
Ngaikoupu auf den Weg von B a o tjin g nach Wukang etwa 30 hm westlich
der erstgenannten Stadt („Paoking“). Dort fand ich auch zwei reisende Liebenzeller
Missionäre, die mich freundlich nach T a o hw a p in g in die Mission
einluden. Vom Verlassen des Gebirges ab befand ich mich in der Landschaft
des Baotjinger Beckens, die sich bis westlich von Wukang und bis
Hsinning gleichbleibt. Alles buckeliges Land aus stark verwittertem Kalk,
der nur da und dort felsig, mitunter als aufragende Karrenklippen mit
Nadeln und Türmchen, zutage tritt. Die flachen Hügel bedecken oft Pinus
Massoniana-Wäldchen, weiter findet man an Felskhppen Oupressus funebris-
Haine. Meine erste Reise im Stuhl wurde mir bald so zuwider, daß ich
schwor, sie sei meine letzte. Zwischen vier nach Knoblauch und vielen
anderen unaussprechlichen Dingen stinkenden Kulis zu sitzen, ist an sich
kein Vergnügen. Dazu sind die Ausblicke auf den Wegrand nur augenblickliche;
noch ungeschulten Sammlern zu zeigen, was sie mitnehmen
sollen, .ist kaum möglich, wenn man nicht anhalten läßt, aussteigt und
zurückgeht. So konnte ich im Vorbeihuschen einen an Rainen und in der
Nähe der Häuser gar nicht seltenen scharlachroten Pilz, Ithyphallus rubicundus,
nicht gleich als solchen erkennen, sondern hielt ihn für weggeworfene
Därme, und mußte mich dann mit einem recht schäbigen Exemplare
begnügen. Die Kosten sind täglich gerade die zehnfachen eines Pferdes,
imd so begann mir mein schöner kleiner Kerl in Hsikwangschan bald
abzugehen. Da ich daran nicht denken konnte, ihn mir nach Genesung
nachschicken zu lassen, denn er wäre unter den jetzigen Verhältnissen
mit Sicherheit den Soldaten oder Räubern in die Hände gefallen, griff
ich in Taohwaping frisch zu, kaufte mir zu einem Preise, den ich immer
wiederbekommen konnte, nachdem ich es vormittags erprobt hatte, ein
Pony, eine hübsche und ansehnliche Grauschimmelstute, und schickte den
Stuhl nach Hause. Leider v versah ich mich in der Eile in den Zahnmerkmalen
und erkannte erst später, daß sie noch kaum vier Jahre alt und
daher für mich etwas zu schwach war. Nachmittags brach ich auf und langte
meist dem Flusse' entlang am dritten Tage (4. Juni) mittags in Wukang an.
Es hatte in diesen Tagen viel geregnet, so blieb ich zunächt einen Tag
lang dort, um meine Sachen zu trocknen, damit ich auf dem Yün-schan
gleich an die Arbeit gehen könne. Dabei verbrannte mir ein grenzenlos
dummer und gleichgültiger Kuli aus Hsikwangschan, der trotzdem zu
„squeezen“ verstand, auf zweimal Tropenhut, Satteldecke und eine
halbe Satteltasche, und ein Stoß Papiere hatte auch schon Feuer gefangen.
- Zum Anzünden der Lampe nahm . er als Fidibus ein petroleumgetränktes
Papier, das, in hellen Flammen, er dann auf der Hand hinaus-
zubalanzieren das Vergnügen hatte. Als er Futter kaufen und es mit dem
Pferde auf den Berg bringen sollte, weigerte er sich einfach, jenes zu
tun; da jagte ich ihn endlich fort und berichtete alles an den Chinesen,
der ihn mir verschafft hatte, er aber setzte seiner Dummheit die Krone
auf und erschien wieder in Hsikwangschan, wurde aber an den Ohren zur
Tür hinausgeworfen. Man kann in Yünnan viel leichter brauchbare Kulis
finden als in Hunan, wo die intelligenteste Bevölkerung in China zu Hause
sein soll.
Den Yün-schan erreichte ich für die Blüte eines Teiles der Bäume
leider wieder zu spät. Aber zahlreiche Durchstreifungen des Waldes ergaben
noch eine ungeahnte Menge von Bäumen und Sträuchem, die ich
im vorigen Jahre nicht bemerkt hatte und nun in den verschiedenen Entwicklungszuständen
beobachten und sammeln konnte. Aesculus Wilsonü,
die Roßkastanie mit- kleinblütigen, langen, dichten Rispen, stand um
die Waldbäche gerade in Blüte, auch viele der an zehn verschiedenen
Eichen (meist Lithocarpus) und die Edelkastanien trugen noch ihre Staubblütenkätzchen,
die in der Region der Buchen im oberen Teile des Berges
häufige immergrüne Lithocarpus Henryi mit den männlichen Blüten
in sparrig verzweigten Rispen öffnete sie sogar, erst später und eine
andere Eiche, die neue Lithocarpus paniculata, erst im August. Besonders
reich vertreten sind auch die Ahome u. a. in dem großen Acer amplum
am oberen Waldrand in den Gräben und dem interessanten A. Henryi
mit dreizähligen Blättern. Hier und da leuchten die rosa Blüten der
Älbizzia Julibrissin aus dem Wald, die weißblätterigen Kronen des
neuen Sorbus nubium fallen in den höheren Lagen auf, und ähnlichen Eindruck
macht eine nur als einziger Baum auf dem Kamme südwestlich
des Tempels vorkommende, erst im August blühende Linde, die merkwürdige
neue Tilia endochrysea. Ein ansehnlicher, nur selten blühender Baum
ist die Rubiacee Emmenopterys Henryi mit prächtig duftenden großen blaßgelben
Blüten und ebenso gefärbten vergrößerten Kelchzipfeln als Schauapparat.
Von der prachtvollen Bretschneidera Sinensis, dem Vertreter einer
eigenen Pflanzenfamilie, die seit ihrer Entdeckung im südlichen Yünnan
durch F Ienry nicht wiedergefunden worden war, sammelte ich die noch
unbekannten Früchte; ihre Bestimmung wurde erst durch meinen
Sammler im nächsten Frühjahr ermöglicht. Manglietia Fordiana, ein
dickstämmiger breitkroniger Bamn, hatte noch ihre ziemlich kleinen
roten zitronenduftenden Magnolienblüten. Zimtrinde wird von den
Chinesen gesammelt und als Heilmittel verwendet, das Bäumchen
(Cinnamomum Jensenianum, neu) ist nicht häufig und noch seltener mit seinen
ganz kleinen Blüten und haardünn gestielten Früchten zu finden. Bäume
und Sträucher dieses unerschöpflichen, obwohl nur 5—6 km"- großen
Waldes zählen weit über 100 Arten. Die vielen mächtigen Lianen blühten
eben: Schizophragma integrifolium, Ficus Baileyi, Parthenocissus heterophyUa,