
Brücke von etwa 20 m Höhe und Breite über den sich durch eine niedrige
Höhle durchwindenden Fluß. Üppiges Gekraute über der Quelle verdankt
vielleicht dem Schwefelgehalt und der Feuchtigkeit, vielleicht aber auch
den häufig dort anwesenden Menschen sein Dasein. Die Planktonzüge in
den künstlichen Steinbecken, welche das 43 ° warme Wasser rasch durchfließt,
werden wohl nicht viel ergeben haben, und ärgerliches Pech hatte
ich bei der Aufnahme der Naturbrücke und der Verschneidung des Flußtales
darunter, das einen scharfen Bug macht und dann, offenbar seine
ursprüngliche Furche verlassend, durch Ausläüfer des Hochlandes schneidet,
von dem wir herabgekommen waren; als der Deckel halb herausgezogen
war, ging die ganze Kassette mit, und eine zweite Platte von den ganz wenigen
noch übrigen wofite ich nicht opfern. Die vom Lopipema kommenden
Bäche vereinigen sich in einer durch quergestellte Kalkkämme vom Flusse
getrennten Talfurche. Trockene Heidewiese bedeckt die erhöhten Teile
zwischen den Windungen des Baches, der nach dem See von Dschungdien
fließt. Ein eigenartiges, neues Lausekraut, Pedicularis tricoler, blüht in
Menge darin, eines von den langröhrigen, niedrig, rasenbildend, mit großen
hellgelben, weiß berandeten Blumenkronenlippen und rötlichem Schnabel.
Vorne leuchten die goldenen Kuppeln über den weißen Mauern der beiden
großen Lama-Tempel. Es hatte zeitweise geregnet und-der Weg war unbeschreiblich
grundlos. Er hält dann mehr nach links, und nach zweieinhalb
Stunden ist D s c h u n g d ie n erreicht.
In 3400 m Höhe gelegen, ist es ein kaltes Nest; eine Mischung von
Naturschlamm, chinesischem und tibetischem Schmutz erfüllt seine Straßen,
doch war ich in einem großen Raume eines ehemaligen tibetischen
Tempels gut untergebracht. Einen Empfehlungsbrief hatte der Beamte
von Yungning nicht hieher geschickt; der Polizeibeamte ließ sich meinen
Paß zeigen, betastete mein Gepäck nach Waffen und zog befriedigt, aber
beschämt wieder ab, als er die vermeintlichen Gewehre als Zeltstangen
erkannt hatte. Es ist eine hauptsächliche Furcht der Chinesen, daß Europäer
Waffen zu den „Mandse“ bringen, was ja über Tibet bekanntlich in großem
Maße geschieht. Der Bezirksbeamte lud mich zum Essen und ließ dabei
verschiedene Geschichtchen auftragen, um mir das Tibeterland zu verleiden.
Da kam aufgeregt ein Chinese herein und erzählte, zwei seiner Landsleute seien
auf einem Berge beim Wurzelgraben von Tibetern geschlagen worden, die
das Geschäft für sich allein haben wollen. Die Fische — ich hatte einen
großen Karpfen gekauft — könne man hier nicht essen, denn die Tibeter
zerstückeln ihre Toten und werfen sie ihnen in die Bäche oder den Geiern
zum Fräße vor. Die Tibeter treiben Polyandrie und salben sich mit Butter,
die sie so stinken macht. „Für uns ist eure Vielweiberei dasselbe und ihr
stinkt nach Knoblauch; das ist noch viel schlimmer!“ konnte ich entgegnen.
92. Blick vom Rücken neben dem Paß Schulakadsa nach N auf das unbekannte
Hochland gegen Djiatschrin.
93. Blick vom Sattel Gitüdü nach S über Anangu und Bödö auf den
5300 m (1.). V. Pintis tdbulaeformis.