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Ludsedjiang. Gegen 4 hm von Tseku flußaufwärts liegt eine schmale reisbebaute
Ebene über dem rechten Flußufer. Auf ihr, im Dorfe T se d jro n g ,
an einer Überfällen weniger ausgesetzten Stelle, wurde die Mission nach
der Zerstörung neu erbaut.
Es dämmerte schon, als ich, ohne einen Platz für das Zelt zu finden,
an der Seilbrücke das Bett aufschlug und den Schlafsack darüber zum
Schutz gegen den zeitweisen Regen auf das Moskitonetz legte. Li saß auf
dem Wege mit einem Sauregurkengesicht in der Vorahnung der Dinge,
die da kommen sollten, und erklärte, es sei kein Holz da zum Kochen, sein
Küchenjunge D schaffa fand aber gleich welches. Am Morgen kamen die
Anwohner, warfen sich zur Erde und bekreuzigten sich vor mir, dann
beförderten sie, nachdem man über einen — für sie — sehr guten Preis
einig geworden war, mein Gepäck hinüber. Li erklärte: „Moi pas connais
passer la corde“ und wollte seinen Abschied nehmen. Als ich ihn aber
tüchtig anschrie, war die Furcht vorbei. Ich wartete, bis sein Gepäck drüben
war, dann passierte ich, um den Missionär, dem ich die Empfehlungskarte
des Bischofs schon geschickt hatte, aufzusuchen. Auf das etwa faustdicke
Bambusseil wird eine hölzerne Rinne („Wata“) gelegt, an der Riemen
befestigt sind. Zwei derselben kommen unter die Schenkel, ein anderer
um den Nacken, dann werden sie festgeknüpft, man hält sich mit beiden
Händen oben auf der Holzrmne oder mit der einen darmiter am Riemenknoten
fest und saust in 15 Sekunden über den gegen 200 m breiten gurgelnden
Fluß, vollkommen sicher, wenn nicht das Seil reißt, was bei vernachlässigten
Brücken mitunter Vorkommen soll. Ist das Seil trocken, so gießt
oder pustet der erste, der übersetzt, Wasser oder Öl darauf, denn die
Reibung ist eine ganz gewaltige. Auf einer Aufnahme, die ein Pferd
an der Brücke zeigt, sieht man deutlich das an der „Wata“ aufsteigende
Rauchwölkchen. Schwere Leute, wie ich, werden drüben
durch einen quer über das Seil gespannt gehaltenen Strick, der die
Wata hemmt, aufgehalten, zu leichte müssen sich mit den Händen am
Seil, das man während der Fahrt ja nicht berühren darf, weiterhangeln.
Das erstemal gruselt es einem schon etwas, später ist es ein Vergnügen.
Da es regnete'und das Seil naß war, wären die Pferde zu schnell hinübergekommen
und drüben angeprallt, so mußte man mit ihnen warten, auch
war der nächste Tag Sonntag und da waren leichter Träger zu finden;
so gab es wieder einen Tag Aufenthalt und ich mußte, da ich des knappen
Geldes halber in der Zeit gebunden war, meinen Plan etwas zustutzen.
Tsedjrong ist beinahe ganz heidnisch; das geräumige Missionsgebäude
und die große Basilika mit stumpfem Turm nehmen sich gar seltsam aus
zwischen den vielen Om-mani-peme-Gebetfahnen der Tibeter, die Ausdrücke
zweier so verschiedenen Religionen von doch so ähnlichen Äußerungen.