
Heftpflaster anklebte, und mietete zehn Tragtiere und noch ein Reittier
für den auch durch die Sorge der Missionäre noch nicht gänzlich wiederhergestellten
Lao-Li bis Weihsi. Da es hier keine Berufs-Mafus gibt,
mußten sie aus ganz Tsedjrong und Tseku zusammengesucht werden,
einer mit einem Tier, ein anderer mit zwei oder drei, und bei der Abrechnung
war es dann schwierig, den Leut'en die Lösung der Rechenaufgabe
klar zu machen. Nach drei Tagen setzte ich über die bessere
Seilbrücke von Tseku und folgte dem schon von der Herreise bekannten
Weg Mekong-abwärts. Jetzt hatte an den wenig beschatteten Felsen im
Macchienwald an mehreren Stellen die hübsche Orchidee Coelogyne ovalis
ihre meist einzeln pendelnden, braunen, gewimperten Blüten geöffnet, sonst
hat auch hier der Herbst schon die Blüten hinweggenommen und bunte
Töne ins Laub gebracht, scharlachrot die Excoecaria acerifolia in der
Tiefe, lebhaft gelb und orangegelb verschiedene Laubbäume, tiefrot besonders
die Ahorne in den Mischwäldern an den höheren Talhängen gefärbt.
Um so dunkler erscheinen dazwischen die Nadelbäume und immergrünen
Laubbäume. Um die Lissu kennenzulernen, besuchte ich von
H s ia o -W e ih s i aus, wo ich am fünften Tage mittags eintraf, eines ihrer
Dörfer eine Stunde höher am Talhang, nachdem ich auf Anraten des
Pater L e s g o ü r g u e s einige fertige Lichtbilder zu mir gesteckt hatte, um
den anfangs sehr scheuen Leuten begreiflich machen zu können, was ich
mit ihnen vorhabe. Als er zum erstenmal in ihr Dorf kam, waren sie alle
in die Maisfelder geflohen; auch ich konnte sie zwischen ihren hölzernen,
auf Pfählen stehenden Blockhäusern nur hinterlistig knipsen, und auf einer
Aufnahme erkennt man deutlich den unschlüssig-furchtsamen Blick, mit
dem ein Mann ein von meinem Führer ihm vorgehaltenes Bild betrachtet.
Sie tragen meist graue Hanfkleider und Männer wie Weiber Wickelgamaschen,
nur selten mit einem blauen oder roten Band darin, die
Männer ein ähnliches Kopftuch zu einer kurz zylindrischen Röhre gewunden.
Die Strecke von Kakatang nach Weihsi führt im flacher gewordenen
Talsystem, die Pflanzenwelt entspxicht jener' der gleichen Lagen des Yün-
nan-Tafellandes, Cephalotaxus Fortünei fand ich hier wieder einmal, und
zwar an seinem westlichsten Standorte.
In W e ih si am 10. Oktober mittags angelangt, besuchte ich den mit
den Missionären gut befreundeten Beamten und wehrte mich nicht gegen
das Mitnehmen von zwei Polizeisoldaten bis Djientschwan, denn es kommen
auf dem Wege öfter Raubüberfälle vor, und, wenn der Reisende keine
Bedeckung hat, lehnt die Regierung jede Verantwortung ab. Von hier bis
Dali konnte ich zu einem günstigen Preis eine chinesische Karawane finden,
da sie sonst leer dorthin zurückgegangen wäre, und gleich am nächsten
Morgen Weiterreisen. Da ich mit meinem Gelde zu rechnen beginnen mußte,
konnte ich nicht darauf bestehen, den geraden Weg dorthin zu nehmen,
der mich mehr interessiert hätte; die Karawanenleute erklärten nämlich,
nur den großen zu' gehen, dies aber wahrscheinlich auf Anstiften Lrs
der von „kleinen“ Wegen nichts mehr hören wollte. So stiegen wir genau
nach Osten auf den 3500 m hohen L itip in g , einen höher ansteigenden,
aber mehr gerade hinüberführenden Weg als der früher übliche, den
D a v ies' Karte zeichnet. Ganz sanft sich senkende Matten liegen auf dem
breiten Rücken zwischen ausgedehnten Wäldern, die als Nadelbäume nur
Fichten, grau von Bartflechten, beherbergen, zwischen welchen in grellbunter
Herbstfärbung verschiedene Laubbäume hervorleuchten. Die Wässerchen
aus diesen quellenreichen Matten sammeln sich in einer ganz flachen Furche,
die auf dem Rücken längs nach Nordwest zieht und den obersten Lauf
des Tales von Schogo—Djidsung bildet. Enziane (Gentiana picta und andere)
waren noch die einzigen offenen Blüten. Auf einem Buckel liegt die Behausung
eines größeren Polizeipostens, denn der Litiping ist wegen seiner
Räuber berüchtigt; da noch jetzt Räubereien Vorkommen, hat man mir
versichert, daß die Polizisten selbst ihnen nicht fernstehen. Die Ausblicke
über das ganze beckenartige Tal von Weihsi und nach Osten über das
kleine Becken von Lutien und das enge Tal darunter hinaus bis zum
Djinscha-djiang waren schön und ihre Aufnahme ließ mich die Geländezeichnung
der Karte wesentlich ergänzen und berichtigen. Die breite Mekong-
Yangdse-Kette hat hier durchaus den Charakter steilerer Mittelgebirge, die
von Tälern stark zerfurcht sind und wenige auffallendere Berggruppen erkennen
lassen. Die Sandsteine und Tonschiefer lassen den durch die
schütteren Wälder überall durchblickenden Boden rotbraun erscheinen.
Durch das Becken von Lutien ist die Wasserscheide auf eine kurze Strecke
als schmale Kante herausgearbeitet, an deren steilem Abfalle der Weg
hinabführt. Am nächsten Tag erreichte ich Lahikou, wo ich meine kleine
völkerkundliche Sammlung durch einen auf ein rohes, schaufelförmiges
'Brett gemalten Nahsi-Bnddha ergänzte, den mir die Hausfrau nur schweren
Herzens auf den Reiz klingender Dollars hin überließ, und weiter nach
einer Stunde Marsches den Yangdse-djiang bei Dschütien.
In seinem Tale bleibt nun der Weg bis zu seinem Knie bei Schigu.
Scliwemmkegel der Seitentäler wechseln mit sandigen Flußteitassen und viele
Nahsi-Dörfer beleben die Sohle, die nur an wenigen Stellen so schmal wird,
daß der Weg aus dem Felsen ausgehauen werden mußte, zum Beispiel
unter der quer ins Tal vorspringenden Kalkfelsnase Hoschinga. Ein weiter
oben den Rand des Dschungdien-Hochlandes bildendes, zwischen Schiefern
steil gestelltes Kalkband krümmt sich hier, in horizontaler Lage gebheben,
nach Westen über das Tal herüber. Unterwegs begegnete ich einer schier
endlosen tibetischen Karawane aus Batang. Als der erste Tibeter mit