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 von  einem  stärkeren  Nebenbuhler  eine  tüchtige? Tracht  Prügel,  die  ihm  
 die  Heirathsgedanken  aus  dem  Kopfe  bringt,  aber  dies  pflegt  auch  das  
 einzige wunderbare Abenteuer  dabei  zu  sein. 
 Das  Zurückschreiten  in  der  Geisteskultur wird  zumal  ersichtlich bei  
 einer  Klasse  von  Boeren,  welche  man  als  „Döppers“  bezeichnet;  diese  
 halten  sich  streng  abgesondert und  heirathen  nur  in der Familie, wesshalb  
 der  günstige Einfluss  von  frischem,  europäischen Blut,  den  die Uebrigen  
 doch  in  grösserem  oder geringerem Masse  geniessen,  für  sie verloren geht.  
 Sie  halten  streng  an  den  alten  Sitten,  Gebräuchen  und  Trachten,  sich  
 dadurch  schon  äusserlich  von  der  fortschreitenden  Bevölkerung  unterscheidend. 
   Diese Leute  sind  aber  die  am  meisten  Acclimatisirten,  so  zu  
 sagen,  die  am meisten Afrikanischen unter  den  Farmern.  Sie kennen das  
 Land  in  allen  seinen  Verhältnissen  ausgezeichnet  und  wissen  sich  darin  
 mit  grösser  Sicherheit  zu  bewegen;  auch  sind  sie  erfahren  in  den Eigen-  
 thümlichkeiten  des Wildes,  wesshalb  sie  auf  der  Jagd  sehr  erfolgreich  zu  
 sein  pflegen.  Doch  gerade  dadurch werden  sie  dem Ackerbau  entfremdet  
 und  zu  einem  herumziehenden  Leben  verleitet.  Ihre Kenntniss  benutzen  
 sie  nur  dazu,  um  mit  möglichst  geringer  Mühe  das  Nothdtirftigste  zu  
 erreichen,  nicht um  dem Lande  das Mögliche  abzugewinnen.  Grosses Aufsehen  
 erregte  es  unter  ihnen,  als  sie  nach  Einführung  der Wollschaafe  
 sahen,  „dass  man  von  den  Haaren  der  Schaafe auch leben  könne“,  doch  
 nur  ungern  fügen  sie  sich  solchen  Neuerungen,  und  viele  von  ihnen  
 halten noch  heutzutage  die  beliebten  einheimischen  Fettschwänze,  deren  
 stark  entwickelter,  mit  dickem  Fettpolster  bekleideter Schwanz  ihnen  eine  
 „leckere Kost“  gewährt.  Für  einen  europäischen  Magen  ist  das  Gericht  
 indessen  nicht  sehr  verführerisch  und  es  kann  einem  wohl  gelindes  
 Grauen  überkommen bei  dem  blossen Gedanken,  die weissen, weichlichen  
 Fettmassen  ohne  Brod  oder  irgend  welche  Zukost  hinunter  schlingen  
 zu  müssen. 
 Hat  man  einige  Tage  beständig  in  dieser Weise  gelebt,  so wird  es  
 wirklich wie  eine Erlösung  empfunden, wenn man  selbst das erbärmlichste  
 Inlandstädtchen  erreicht.  Auch  ich begrüsste Bloemfontein  bei  der Rückkehr  
 von  Boshof  ganz  besonders  freudig;  wusste  ich  doch,  dass  mir  in  
 dem  gastlichen Hause  des  Dr.  Krause  jede Erholung,  die  der Ort bieten  
 konnte,  gewährt wurde. 
 In  der  letzten Zeit meines Aufenthaltes  in  Bloemfontein beschäftigten  
 mich  hauptsächlich  ethnologische  Studien,  zumal  da  die  sonst  schon  spärliehe  
 Fauna  der Gegend  im Winter  allzuwenig Ausbeute  lieferte.  Es  sei  
 davon nur  erwähnt,  das» ich  mehrere Exemplare  einer  schönen  Schnepfe  
 schoss,  golden  snipe  genannt  (Rhynchea  capensis L.),  deren  goldig grün  
 schimmerndes Gefieder mit  grossen Augenflecken  und  gelben Zeichnungen  
 geziert ist,  eine  Species, welche  die Ufer von  langsam  strömenden Flüssen  
 liebt und  gesellig lebt. 
 Um  vergleichend  anthropologisches  Material  zu  erhalten,  legte  ich  
 mich im Anfang  Juli  auf  das  Ausgraben  von  Skeletten  Eingeborener,  da  
 es  sonst unmöglich  ist,  sich in  d e n  Besitz brauchbarer Specimina zu setzen.  
 Ich  fand bei  diesem Geschäft mehr Schwierigkeiten,  als  ich  erwartet hatte,  
 ja   ich  fand  es  geradezu  unmöglich  vollständige  Skelette  von Leichen  zu  
 erlangen,  die  in  loser  Erde  begraben  waren.  Es  zeigte  sich,  dass  die  
 Knochen  wahrscheinlich  durch  das  Einsinken  der  Erde  und Zusammenbrechen  
 des  Brustkastens  zur  Zeit  der  Ausgrabung  schon  nicht  mehr  in  
 ihrer Lage waren.  Obgleich  ich,  sobald bis  zu dem Skelett voigediungen  
 war,  stets  selbst  das Geschäft mittelst  eines  Spatels und unter Umständen  
 der Finger beendete,  gelang  es mir  nicht,  die kleineren Knochen vollständig  
 herauszubekommen;  selbst  grössere  waren  zuweilen  unerklärlicher  
 Weise  nicht  aufzufinden;  die  schönen  Schädel  würden  aber  allein  schon  
 die Mühe lohnen. 
 Auffallend  war  mir  dabei  die  Beobachtung,  dass  sich  in  dem  umgebenden  
 Moder  auch  bei  einer  Tiefe  von  4'  unter  festem Mergel  und  
 Thonboden  thierisches Leben  zeigte;  zahllose Fliegen  einer kleinen  etwa  
 2"'  langen  Species  fanden  sich  darin  vor  in  allen  drei  Ständen.  Auch  
 kleine  Kröten  vergnügten  sich  in  dem  duftenden  Ueberrest menschlicher  
 Vergänglichkeit,  sowie verschiedene Würmer.  Es  zeigt  dies,  wie  stark  
 selbst bis  zu  solcher Tiefe  in  der Erde  die  äussere Luft  einzudringen vermag, 
   da  sonst  diese  thierischen  Organismen  nicht  zu  bestehen  und  sich  
 nicht  zu  entwickeln  vermöchten,  sowie  dass  auch  Thiere,  welche  nicht  
 eigentlich  grabende  sind,  sich  tief  in  den  Grund  hineinzuarbeiten  ver-  
 mögen. 
 Als  die  ethnologischen Arbeiten ein annähernd befriedigendes Resultat  
 gewährt  hatten,  mochte  ich  nicht  länger  in Bloemfontein  verweilen  und  
 benutzte eine  sich zufällig darbietende Gelegenheit,  um zunächst  weiter  zu  
 gehen  nach  H a r r ism ith .  Ein  Farmer  aus  dieser  Gegend passirte  den  
 Ort  mit  dem  Ochsenwagen  und  einer Heerde Rindvieh und  Schaafen  auf  
 seinem  Wege  nach  Hause;  hatte  ich  dem  zu  Folge  auch  keine Aussicht  
 besonders  comfortable  zu  reisen,  so war  es mir  doch  zu  angenehm,  mein  
 schweres Gepäck  auf bequeme Weise  fortbringen  zu  können,  als  dass  ich 
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