
Holländer, Deutscher, Chinesen, Nahsi, Mindjia und Hsifan. Vor dem Abstieg
nahm ich ncich den Blick nach Osten auf, um den der Schlucht
vorgelagerten Moränenzirkus von dieser Seite zu haben. Eine zweite, noch
größere Vertiefung zieht sich, scharf begrenzt, noch viel weiter in mehr
südöstlicher Richtung in den niedrigen, östlich der Beschuibadse und der
Ebene von Böscha der Schneekette parallelen Rücken hinein; sie dürfte
einer noch älteren Gletscherzunge ihre Entstehung verdanken. Wir stiegen
rasch hinab, fanden auf der großen Wiese unsere Pferde wieder, meines
freilich hatte ich ganz zurückgeschickt und entging nun in rascherem
Abstieg zu Fuß auch nur mehr teilweise dem Gewitter und Hagelschlag,
der die anderen noch gründlicher durchnäßte. Den Beamten rettete man
- auch zu spät zu einem Mahle in den kleinen Tempel des Dorfes. In
meinen Dachboden, wohin ich auch die Gäste geladen hatte, regnete
es derart herein, daß man die großen Wasserlachen durch aufgehäuftes
Stroh etwas aufsaugen mußte. Wir alle fühlten die Nachwirkung der
dünnen Schneeluft als Kopfbeklemmung, die erste Erscheinung der Bergkrankheit,
recht deutlich, wenn auch nicht weiter lästig. Noch nach
Wochen redete ganz Lidjiang von der Heldentat seines Präfekten, der ¿4'.
man wisse eigentlich nicht recht warum — zu Fuß auf den Berg gestiegen
sei. Ich aber hatte wieder erkannt, daß ein Versuch, den Gipfel zu ersteigen,
nur bei vollkommen sicherem Wetter unternommen werden kann,
das ist im Spätherbst, ■ wenn aber wieder wahrscheinlich tiefer Schnee
ein Zelten in genügender Höhe und überhaupt das ganze Gelingen verhindern
wird.
Am nächsten Morgen war der Beamte zur Entscheidung eines Rechtsstreites
in Anspruch genommen. Die Leute von Ngulukö wollten an einem
Bache, der weiter unten durch Böscha fließt, auf ihrem Boden eine
Mühle erbauen, die von Böscha gönnten,sie ihnen aber nicht, denn, auch
für Ngulukö zu mahlen, war ihr Geschäft. Als der Beamte gerade mit
ungefähr der halben Dorfbewohnerschaft zum Lokalaugenschein aufbrach,
kamen Leute aus Böscha und baten ihn, er möge die Besichtigung doch
aufschieben und erst ihr Dorf besuchen. Sie - wollten ihm dort natürlich
ein besseres Essen vorsetzen, als es die hier konnten. Er vertröstete sie
aber: »Ich komme noch einmal“ und entschied dann zugunsten von
Ngulukö. Es scheint, daß es im nächsten Jahre die Böschaer waren, die
als Rache ihre Nachbarn eines Raubüberfalles verdächtigten, der sich
bei Ganhaidse abgespielt hatte.
Den schönen IB. benützte ich dann zum Besuche des Waldspitzchens
Y a o -s c h a n hei Ganhaidse, der mir von Lidjiang aus durch den Regen
vereitelt worden war, 3825 m. Der Einblick in den rückwärtigen Teil der
Kette mit der Fortsetzung jenseits des Djinscha-djiang war lehrreich, aber
die Gipfel blieben leider bedeckt, so lange ich auch mit bereitgestelltem
Apparate lauerte, mir die Zeit mit dem Sammeln von Flechten und
Laub- und Lebermoosen auf den Stämmen der Tannen und Alpenrosen vertreibend,
die in solchen hohen windausgesetzten Lagen auf Bergkämmen
immer ganz damit überzogen sind. Vollkommen war die Aussicht nach
Süd und West bis in die Gegend von Dali und Weihsi. Auf den steilen
Matten des Berghanges konnte ich zwei junge Giftschlangen leicht in
Formalin setzen. W erner erkannte sie als neue Unterart (montícola) var.
Ancistrodon blomhoffi. Die strauchige, schwarzrote Paeonia Delavayi war
in voller Blüte, sonst aber noch weniges, und die hauptsächlichste Ausbeute
des Tages waren Kryptogamen.
Mehrmals besuchte ich dann die alte Stirnmoräne unter der großen
Schlucht Lokü, um diese selbst und die Abstürze des Satseto-Gipfels von dieser
Seite aus aufzunehmen, was erst nach einigen durch Nebel vereitelten
Versuchen endlich gelang. Ich hatte aber göwußt, daß es ein Anblick sein
müsse, der eine gewiße Beharrlichkeit lohne. Ein Künstler-Photograph
könnte Dutzende von Aufnahmen machen von verschiedenen Punkten des
Moränenrückens aus mit verschiedenen Gruppen oder Einzelstücken der
wetterzerzausten und doch schön geformten Bäume, Kiefern und Lärchen
im Vordergrund, und ich glaube auch, nicht den schlechtesten gefunden
zu haben. Das Zusammentreffen der eben genannten Bäume ist auch
bemerkenswert. Es ist eine der wenigen Stellen, wo die xerophilen Kiefernwälder
und die mesophilen Mischwälder, scharf voneinander abgegrenzt,
auf gleichem Boden, nur von der Himmelsrichtung abhängig, einander
vertreten. In 3400 m Höhe bedeckt hier Pinus tabulaeformis und Stecheichenbusch
alle nach Süden und Südosten schauenden Hänge der
Moränen und die Kämme selbst, Larix Potanini, zu der sich gleich unter
dem Kamme auch Fichten, Tannen und verschiedenste Laubbäume
gesellen, die entgegengesetzten. Ein anderer Ausflug galt der großen
Schlucht selbst. Die sandige und stellenweise sumpfige Ebene „S a b a “,
die zwischen den Moränen liegt, deckt kurzer offener Rasen, gegen die
Ränder finden sich Gesträuche der gelben Potentilla fruticosa und der
aufrechtährigen, braunblütigen Sibiraea levigata. Weiter innen tritt der
Weg in den Nadelwald, • der sich hier aus Kiefern und Fichten (Picea
Likiangensis) zusammensetzt, ein Fall, der sehr selten ist und durch das
Zusammentreffen entgegengesetzter Vegetationsbedingungen eintritt, vvon
durchlässigem, dürrem Schotterboden, der Xerophyten begünstigt, und
ebener, zwischen den näher aneinanderrückenden, gegen 150 m hohen
Moränen kühl gehaltener und doch schon ziemlich hoher Lage, die der
Fichte mehr zusagt. In dem moosig-grasigen Grunde dieser Wälder finden
sich viele zarte Orchideen, so kleine rot-weiße neue Oreorchis oligantha