
zu beobachten, einer graubraunen 2 cm und mit den Flügeln 5 cm langen
Odontotermes-Art, die in Massen angeflogen kamen und dann sofort ihre
Flügel abschüttelten. Dann war es hier ziemlich das einzige Mal, daß ich
an einer chinesischen Feier Gefallen fand. Wenn der Bonze abends in dem
von Nebel durchzogenen Hofe seinen heulenden Gesang anstimmte und dazu
die große Glocke schlug, war der Eindruck ein geradezu großartiger.
In Beyendjing verbrachte ich noch einen Rast- und Regentag, dann
gings am 13. Mai abwärts nach Gwanfang, um dort einen größeren Zufluß
des Yangdse zu übersetzen und geradewegs durch einen noch nicht karto-
graphierten Landstreifen Biendjio, 30 km nördlich von Bintschwan, zu
erreichen. An den rutschigen Talhängen unter Beyendjing stehen — das
einzige Mal, daß ich dies in China sah — Täfelchen mit der Aufschrift
„Holzabschneiden verboten“, und dies ist wohl der Grimd, weshalb subtropischer
Busch und in den Schluchten Waldbestände hier so schön entwickelt
sind. Besonders auffallend ist die mächtige Bignoniazee Rader-
»Kiehern Sinica. Zu Tausenden bedecken den Hang die weißen Glöckchen
an den besenartig wachsenden Büschen des Styrax Limprichtii, verschiedene
Jasminarten blühen weiß und rot und verbreiten süßen Duft; Alangium
Chinense gedeiht in den Schluchten, überwuchert von Schmetterlingsblütlerlianen
(Pueraria Yunnanensis) mit mächtigen, flachgedrückten, höckerigen
Stämmen und gehäuften hängenden Trauben weißer, duftender Blüten.
Der Fluß war so stark angeschwollen, daß sich der Fährmann heute nicht
traute, überzusetzen. Die Verzögerung war aber nicht von Nachteil, denn
unter dem Fährenhause, nur 1500 m hoch, konnte ich wieder anderes
finden, so den neuen Croton caudatiformis, ein Euphorbiazeenbäumchen
mit aufrechten gelben Blütenähren. Nach dem Übersetzen am nächsten
Morgen stellte sich heraus, daß hier niemand Biendjio kannte, und so konnte
ich keinen Führer finden und mußte den großen Weg flußaufwärts und
dann durch ein Seitental über Mitien nach Bintschwan nehmen. Auch dies
war nicht zü bereuen. So fürchterlich dieser Weg auch aus Steinklötzen
zusammengewürfelt ist, so bot er doch besonders in feuchten Schluchten
unter Mitien wieder reiche Ausbeute, am Flußufer und am rechten, nach
Westen blickenden Hang üppig beblätterte Bäume, Rapanea Yunnanensis,
Rhamnus nigricans (neu), Eriobotrya prinoides, Photinien, Weiden, Adina
asperula mit kugeligen Köpfen rosenfarbener Röhrenblüten und spreizklimmenden
Mallotus Philippinensis, besonders am entgegengesetzen Hange
aber nebst dürren Eichenbeständen dichten Savannenwald; „Schleierwald“
habe ich ihn in meinen Notizen an Ort und Stelle öfter genannt, denn
die zahllosen Zweiglein der breit ausladenden Sträucher und Bäumchen
mit ihren kleinen, locker, gestellten Blättern und Blüten, herrlich duftenden,
rosafarbenen der Delavaya toxocarpa,' winzigen gelblich-grünen des
Phyllanthus Emblica, noch unscheinbareren der dornigen Gymnosporia
Royleana bilden selbst dort, wo sie noch reichlich durchsponnen sind von
der hakenrankigen, zartrispigen Dalbergia mimosoides oder dem weißen,
ebenso süß duftenden Trachelospermum Gathayanum, kein dichtes Laubdach,
sondern nur einen überall durchsichtigen Schleier einige Meter über dem
Böden. Zweitens entging ich durch diesen Umweg vielleicht einer Räuberbande
von angeblich 30 desertierten Soldaten, die vor vier Tagen dort
eine Karawane ausgeraubt hatte; zweier war man habhaft geworden und
hatte ihre Köpfe, mit entsprechender Aufschrift versehen, in Käfigen über
die Straße gehängt, die anderen hatten sich in die Berge geflüchtet. Oben
um Mitien weitet sich das Tal wieder zu den uns schon lange bekannten
Gruppen grüner Becken zwischen niedrigen, kiefernwäldbestandenen, buckeligen
Höhenzügen.
Jenseits des Sattels, der in einen aus später öfter wiedergefundenem
sandigem Konglomerat bestehendenBergzug kaum einschneidet, sind wir gleich
in dem breiten, schon an sich über Konglomeraten eines alten Seebeckens
trockenen Tal von B in ts c hw a n und Biendjio, das außerdem die Chinesen
so „kultiviert“ haben, daß es ganz entwaldet und öde ist. Jetzt im Regen
sieht man steinige Steilhänge zwischen der dürren Steppe dunkelgrün von
den Mengen der ausgebreiteten Rosetten der Selaginella involvens; in der
Trockenheit zusammengerollt, sind aber auch diese kaum zu kennen. Die
Acacia Farnesiana in einem Bachgerölle war zwar ein hübscher Fund, verschönerte
aber nicht die trostlose Gegend. Dafür gab es doch endlich einen
Weg, auf dem man etwas anderes als Ochsentrab reiten konnte. Ein
kalter Nordwind blies statt der Subtropenhjft, als ich nach fünftägiger
Reise in Biendjio einen Halttag einschob. Dort wuchs allerdings auch bei
genauem Suchen so viel wie nichts. Den französischen Missionär, Pater
D e g e n e v e , einen schneidigen jungen Mann, der eben von einem Besuche
in Hwangdjiaping über den Berg zurückkam, wo er sich mit der Hacke
den Weg bahnen gelassen und dann auf seinem Maultier im Galopp den
Hang heruntergeritten war, und sich mir vorstellte, lud ich gleich zum
Abendessen. Der arme Mann, der ganz chinesisch leben mußte, war so
erfreut, wieder einen Europäer kennenzulernen, und so begeistert von
dem eingemachten Huhn, das Li uns vorsetzte, daß er sich den Rest desselben,:
nachdem uns ein großer Skolopender von der Decke mitten auf
den Eßtisch und beinahe hinein gefallen war, tief dankbar noch fürs nächste
Frühstück nach Hause nahm. Er gab mir Auskünfte, die, wie auch der
Augenschein von unten, mich den Plan der Besteigung des östlich gelegenen,
wohl nur angeblich 10.000 Fuß hohen Berges aufgeben ließen
und dafür auf den Dji-schan, einen berühmten hohen Wallfahrtsberg,
für den D avies keine Höhenzahl hat, aufmerksam machten. Er liegt im