
Teilen eines immer aus demselben Tonschiefer, aber hier in steilem Einfafl,
bestehenden Bergrückens die gleiche Höhe wie vorgestern erreichen. Da
fällt besonders Clethra Pinfaensis auf, hier ein häufiges schlankes Bäumchen,
dessen durch den Filz ockergelbe Blüten in langen, fast wagrechten Ähren
über den Blattbüscheln der Zweigenden fingerig zusammengestellt sind,
und Sargentodoxa cuneata, eine große, dem wilden Wein ähnliche Liane
mit dreizähligen, rötlich berandeten Blättern und an einer hängenden
138. Wukang mit dem Yün-schan.
Traubenachse zusammengestellten Dolden von schwarzen, blau bereiften
Beeren auf fleischig angeschwollenen, purpurrot überlaufenen Stielen, welche
in die dem Sauerdorn verwandte Familie der Lardizabalazeen gehört. Die
Verzögerungen am Wege ließen mich nicht so weit kommen, als ich wollte,
es dämmerte schon, als wir den Rand der Talfurche von Wukang erreichten
imd in Pukai einkehrten. Durch eine kleine Gruppe von Kalkhügeln,
an denen Camptotheca acuminata wächst, ein Rubiazeenbaum
mit ansehnlichen fettigglänzenden Blättern und weißen und rosafarbenen
Blüten in großen kugelförmigen Köpfen, wird die Talsohle erreicht und
nach Nordosten verfolgt. Auf einzeln stehende Liquidambar-Bäume, die zu
den größten im Lande gehören, klettert Ficus pumila bis ah die äußersten
Spitzen der weit ausladenden Zweige; die großen appetitlichen Feigen sind
aber ungenießbar, mit einer trockenen Wollmasse erfüllt, die als Heilmittel
verwendet wird. Rechts erhebt sich der Y ü n -sc h a n höher als die eben
überschrittenen Berge. A rendt hatte mich auf ihn aufmerksam gemacht,
denn in einem schönen Walde haben dort die Wukanger Missionäre ein
Sommerhäuschen. Eine bessere Gelegenheit, die hiesige Bergflora gründlicher
zu studieren, konnte ich mir nicht wünschen. Spät abends erst langte
ich in Wukang an und traf einen von ihnen, Herrn R. P a u l , da Sonntag
war, zufällig herunten.
Am nächsten Vormittag machten wir uns gemeinsam auf den Weg,
Herr P aul im Stuhl bis an den etwa 7 km entfernten Bergfuß, ich ritt
mein Maultier. Von dort, vom Tempel Banschan-miao, steigt der Weg erst
allmählich an der westlichen Lehne eines Tälchens bis zum zweiten
Tempel,.Sanli-ngan, dann führt er, fast wagrecht am Steilhange hin, an den
Bach heran. Große schwefelgelbe Blüten, an langen Ranken angereiht,
leuchten vom Hange herauf, sie gehören der melonenähnlichen neuenMomordica
meloniflora an und zeigen bei näherem Zusehen einen merkwürdigen Bau.
Die männlichen, von je einem fahlen häutigen Hochblatt behüllt, haben
große sackförmige, von einer Klappe überdeckte Nektarien und kurze dicke
und krumme, firmsschwarze Staubfäden, die weiblichen sind etwas kleiner,
der Fruchtknoten entwickelt sich später zu einer 15 cm langen eiförmigen,
etwas bestachelten Frucht. Der Bach bildet hier bei Regenwetter recht
ansehnliche Wasserfälle, der Weg führt in steilen, oft recht rutschigen
Steintreppen ihm entlang. Die Hänge sind hier kahlgeschlagen, die unbewegte
Luft erhitzt sich tüchtig in diesem Kessel. Erst beim Tempel
W u li-n g a n in 850 m Höhe beginnt Hochwald. Er erfüllt zwei hinter dem
Tempel sich vereinigende Gräben nnd ihre Verzweigungen imd die dazwischen
liegenden Rücken bis zu den Gipfelkämmen. Zum großen Teil
immergrüne, meist runde dunkle Baumkronen schließen 15 bis 20 m über
dem Boden zu einem tiefen Schatten spendenden Dach zusammen, auch
die steilsten Hänge bedeckend. Eben ist überhaupt nichts auf dem Yün-
schan. Der Weg führt noch steiler im Zickzack aufwärts, daneben und oft
tief darunter springt der Bach über Klippen. Aus seinem Schaum ragen,
zu Rasen zusammengesetzt, die grünen schwertförmigen Blätter eines in
den Steinritzen wurzelnden kleinen Kalmus (Acorus latarinowü). Die
Bäume waren wohl größtenteils verblüht, doch waren die meisten für
meine Sammlung neu und in jedem Zustande erwünscht. In einer für
Bohnenanbau etwas entwaldeten Mulde in 1190 m Höhe liegt der große
Wallfahrtstempel G w an y in -g o ; einen kleinen, durch den Tod eines
Priesters für die Chinesen entweihten Tempel nebenan (Schengli-se) haben
die Missionäre gemietet und nahebei noch ein hölzernes Haus mit sechs
Zimmern erbaut. Zehn Erwachsene und zehn Kinder brachten hier, in
einer Temperatur, die durchschnittlich 8° niedriger ist als in dem 830 m
tiefer liegenden Wukang, die heißen Sommermonate zu.