
deren Büsche an 100 über 3 m hohe Halme bilden, doch war die Ausbeute vielseitig
interessant, da in diesem Gebiete noch nie ein Sammler war und daher
auch die Verbreitung der Waldbäume noch unbekannt, Kryptogamen aber in
ganz Yünnan kaum überhaupt gesammelt worden waren. Der Regen begleitete
unseren Abzug am nächsten Tage nach Wali. Bei der Fähre hat ein
Polizeiposten die Vorbeikommenden zu untersuchen, ob sie kein Gold
wegschmuggeln, und der Befehlshaber wollte — dumm genug — uns aufhalten,
da der Beamte in Wali den für Chinesen nötigen Passierschein
selbstverständlich durch die Mitgabe von zwei Begleitsoldaten für ersetzt
hielt. Daß S chneider ihn am Kragen nahm und mit der Peitsche bedrohte,
ließ ihn zwar äußerlich ganz kalt, machte ihn aber stumm. Nach zwei
Tagen in Kwapi wurde das Wetter wieder schön, nachdem sich der
Tschahungnyotscha mit Schnee bedeckt und auch hier die Temperatur bis
auf 8° erniedrigt hatte.
Am 1. Juni gingen wir dann nach Oti, dem zweiten Schlosse des
Tussu, viel älter und kleiner und tiefer etwas talaufwärts, aber nahe über
dem Flusse auf einer alten Sinterterrasse unter Kalkkonglomeratfelsen
gelegen, aus denen eine starke Karstquelle entspringt. Dort zeigten sich
die „Soldaten“ des Fürsten im Durchschwimmen des Flusses mit aufgeblasenen
Ziegenfellen unter der Brust, und abends gab es einen Tanz
ums Feuer und Sprünge darüber bei recht melodischen Sängen im Hofe des
Yamen. In einer Kette, bald an den Schultern, bald an den Händen sich
haltend, bewegten sich die Leute stampfend und ruckweise, während der
erste auf einem mehrpfeifigen Instrument recht melodisch spielte, auch
unter Chorgesängen, die mich an jene kaukasischer Kosaken erinnerten.
Dann schlüpften sie unter den Schultern durch, tanzten in bunter Abwechslung
hockend, auf einem Bein, kriechend, und sprangen schließlich
über das Feuer.
Am 3. Juli stiegen wir den Hang hinauf, der immer schönere Ausblicke
talaufwärts bietet, bis zum obersten Dorfe Gwandien. Hier beginnt
auf Brachäckern das erste Edelweiß zu blühen, das dichtblättrige, grauwollige
Leontopodium Dedekensii. Das Tal des Hsiao-Djing-ho erscheint
verstellt durch den Lama-schan, einen jenseits des Flusses stehengebliebenen
pyramidenförmigen Teil einer von unserem Gebirge in das Tonschiefergebiet
hinabziehenden Kalkkante, die vom Flusse in scharf S-förmig
gebogener Klamm durchsägt ist. Bei den Moso fanden wir hier und da
als Sklaven die merkwürdigen kleinen dunklen Leute, die L egendre
„Negitros“ nennt. Es sind meist bekropfte Schwachsinnige, und eine Lieblingsbeschäftigung
dieser scheint es zu sein, sich einen Faden oder Strohhalm durch
den Mund oder über dem Kinn hin und her zu ziehen. Der Paß L in b in k o u
über dem Dorfe liegt nur 3175 m hoch. An der Südseite entspringt quellen