
den Huili-Mann dann als Mafu verwenden konnte, war mir die Sache
ganz willkommen. Der Lolo-Tussu kam gelegentlich auch nach Yenyüen
und sah mir nur bescheiden aus dem Hintergründe des Hofes zu; erst
als ich ihn zu Tee und Kuchen einlud, bat er mich auch, um Medizin
für einen seiner Leute, und, auf eine Andeutung hin, daß mir seine Butter
sehr zugesagt habe, wurde ich um noch zwei Laibe reicher, nachdem ich,
durch sein Geschenk aufmerksam gemacht, auch bei den Hsifan einen
großen Laib dieses von den Chinesen gänzlich verachteten Leckerbissens
gekauft hatte.
Nachdem ich der Bitte des Hsiendschang, ihm meine Browning zu
verkaufen und von Yunnanfu durch W ang zu schicken, mit schwerer
Mühe widerstanden hatte, reiste ich am 12. Oktober von Yenyüen ab und
erreichte über den im Mai genommenen Weg, auf dem noch manche
interessante Spätblütler in der hier zwischen höheren Gebirgen viel
trockeneren Tiefe des Yalung-Tales zu sammeln waren, in vier Tagen
H o h si; von dem inzwischen dort eingezogenen Père L abrunie wurde
ich freundlich aufgenommen, imd folgte auch im Galopp der Einladung
des 'Bischofs zü einem Besuche in Ningyüen. Den alten Pater B drnichon
erkannte ich nun als einen echten französischen Fanatiker; Bischof
d e G uébbiant war zu schlau, viel merken zu lassen, er bedauerte Österreich
zu den „fortwährenden Niederlagen, sogar durch die Montenegriner, ein
Pulvermagazin sei dort in die Luft geflogen“, über Preußen redete er
nichts, aber seine Gedanken waren sehr leserlich. Bei dieser Gelegenheit
lernte ich auch Missionär W ellwood und seine deutschamerikanische Frau
kennen, die über die eben eingetroffenen Nachrichten von der Marneschlacht
ganz niedergedrückt war. Am nächsten Abend nach Hohsi zurückgekehrt,
verfolgte ich bis Dötschang den am rechten Flußufer führenden
Weg, welcher in dem mm eingetretenen prachtvollen Herbstwetter vorzügliche
Überblicke über die von Kulturen bedeckten Schuttkegel und
Geländestufen des Djientschang und die schöne, gegen 4500 m hohe Kette
von Sandsteinzinnen an seiner gegenüberliegenden Seite gab, viel bessere, als
ich im Frühjahre hatte aufnehmen köninen, und im Lichtbild viel besser
gelungene, weil ich damals einen Schaden am Apparate zu spät bemerkt
und behoben hatte. Diesmal fand ich die Bevölkerung viel freundlicher
als beim ersten Besuche, wenngleich ich das völlig gegen meine Natur
angenommene Poltern noch nicht ganz wieder verlernt hatte. Auf ruhiges,
möglichst unauffälliges Auftreten zeigen sich auch die ekligsten Leute
sichtlich anders, als wenn man mit großem Aufzuge, durch kreuz und
quer geschickte Boten in der ganzen Gegend schon angemeldet, ankommt
und das ganze Dorf gleich von furchtbarem, beinahe militärischem
Schimpfen erschallen läßt. Jetzt wird die blaue Farbe für Kleiderstoffe
überall bereitet. Um Huili wird sie aus Perilla avium gewonnen, bei Dali
sah ich später Strobilanthes Cusia unter schattenspendenden Bambusdecken
dazu gepflanzt. Die Blätter werden in großen, mit Kalk gedichteten
Becken (dort in hölzernen Fässern) durch fünf bis sechs Tage in Wasser
gelassen und dann durch Stoff durchgepreßt. In den Stadtstraßen gehören
die Farbenbottiche, in denen die Stoffe gefärbt werden, zu den kräftigsten
Gestankquellen. Ich machte die üblichen Tagemärsche, lud in Huili die dort
hinterlegte Kiste auf das Pferd meines Dieners, das er doch nie benützte,
und schlug auch von dort wieder den geraden Weg nach Yünnanfu ein,
immer die Landschaft neu photographierend und die Pflanzen sammelnd,
die ich noch nicht oder in anderem Entwicklungszustand hatte, oder die
mir vielgestaltig oder sonst interessant erschienen. Die Tagemärsche machte
ich hier größer, denn Ende Oktober, wenn auf dem Yünnanhochland nachts
schon Reif fällt und das beliebte Übernachten unter einem offenen Dach
außerhalb der Schlafräume schon empfindlich kalt wird, lohnten längere
Aufenthalte zu eigentlichem Suchen nicht mehr die Mühe und den Geldaufwand.
Der gerade Weg läßt Sanyingpan östlich liegen, indem er den
dortigen Bug des Flüßchens im Westen über den Sattel von Gandeng in
der S. 16 erwähnten Sandsteinkante abschneidet, dann bei Örldaoho das
Tal quert und auf dem Sattel ober Loheitang wieder unseren Hinreiseweg
trifft. In der Herberge von Loheitang war gerade ein Greis im Sterben
und genau vor der Tür seines Zimmers verfertigte man mit größtem Getöse
die Nacht hindurch seinen Sarg. Den Umweg über Sugö machte ich
nicht mehr, sondern ging geradeaus von Santang nach dem Tjiaotienschang.
So traf ich in zehn Tagen nach der Abreise von Huili am 3. November
in Y ü n n an fu ein, wo mich die Familie S t i e b r i t z in freundlichster Weise
in Wohnung und Verpflegung nahm.
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