
Er kam in einem lockermaschig durchbrochen gestickten schwarzen Seidenrocke,
und so fand ich es bei Beamtenbesuchen jetzt immer, wieder ein Unterschied
zwischen Ost und West. Herr A rendt gab mir noch Konserven und die
neuesten Zeitungen aus Hankou auf den Weg und so bestieg, ich leichten
Herzens nach einer nur zu süßen Ruhe in seinem Hause, noch von ihm
geleitet, am nicht mehr ganz frühen Morgen wieder mein Tier.
Der Weg erreicht bald über einen kleinen Rücken den Hauptfluß (Tschü-
djiang) imd verfolgt ihn ein Stück aufwärts. In der dumpfen, warmen
Schlucht ist schöner Wald erhalten, den ich bei der Mittagsrast im Dörfchen
Mosehi genauer untersuchen konnte. Er weicht von jenem am Du-djiang
wieder wesentlich ab. Castanopsis hystrix, Fraxinus retusa und Acer Davidii,
verbreitete Arten, dann aber baumartiger neuer Hibiscus saltuaria,' Mallotüs
apelta, Elaeocarpus lanceifolia, ein Vertreter einer kleinen Familie, mit
zahlreichen abstehenden Blütenähren, von denen es bei jedem Anstoßen
die sehr leicht abfallenden, feinzipfeligen, weißen Blumenkronen und zu
Reihen verbundenen Staubgefäße herabregnet, Helicia Cochinchinensis aus der
tropischen Familie der Proteazeen mit ähnlichen walzigen Ähren duftender
weißer Blüten mit spiralig zurückgerollten Zipfeln, Pterostyrax corymbosa sind
die bezeichnendsten Bäume hier, Älangium Faberi ist nur ein grünlich blühender
Halbstrauch aus einer sonst holzigen, auch durch Al. Chínense vertretenen
Gattung. An feuchten Felsen darunter verbreitet sich Saxifraga sarmentosa
mit fadendünnen Ausläufern, blüht saftige Begonia Lipingensis und bildet
der Fam Trichomanes parvulum ganz niedrige dichte Polster, wie Quellen
liebende Moose (Philonotis); das in Yünnan als Eichenbewohner entdeckte
Macromitrium quercicola aber wächst in breiten Polstern, die in der Mitte
dick sind und fruchten, nach den Rändern sich durch büschelästige, kriechende
Stämmchen strahlenförmig verbreitern, an trockeneren Wänden der Tonschieferfelsen.
Am Rande der Überschwemmungszone gedeiht als sehr bezeichnend
ein großer Farn mit hellgrünen, über meterhohen, im Umriß breit dreieckigen,
stark zerteilten Wedeln, Diplazium esculentum, und ebendort blüht an einigen
Stellen die schöne Ldgerstroemia Indica als Busch. Der wertvollste, wenn
auch nicht auffallendste Fund war aber eine Liane mit duftenden schwefelgelben
Blüten, die eine neue Gattung darstellt, Mappianthus iodoides. Oft
mußten wir den Weg mit dem Pickel ausbessern, denn Hochwasser hatte
mehrere Bergrutsche verursacht und ihn weggerissen, auch viele Reisfelder
vermurt. Eine Brücke führt über den Fluß und dann geht es wieder auf
ein Gebirge von ganz ähnlichem Aussehen und derselben Höhe wie jenes
'zwischen Gudschou und Liping hinauf. Alpenrosen, Quercus variabilis und
spärlicher Q. glandulifera, aber auch andere Laubbäume und viele Kiefern
geben ihm eine üppige Wald- und Buschdecke. Erst am nächsten Tage
stiegen wir wieder hinab zum kleinen Städtchen H sü n in g und am dritten
erreichten wir meistens im Regen durch viele Teeölpflanzungen Ngaitsou
nahe einem größeren Flusse, der bei der wichtigen Handelsstadt Hung-
djiang in den Yüen-djiang mündet. Eben erst hatte ich Li aufmerksam gemacht,
daß in Hunan sein beliebtes Opiumrauchen sehr strenge verfolgt
wird und schon Köpfe dafür gefallen sind, aber abends merkte ich schon
wieder den süßen Rauch in meinen Dachboden heraufdringen und sah
durch eine Bodenspalte seine Lampe. Als ich hinunterrief, wer denn da
gerade unter mir Opium rauche, war sie sofort ausgeblasen. Ich wollte
nicht fortwährend Zank haben; daß er und der Karawanenführer zusammen
aber diese Reise zu einem großzügigen Opiumgeschäft benutzten,
ahnte ich nicht. Von Tschangscha verschwand dann dieser mit dem ganzen
Gewinn, in Yünnanfu klagte ihn Li auf seinen Anteil, man kam aber dem
Wesen des Geschäftes auf die Spur und sperrte beide ein.
Den Fluß entlang, den da und dort ebenfalls schöner Schluchtwald
einfaßt, war der Weg wieder streckenweise recht schmal und felsig. Ein
Tragtier stürzte tief in die Büsche und konnte nur schwer wieder auf die
Beine gebracht werden, ein anderes trat den Wegrand durch und fiel in
aufrechter Stellung einige Meter tief in ein Reisfeld, die Last blieb ruhig
auf seinem Rücken und es spazierte damit wieder gemütlich heraus. Bei
Schidjiaping führt eine Fähre hinüber; an einer Felswand hin, deren
malerischen Eindruck ein Tempelchen erhöht, mußten die Lasten von den
Leuten getragen werden, dann verläßt der Weg das Flußtal wieder nach
Osten. Wir sind in dem Lande des allnutzbaren Bambus. Im reißenden
Flüßchen flößt man ihn hinab, ein Bündel seiner Stämme roh zusammengefügt,
darauf ein Hüttchen für die Schiffer, so bringen sie ihn durch den
ganzen Dungting-See bis nach Hankou. Die Berghänge sind hellgrün von
den auf etwa 15 cm dicken Stämmen reich verzweigten, gleichmäßig übergeneigten,
bis über 10 m aufragenden Kronen. Es ist wohl kein Zweifel,
daß diese Art (Phyllostachys puberula) in der Gegend wild ist, die Bestände
in dieser Form verdanken aber menschlicher Auslese, wenn nicht
überhaupt Anpflanzung, ihr Aussehen; die unduldsame Natur des dichtverschlungenen
Wurzelwerkes und der den Boden überdeckenden abgefallenen
kleinen Blätter und breiten Scheiden ist aber der Erhaltung
ungemischter Bestände auch förderlich. Wieder müssen wir uns, eine abgerissene
Stelle umgehend, den Weg selbst bahnen, dann machen wir
Mittagrast auf einem kleinen Sattel. Dort wird Lack aus einem Sumach
(Rlius vernicif.ua) gewonnen, der auch wild vorkommt. Jedes zweite Jahr
schneidet man die Rinde schräg an und sammelt in unter die Schnitte
gesteckten Muschelschalen den ausfließenden Saft. Um in die Kronen steigen
zu können, hat man die Bäume durch festgebundene Stangen miteinander
verbunden. Wieder gibt es interessante Ausbeute, wo wir zwischen höheren