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 da nicht  einmal  die  richtige  Zeit dafür war,  und  grössere Müsse  dazu  gehört, 
   als uns  zu Gebote  stand. 
 Die Bahn  führt  zuerst  durch  die Cape F ia ts   und  dann  längs  den  
 Bergen hin  durch  theilweise  angebautes Land  nach  dem  Innern  zu.  Die  
 Form  der Berge, welche  eine Höhe von mehreren Tausend  Fpss*)  haben,  
 ist  eine  sehr  wilde  und  schroffe,  obgleich  ein  grösser  Theil  derselben  
 nur  von  Sandsteinschichten  gebildet  ist;  dieselben  sind  hier  zum Theil  
 stark geneigt,  so dass  die Köpfe steil  aufragen und,  vom Wetter mehr  oder  
 weniger  ausgewaschen,  bizarre Formen  annehmen,  indem  festere,  stark  
 quarzhaltige  Theile  dem  zerstörenden  Einfluss  besser  widerstehen,  als  
 andere  fhonige. 
 An manchen Stellen  steigt  der Granit  unbedeckt von  den Sandsteinen  
 in  die  Höhe  und  formt  seine  eigenthiimlichen  Kuppen,  während  der  
 Schiefer meist  die Vorberge  bildet  und  daher  vielfach  an  den  Seiten  der  
 Strasse  auftritt.  , 
 Die  Höhen  erschienen  noch  bedeutender  dadurch,  dass  sie  vom  
 letzten Hagelwetter  her  grossentheils weiss  eingehüllt  waren  und  prächtig  
 in  der wieder  klar  herabscheinenden  Sonne  glänzten.  Als  reizender  
 Contrast  mit  dieser  wilden,  gewaltigen  Scenerie  erschienen  die weissen  
 reinlichen  Häuser  der  Paarl  inmitten  der  üppig  grünenden  Eichbäume,  
 umgeben  von  Obst-  und  Weingärten.  Dieses  Bild,  welches  sich  uns  
 besonders  schön  zeigte,  als  wir  einen  Theil  der  Anhöhen  über  der  
 Paarl  hinanstiegen,  war mir  durchaus  unerwartet  in  einem  Lande,  mit  
 dem  man  zunächst  immer  den Begriff von  Steppen  und  Sandhügeln  verbindet, 
   und  es machte  daher  einen um  so grösseren Eindruck  auf mich. 
 Die P a a r l,  welche  ihren Namen  von  den  grossen Granitblöcken  hat,  
 die  den  benachbarten Berg krönen  und,  vom Wasser  benetzt, weithin  im  
 Sonnenstrahl  glänzen,  ist  eins  der grössten Dörfer  in  der  Colonie und war  
 auch  eins  der  reichsten  durch  seinen herrlichen Weinbau.  Die  ganzen Erfolge  
 menschlichen  Fleisses,  so  glänzend  sie  sich unseren  Blicken  darstellten, 
   waren  in  ihrem Bestehen  bedroht  durch  die  verheerenden Wirkungen  
 der Traubenkrankheit,  welche  die  letzten Aerndten  fast  gänzlich  
 verdarb  und  so  die Bauern  grossentheils  ruinirte. 
 Glücklicherweise nimmt man  es  in  der  Colonie nicht  so  genau  damit  
 wie  anderwärts, und  ein Mann,  der notorisch  insolvent ist,  lebt ungestört  
 in  dem  alten  Styl  weiter,  bis  eine  bessere Aerndte  ihm  vielleicht  wieder 
 *)  Der  höchste  Punkt,  Simons  Berg,  durch Mar.  Lear  gemessen,  6800'(?) 
 Die  Paarl.  Die  Boeren. 15 
 aufhilft.  Es  finden  sich  überall  in  den Dörfern Banken, welche  einen Verkehr  
 durch Wechsel  ermöglichen,  der  bei  der Gutmüthigkeit  und  gleichzeitigen  
 Lässigkeit der Bauern  nicht wenig  dazu beigetragen  hat,  die Leute  
 um  ihr Vermögen  zu  bringen. 
 Wir  lernten  weiterhin  auf  unserer  Tour  mehrfach  Leute  kennen,  
 welche  nur  dadurch,  dass  sie Wechsel  für  gute Freunde  acceptirten,  ihr  
 ganzes, nicht unbedeutendes Vermögen verloren  hatten.  Sprach man  von  
 dem  schönen Besitzthum,  welches  sie zur Zeit noch  inne hatten,  hiess  es  
 nur:  „that  is  in  the market“ ,  oder  „that  is to  be  sold  ,*)  aber  man  sah  
 keine  ernstlichen  Anstalten,  um  damit  vorzugehen;  die  Lässigkeit  und  
 Indolenz  ist  zu  gross,  um  ein  energisches Handeln  nach  der  einen  oder 
 ändern Seite  zuzulassen. 
 Man muss  diese B o eren   (so werden  die  afrikanischen Abkömmlinge  
 der Colonisten  genannt)  an Ort  und  Stelle  in  ihrem Leben  und Treiben  
 kennen  gelernt  haben,  um  sich  eine  Vorstellung  von  den  Zuständen  
 machen  zu  können.  Der  Gesichtskreis  der  guten  Leute  ist  ein 
 ungemein beschränkter; wenn  auch Vieles  übertrieben  ist,  was  von  ihnen  
 berichtet wird,  so  ist  doch  das hinlänglich Verbürgte  schon  ausreichend,  
 um  über  ihre  geistigen  Fähigkeiten  ein  ungünstiges  Urtheil  zu  fällen.  
 Von  den  vielen  charakteristischen  Anekdoten,  welche in  dieser Hinsicht  
 erzählt  werden,  finde  ich  besonders  folgende  bezeichnend:  Sir  Thomas  
 Mac  L e a r ,  the  royal  astronomer,  war  beauftragt,  das  Land  zu  vermessen, 
   und  beobachtete  auch  einst  mit  seinen  trigonometrischen  Instrumenten  
 auf  dem  Grund  und  Boden  eines  holländischen  Farmers,  
 ohne  diesen vorher  um Eriaubniss  gefragt  zu  haben;  der Boer,  darüber  
 erzürnt,  wollte  ihn  als  Engländer  von  dem  Platze  vertreiben,  bis  Mac  
 Lear,  der  ein  humoristischer Mann  ist,  auf den Einfall kam,  ihn  glauben  
 zu machen,  Cr finge  Sterne.  Der Boer  sah  ihm  nun  höchst  eifrig, zu,  und  
 wenn  der Astronom  einige Zeit  durch  das  Fernrohr  gesehen  hatte  und  
 dann  seinen  Instrumentenkasten  zusammenklappte,  konnte  er  ihm  mit  
 vielem Ernst Vorreden,  er  habe  den  gefangenen  Stern  jetzt  eingesperrt,  
 doch  könne man  ihn  nicht  ansehen, weil man  sonst  geblendet würde.  So  
 amusirte  sich Mac Lear  eine  ganze Zeit  mit  dem  guten Boer,  indem  er  
 ihm  jedesmal  die Nummer  des  Sternes  angab,  den  er  gerade  gefangen  
 hatte,  bis  sein Geschäft beendigt war. 
 Die Beschränktheit  der Leute  erklärt  sich  leicht, wenn man  weiss,  
 dass  der Farmer fast  nie  von  seinem Besitzthum herunterkommt,  ausser 
 *)  „Ist  zu  haben“  oder  „soll  verkauft  werden“.