
den Yangdse durchquerte, „les derniers barbars“ nennt. Das Aussehen der
von Schmutz schwarzen Kerle ist keineswegs vertrauenerweckend und
doch kann man mit ihnen ganz gut auskommen, vielleicht besser als mit
den falschen Chinesen. Ich erstieg nun den nächsten Rücken südlich des Flußdurchbruches,
W u sc h i-lia n g d s e , 825 m über dem wenig unter 2000 rn
Seehöhe gelegenen Becken, einen Ausläufer des höheren Gebirges Woho-
letye. Von dort kann man das dürre Flußtal weiter hinaus übersehen, das
heißt seinen Lauf an der Verschneidung der Hänge erkennen. Es geht
dann rechts unter dem L u n g to u -s c h a n hinaus, den man hier schon so
nahe sieht, daß man seine Bedeckung mit Eichengestrüpp unterscheiden
kann. Die auffallende Nase ist nicht sein höchster Gipfel, sondern nur ein
gegen Süden und Osten steil abfallender Schichtkopf, der sicher nicht
26. Blick vom Wuschi-liangdse auf den Lungtou-schan.
3700 m erreicht, wie die photogrammetrische Konstruktion ergab, während
eine weiter einwärts gelegene Aufwölbung der Kette möglicherweise mit
4000 m angesetzt werden kann. Höher als der Lungtou-schan scheint eine
Berggruppe im Südosten, die aber wohl schon jenseits des Djinscha-djiang
liegt, und eine früher gesehene, ungefähr westöstlich sich erstreckende Kette
im Norden. Von schneebedeckten Bergen, von denen manche Rejsende
schreiben, ist aber hier gar keine Rede. Durch seine Form dürfte allerdings
der Lungtou-schan der achtunggebietendste bleiben. Der Wuschi-
liangdse ist das erste Kalkgebirge, das wir, von Westen kommend, trafen.
Derselbe kleine Sauerdorn wie um Yünnanfu, Berberis Wilsonae, mit lede-
rigen, dicht netzaderigen Blättern bildet hier domenstarrende Zwerggesträuche,
darüber eine kahle Stecheiche, Quercus Gilliana, die seit
Ningyüen mehrfach zu finden war.
Die Soldateska rückte bald nach uns wieder in Tjiaodjio ein, und
am nächsten TMorgen kam sich der Beamte beschweren, unsere Pferde
hätten im rückwärtigen Tempelhof die Holzfenster zerschlagen. Dies waren
natürlich nicht die Pferde, sondern die Mafus gewesen, die behaupteten,
kein anderes Holz zum Kochen zu finden. Der Beamte hätte dazu wohl
nichts gesagt., wenn er sich nicht für unser Auskneifen irgendwie hätte
erkenntlich zeigen wollen.
Am nächsten Tage traten wir die Rückreise auf demselben Wege an
und gelangten bis Sikwai. Wir begegneten einem Franzosen, Herrn
G uérin, einem Beamten der Indochina-Eisenbahngesellschaft, dem wir
einige Tragtiere unserer Karawane zu einem Ausflug hieher geliehen
hatten. Daß ihm noch kein Schnee begegnet war, läßt erkennen, daß der
Schneefall, der sich jetzt herunten als Regen fortsetzte, wie im Winter
von Osten oder Nordosten gekommen war. In Sikwai brachten wir eine
gute Sammlung völkerkundlicher Gegenstände zusammen, Pfeifen, winzige
Musikinstrumente aus drei gespaltenen. und geschnitzen Bambusplättchen,
Eßschalen, geschlossene Trinkgefäße mit drei und vier Bambusröhrchen zum
Saugen, Halsketten und Ohrgehänge und Kleidungsstücke. Auch Schwerter,
Armbrüste, die Spitze einer 6 m langen Lanze und Kampfrüstungen
konnten wir erstehen, schwere Kürasse aus gekochtem Leder, und der
Bruder des Chefs ließ sich in einem solchen photographieren. Das sind nicht
etwa veraltete Gebrauchsgegenstände, sondern die einzelnen Stämme führen
noch heute schwere Blutrachekämpfe miteinander, bei denen es off
50 Tote gibt. Die Verzierungen bestehen meist in runden, in roter, gelber
und schwarzer Farbe gehaltenen Sehnörkeln. Diese Kunst hat sich auch
bei den unterworfenen Lolo in Yünnan erhalten, und die chinesischen
Sättel zum Beispiel, die dort verkauft werden, sind zum größten Teile
Lolo-Arbeit. Als uns die Tauschwaren ausgegangen waren, kauften wir für
Geld, aber als Silber nach dem Gewicht, denn sie schmefcen die Dollars
ein und verarbeiten sie zu Schmuck.
Am 25. endlich kamen wir, nachdem gerade der Regen aufgehört hatte,
an den Urwald des S o so -lia n g d se und machten uns an die Arbeit. Der
Wald erfüllt in ungefähr 2600—2850 m Höhe eine kleine Schlucht und
ihre Hänge bis auf den Kamm des Hauptrückens. Er gehört einem Typus
an, den wir noch nicht oder doch nicht in vergleichbar schöner Ausbildung
gefunden hatten, ist ein Mischwald der temperierten Stufe. Verhältnismäßig
wenige Bäume sind Wintergrün, zwei großblätterige Eichen, Quercus
glauca und Engleriana, Stechpalmen, Pinus Armandi und Tsuga Yunna-
nensis; sommergrüne Laubbäume herrschen vor, ein Ahorn mit großen gerundeten
Blättern (Acer Franchetii), Zitterpappeln, die ulmenähiiliche
Zellcowa serrata, breitblätterige Vogelkirschen (Sorbus Hupehensis), Ptero-
carya insignis mit ähnlichen Fiederblättern und langen hängenden Kätzchen,
die vorjährigen dürr noch erhaltenen Früchte daran mit zwei breiten
Flügeln versehen, Birken (Betula albosinensis), Weiden, als Sträucher
Deutzia longifolia und das schöne großblütige Viburnum erubescens; auch
Rhododendron denudatum ist ein häufiger Baum in dem Walde, und kleiner