
bestehend, aus der Ebene auf, von rechts kommen wenige Seitenbäche
zwischen den wie. Landzungen hereinragenden Rücken aus einem buckeligen
Sandsteinbergland mit Kiefemwaldbedeckung. Der Militärbefehlshabfer, ein
Major, kam mich besuchen und erklärte, er habe einen Brief vom Tutschün
bekommen mit dem Aufträge, mir Soldatenbedeckung mitzugeben, und an
die Guiyang-Regierung sei die Weisung ergangen, sie an der Grenze abzulösen.
Ieh sträubte mich nach Kräften; als es nichts nützte, wollte ich
wenigstens von der Zahl abhandeln, aber, meinte er, warum denn, ein
großer Herr sei doch immer froh, große Begleitung zu haben? Mir aber
ist nichts zuwiderer als Lakaientum, und was gehen mich, den schlichten
Bürger, die Soldaten an? Es war nichts zu machen, der Tutschün würde
ihn zur Verantwortung ziehen und das konnte man glauben, auch mußte
ich bei seinem Auftreten trotz allem meinem Ärger höflich bleiben. Am
nächsten Morgen also bekam ich einen Leutniant mit 20 Mann regulärer
Truppen in voller Marschausrüstung als Bedeckung mit. Sie benahmen
sich aber wider mein Befürchten tadellos und sehr zurückhaltend und ich
bekam durchaus den Eindruck, daß sie, nachdem dem Tutschün Bedenken
aufgestiegen sein mochten, daß er mich mit so einer Armenleutekarawane
habe ziehen lassen, tatsächlich als Ehrengarde und keineswegs zur Überwachung
gedacht waren. Ich ließ mich durch ihre Anwesenheit auch bei
meiner freilich sehr unauffälligen Wegaufnahme, die dann einen Erfolg
darstellte, natürlich keineswegs stören.
Jenseits des Beckens, in dem Im/per ata cylindrica, ein Gras mit silberweißen
Blütenwalzen, den größten Teil der Steppe bildet, steigt der
Weg gegen den Beling-schan an. Am Fuße überschreitet er einen Bach,
aber ohne Brücke, denn nur streckenweise fließt dieser in einem ins
Konglomerat eingegrabenen Bette oberflächlich, zweimal und, nach der
Gestaltung der Landschaft zu schließen, weiter noch öfter aber durch
natürliche Tunnels, und über einen solchen führt der Weg. Durch lockere
Wälder, abwechselnd Lithocarpus spicata var. Collettii und Pinus Yunnanensis
steigen wir auf einem Rücken an. Rechts fällt er zu einem gegen uns
kommenden Bache ab, links ziehen tiefe Gräben mit dem Schichtstreichen
nach Nordwesten zum nicht mehr sichtbaren, Tale des Flüßchens von
Sidsung hinab; der Kamm selbst aber schwingt sich vor uns zu einer
Reihe von Kegeln, deren fernster der etwa 2400 m hohe Hauptgipfel des
B e lin g - s c h a n ist, empor. Der Weg hält sich rechts davon und erreicht
nur 2110 m. Im Kiefernwald blüht schön rotes Lilium Delavayi, großem
Salbei ähnlich eine merkwürdige Trockenform des Dracocephalum urtiti-
foliurn, kleine Iris Collettii und ein merkwürdiger Bambus, der kleine
kaum verholzte, neue Indocalamus andropogonoides, auf fruchtbarer Roterde
zwischen Gras die rote vielstengelige Pedicularis Henryi, die uns durch
ganz Hunan weiterbegleitet und noch an der Grenze von Rwangdung gefunden
wurde, unä die hohe dunkelgelbe neue P. Lopingensis. Miao sind
die Bewohner des Gebirges, sie ackern, in grauen Hanf gekleidet, auf den
spärlichen Feldern, am Hauptwege liegt aber keines ihrer Dörfer. Weiter
blüht zwischen dem Kalkgestein eine aufrechte, krautige, olivengrüne Stechwinde,
Smilax herbacea, und die grasblättrige, rosafarbige Orchidee Bletilla
Yunnanensis, auch ist Magnolia Delavayi noch häufig. Die Ausbeute ist
reich und wird weiter so sein, daher darf ich mich nicht übereilen und
bleibe die Nacht im kleinen Chinesendorfe Tschaörl noch auf der Höhe.
Es sind elende Hütten aus Erde mit Strohdächern, jede mit drei Räumen,
.der mittlere für die Leute, die beiden seitlichen, ohne' eigenen Eingang,
für Büffel, Rinder und Schweine, eine wenig günstige Unterkunft für
20 Mann Soldateska, wie ihr Befehlshaber auch fand, aber das war ja
einer meiner Gründe gewesen, um sie abzulehnen. Ich suchte mir ein
leerstehendes Haus aus, das durchs halb eingefallene Dach gelüftet wurde.
Das augenblicklich klare Wetter und die Neugier, durch einige über
die nächste Welle blickende Spitzchen gereizt, lockten mich gleich ein
Stückchen nach vorne an den Rand des Hanges, und dort bot sich mir
eines der eindrucksvollsten Bilder, deren ich mich entsinne, eines jener
überraschenden, die jedem Reisenden unvergeßlich bleiben, der eine neue
Landschaft erblickt, von der er auch noch gar keine Vorstellung hatte.
Ich war für eine Guidschou-Reise ganz unvorbereitet, und da lag nun die
Guidschou-Landschaft vor mir, die mir noch vertraut werden sollte, aber
hier gleich in ausgeprägtester Form, wie ich sie so schön nie wieder sah. Da
kam mir zunächst kein ernster naturwissenschaftlicher Gedanke, sondern
ich mußte über den Anblick einfach lachen. Da waren wohl die Naturkräfte
ein wenig närrisch geworden und hatten gespielt, einen Haufen
von Kreiseln hingeworfen, die mit den Spitzen nach oben liegen blieben,
aber manche auch schief und einige längs statt quer gerillt. Oder war es
ein versteinerter Tannenwald, der sich da jenseits des Senkungsfeldes
von Loping erstreckte? Sicher gegen tausend, wenn nicht mehrere Tausende
von Kegelbergen erheben sich da, unregelmäßig aneinandergereiht,
zu 50 bis 100 m Höhe, gegen rückwärts (Südosten) im ganzen etwas
höher, und dazwischen sind, wie Abdrücke von solchen, überall trichterförmige
Kessel eingesenkt. Die Kegel selbst sind von den wagrechten
Schichten gestuft und geringelt, und, je ebener ihre Schichtung ist, desto
regelmäßiger die Form; da und dort aber fallen einige schräge ein oder
verlaufen senkrecht über die Spitzen, die Kahlheit läßt jedes Band deutlich
erkennen. Und das Ganze liegt viel tiefer als wir, darum ist es so übersichtlich;
der Hang des Beling-schan zu uns herauf ist ziemlich von den
Schichtflächen selbst gebildet, emporgehoben oder das andere abgesunken.