gewann ich das Abbild der theueren Person, welche gleichgültig vor sieh
hinstarrend dranssen im Regen auf dem Stuhle hockte. Seine hohe
Meinung sprach er übrigens unumwunden dahin aus, dass die Deutschen
Schelme wären, da sie solche wunderbare Sachen zu machen
verständen.
Darauf nahm ich noch das Portrait seines ersten Rathgebers auf,
welcher das Abzeichen seiner Geheimrathswürde in Gestalt eines dicken
Elfenbeinringes am Arme trug, und zeigte darauf feierlichst die Bilder der
versammelten Menge. Nie werde ich das homerische Gelächter vergessen,
womit die Herren Kaffern das grinsende Gesicht ihres hochgestellten
Landsmannes, des Geheimraths, auf der Platte begriissten, sowie den
Bewunderung anzeigenden Schlag auf die Schulter, womit mich Ihre
Majestät, Sandili, beehrten: ihr freudiges Erstaunen war zu ergötzlich für
mich, der ich schon so oft mit der Furcht und dem Aberglauben der
Eingeborenen in Betreff der Photographie zu kämpfen gehabt hatte.
Sandili ist von der Regierung noch jetzt gefürchtet, welche ihn
dadurch unschädlich zu machen sucht, dass sie ihm einen täglichen Gehalt
von 10 S. bezahlt, um ihm auf diese Weise die Möglichkeit zu gewähren,
sich durch Brandwein zu ruiniren. Er ist dafür gewissermassen als
Polizeihauptmann über die nächsten Districte angestellt, welche er durch
seine Autorität in Ruhe und Ordnung zu halten hat, sodass das alte:
Divide et impera der Römer auch hier seine Anwendung findet; Uniform
wie ehrenvoller Empfang bei feierlichen Gelegenheiten giebt dem Ganzen
den nöthigen Anstrich und verfehlt seine Wirkung auf das einfache Gemüth
des Wilden nicht.
Doch auf die Constitution eines Kaffem verliert der Alkohol seinen
Effekt oder übt ihn wenigstens, nach den Beobachtungen zu schliessen,
welche ich darüber zu machen Gelegenheit hatte, nur sehr langsam aus.
Nie hätte ich geglaubt, dass der menschliche Organismus solche Quantitäten
von Spirituosen zu bewältigen vermöchte, wie hier von diesen Herren vertilgt
wurden; sie tranken den stärksten Brandy wie leichtes Bier aus Wassergläsern,
zuweilen bis zu drei Flaschen an einem Tage, ohne wesentlich
davon gestört zu werden, während der schädliche Einfluss des unmässigen
Alkoholgenusses sich so deutlich an dem schwachen Geschlechte der
Hottentotten herausstellt.
zwar wenig meinen Wünschen entsprechend, aber in Ermangelung von
besseren verewigte ich ihre lieblichen Züge.
Am andern Morgen packte ich meine Errungenschaften säuberlich
ein und setzte mich zu Pferde, um der vorausgegangenen Cart nachzueilen;
zu meinem grossen Jammer zeigte sich bei der Ankunft, als ich die Negative
auspackte, dass das vom ewigen Regen mürbe gewordene Papier nachgegeben
hatte, und, indem die Platten nun gegen einander kamen, sehr
schädliche Reibungen zwischen den wilden Burschen stattgefunden hatten.
Die Wunden wurden zwar wieder einigermassen kurirt, aber die Schönheit
war dahin. „Legt’s zu dem Uebrigen“ , sagte ich mir mit möglichster
Seelenruhe, nun schon etwas an diese Schieksalschläge gewöhnt, und tröstete
mich mit der Hoffnung, bei nächster Gelegenheit glücklicher zu sein.
Ich riehtete mich wieder in meiner Cart ein und fuhr auf Windvogelberg
zu durch die wieder fast ganz kahle Grasebene, welche der Weg in
behaglicher Breite durchschneidet; bald trennen sich die verschiedenen
Wege, bald laufen sie wieder zusammen, je nachdem es der Reisende
rathsam gefunden hat, so oder so zu fahren, und das Gras scheint es
ordentlich gern als Entschuldigung aufzufassen, um nur nicht wachsen zu
brauchen, so rein und sauber sehen diese Wege aus, welche theilweise
gewiss für Jahre hindurch nicht benutzt werden. Man fahrt in solchem
Terrain immer nach der frischen Spur, indem man annimmt, dass, wo ein
Wagen durchgekommen ist, wohl auch ein zweiter durchkommen wird,
und verlässt den scheinbar ausgezeichneten Weg, sobald sich die Spur in s
Feld wendet, unter der sichern Voraussetzung, dass er in der Gegend durch
tiefe Löcher, Felsgeröll etc. unpassirbar geworden ist.
Allmälig verändert sich hier die Scenerie, und statt der sanft verlaufenden
Rücken treten wieder Kuppen und Tafelberge auf, deren Gestaltung
durch die Formen des Table-Mountain, Devil’s Pie und Lions-Head,
dieses Prototypes eines grossen Theiles der südafrikanischen Gebirge,
häufig lebhaft an das Cap erinnert. Die kahle Grassteppe wird hier und
da unterbrochen durch die Stämme von Cycadeen (Encephalartos caffra),
welche die Höhen gruppenweise bekleiden. Es war dies das erste Mal,
dass ich diese sonderbare Pflanzenform im Freien antraf; die schuppigen
Stämme sind bei einer Höhe von 4 — 8 ; gegen einen Fuss dick und die
Wedel dicht gedrängt, von massiger Länge.
Ein anderes charakteristisches Merkmal afrikanischer Steppen trat
nun ebenfalls mehr und mehr in den Vordergrund, nämlich die Ameisenhügel,
deren Dome sich weit und breit aus dem Grase erhoben bei sehr
wechselnder Grösse, doch gewöhnlich 2—3 ' hoch. Je nach der Ver