isch e T h ie r-B en o n iiu rig e n . U e p p ig k e it d. K a n ie e ld o rn s. L ie b h a b e re i f. T a b a c k . 193
Stämmen des Cap nicht in Gebrauch is t, das sind bunt geschnitzte und
verzierte .Rohrstengel, grosse Ringe, weisse Knöpfe etc., welche durch
das Ohrläppchen gesteckt werden; ich sah Stengel von Länge bei
etwa 3U“ Dicke, welche den Ueberrest des Ohrläppchens bedeutend ausgedehnt
hatten. Häufig sind diese Zierrathen zu Behältern des Schnupf-
tabacks umgearbeitet, und es .wird so in sinnreicher Weise das Nützliche
mit dem Angenehmen vereinigt. ' ,
Bei,den Hottentotten und Buschmännern hätte eine solche Tracht
ihre ganz besonderen Schwierigkeiten, da dieseNationen ein sehr schwach
entwickeltes Ohrläppchen haben, welches in vielen Fällen vollständig zu
fehlen scheint. ;
Wenn einer der stämmigen Zulu’s mit dem finsteren, drohenden Gesicht
herankommt und sich würdevoll an der Seite des Weges in Positur
stellt, so meint der Unkundige, der Sohn der Wildniss betrachte den ver-
sch wachten Abkömmling Europas mit Stolz und Geringschätzung, indem
er im Stillen seine Kraft mit der des Fremdlings vergleiche und über die
Leichtigkeit eines unter gleichen Bedingungen über ihn zu erringenden
Sieges nachdenke; aber wer die schwärzen'Herren genauer kennt, weiss,
dass ihre Gedanken gewöhnlich eine ganz andere Richtung nehmen. Der
taxirende Blick gilt nicht der Stärke des Reisenden, sondern vielmehr
dem Grade der Gutmüthigkeit, welchen derselbe etwa besitzt, um bei
günstig ausfallender Beobachtung alsbald die Bitte um Taback anzu-
schliessen; denn Taback ist für den Kaffergentleman ein unumgänglich
nothwendiger Artikel, Ohne diesen Stoff in seiner kleinen Seitentasche
z u haben, d arf er sich gar nicht in anständiger Gesellschaft von seines
Gleichen sehen lassen, und wenn er sich auch schämt, um etwas Anderes
anzufragen, so verschmäht er doch nicht, um ein wenig Taback zu bitten.
Begegnen sich zwei Kaffern,-so ist die erste Begrüssung ein würdevolles:
„Sa ke’bona!“ das heisst: Ich sah dich! gewiss der stolzeste Gruss, den
man sich denken kann, darauf folgt aber sogleich die' Bitte: „Shi hile
u’guay!“ zu Deutsch: Gieb mir deinen Schnupftaback! er wartet also
nicht bis der Andere sagt: Ist Ihnen nicht ein Frischen gefällig? sondern
bittet sieh dasselbe bald selbst aus und würde sehr gering von seinem Bekannten
denken, wenn dieser keinen Taback bei sich führte.
Hat der Eingeborene etwas Taback erhalten, so weiss er von dem
köstlichen Kraute auf sehr sinnreiche Weise sich den möglichst grossen
Genuss zu verschaffen. Der Taback wird auf einem flächen Steine mittelst
eines anderen walzenförmigen zerrieben, während Asche und die fiiBchen
Triebe eines gewissen Krautes von scharfen Eigenschaften, ähnlich un-
Dr. G. ■Fritsch, Drei Jahre in Süd-Afrika.