
und Androsctce Graceae mit ihren dicken, kreisrunden Blättern. Die Jak-Alm auf
dem 4000 m hohen Passe war schon verlassen, in leisem Regen schlug ich
das Zelt auf, und die Träger suchten mit ihren Ziegenhaardecken das zur
Hälfte fehlende Dach der Hütte zu dichten.
Über Nacht blies kalter Wind, morgens war es gefroren und dünner
Schnee bis gegen das Lager herab gefallen. Er hatte auch den kühn geschwungenen
Maya-tra1 verzuckert, den „Pic François Garnier“, wie ihn
der Prinz von O rléans, recht überflüssig umgetauft, nennt, den Gipfel südlich
über ims, dem die gestern nur mangelhaft gesehenen Spitzen arigehören.
Auch die fernere Aussicht war ganz schön, im Norden die eigene Kette
gegen den Doker-la höher ansteigend, gegenüber eine unserem Standpunkte
etwa gleichhohe, nach links aber stark abnehmende, welche das Doyon-
lumba», das Tal meines Reisezieles Balian, vom Salwin trennt, ferne
darüber einige Gipfel der Salwin—Irrawadi-Kette; unter mir aber die
unermeßlichen, unangetasteten Urwälder des L u d se d jia n g , wie das ganze
obere chinesische Salwingebiet nach dem Flusse genannt wird, die
bald erkennen ließen, daß' ich hier ein vom übrigen Yünnan gänzlich
verschiedenes Florengebiet betreten hatte. Erst nach rechts ausbiegend und
dann steil geht es hinab, zunächst an Bambusbeständen hin, die sämtlich
abgestorben waren. Von ferne machten sie den Eindruck, als seien sie
verbrannt, in der Nähe betrachtet aber, war keine Spur davon zu merken,
dafür war der Boden unter den dürren, teilweise schon gefallenen, um
3 m langen Stämmchen der neuen Arundinaria melanostachya schon wieder
dicht bedeckt. mit spannenlangen frischgrünen Keimpflänzchen. Wie ich
später hörte, war es das hier ausnehmend trockene Jahr 1914 gewesen, das
den Bambus nicht nur weiter im Osten, wo wir es auch gesehen hatten,
sondern besonders hier zu massenhaftem Blühen veranlaßt hatte, und nach
der Blüte stirbt er ab. Vielleicht war auch das Massenaiiftreten des goldgrünen
Mooses Campylopus gracilis in den den Rändern nahe gelegenen Teilen
der plötzlich lichtdurchlässig gewordenen Dickichte darauf zurückzuführen.
Bald tauchen wir in den Wäldern unter. Alles ist weich, grundlos der
Weg, er besteht aus Löchern im Moder zwischen den Wurzeln riesiger
Rhododendren, deren Stämme es mit den ansehnlichsten Ahomen hier
aufnehmen. Ebenso ansehnlich und dadurch in seiner Verwandtschaft
merkwürdig ist der Araliazeen-Baum Aeanthoponax evodiaefolia. Im weichen,
moosigen Grunde wuchern winzige Kubus-Arien, wie R. potentilloides,
das interessanteste aber sind die vielen epiphytischen Sträucher hoch auf
1 tra, tibetisch = Felswand, zur Bezeichnung so geformter Berggipfel, wie bei
uns „Wand“.
2 lumbä, tibetisch, gleich Tal.
den Baumstämmen, Ribes acuminatum, Sorbus Harrowianus mit den
Blättern der Vogelbeere und weißgrauen, die eine Seite des stützenden
Stammes meist ganz bedeckenden Wurzeln, Rhododendron tapeinum und
Vaccinium dendrocharis; besonders das letztgenannte, das unserer Preiselbeere
gar nicht unähnlich sieht, überzieht ganze Stämme in dichtem
Schlüsse bis in die höchsten Wipfel nebst vielen Farnen und etlichen
Kräutern, die aber wohl mehr zufällig diesen Platz finden. Weiter unten
kommt Pentapana.v truncicolus dazu als epiphytisch wachsender Araliazeen-
Strauch. In 3150 m Höhe setzt der etwas abgerissene Weg über das vom
Passe geradeaus herabkommende Bächlein, dessen Umgebung als breiter
Lawinenstrich baumfrei und nur mit Weidengebüsche und Hochgekräute
aus Artemisien, Rodgersia und Springkräutern bewachsen ist. Es gehören
Gelegenheiten wie eine Mittagsrast dazu, damit man auf Dinge achten
kann wie einen kleinen Myxomyceten, der mit einem korallenartigen
Fuß auf faulem Laub haftet und in einem wenige Zentimeter langen,
schmalen Netz seine Sporen entwickelt. Von hier ab führt der Weg an
der Lehne des D o y o n -lum b a talauswärts nur mehr allmählich hinab.
Je tiefer wir in die dumpfige Schlucht kommen, desto üppiger wird die-
Pflanzenwelt. Laubbäume herrschen weitaus vor, immergrüne und sommergrüne
ungefähr gleich gemischt: Stechpalmen (Ilex dipyrena), Kirschen, Birken,
Baumhaseln, Eichen und Verwandte, Ahome, duftende Enkianthus deflexus,
Rhododendron sinogrande, Tetracentron Sinense, Pterocarya Forrestii, die neue
Corylopsis glaucesceng. Ebenso verteilen sich die Sträucher: Spindelbaum-
arten, Hasel, Johannisbeeren, Sarcococca, gelbe rispige Senecio densiflora,
besonders auffallend aber, wenn auch nicht häufig, die kleine' neue
Araliazee Gilibertia myriantha, deren zarte, in Rispen zusammengestellte,
jetzt Früchte tragende Dolden den ganzen Busch mit einem Schleier
überdecken. Durch den dichten Unterwuchs von üppigem Strobilanthes
und Lilien, Knöterichen, Nesseln, Springkräutern windet sich der Weg,
den die Chinesen bei der Besetzung des Landes gut und breit angelegt,
dann aber natürlich wieder verfallen gelassen haben und der jetzt oft
nur eine Treppe oder fast Leiter aus kleinen Löchern für den einzelnen
Fuß, steil auf- und absteigend ist, so daß die meist vorhandenen Bambuseen-
Stämmchen zum Anhalten sehr erwünscht sind. Ein drittes Laubdach, nur
wenige Dezimeter über dem Boden, vielleicht das saftigste von allen, bilden
hier Fiatostemma-, Pilea- und Lecanthus-Arten, alles Nesselgewächse, die
einen mit in den Blattachseln sitzenden oder gestielten fleischigen
Köpfchen, die anderen mit lockeren Rispen kleiner, grüner Blüten,
die Melastomatazee Sarcopyramis Nepalensis mit saftstrotzendem Stengel
und Kelch und vier rhombischen, im einer Ecke in eine Haarspitze vorgezogenen
rosafarbenen Blütenblättem und Farne, wie zwei in großen