
hald darauf geschickter Bote kam glatt durch und fand auch keine Spuren
mehr von der Anwesenheit der Lissu. Galt ihr Raubzug, wie üblich, den
Schafen der Hirten auf den Almen oder galt er eigentlich mir, jedenfalls
hatte ich wieder Glück gehabt, daß ich den sonst vollkommen unverdächtigen
Weg einige Tage vorher zurückgelegt hatte. Ich befaßte mich inzwischen
mit dem Kaufe von ethnographischen Gegenständen und hatte
auch darin Glück, denn am Mekong herrschte außergewöhnliche Dürre,
der Mais trug keine oder nur kleine, verkrüppelte Kolben, in den Buchweizenfeldern
sah man nur in der Mitte einen kleinen roten Fleck, und
die Hungersnot zwang die Leute, zu verkaufen, was sie konnten, um in
Weihsi Reis dafür zu erstehen. Manche Familien waren auch schon ausgewandert,
und Räubereien nahmen im Mekong-Tale, wo man schon lange
kaum mehr davon wußte, überhand. So konnte ich mit. Leichtigkeit gottesdienstliche
Gegenstände kaufen, die sie sonst sehr schwer hergeben. Dabei
ging es freilich echt chinesisch zu. Ein Setschwanese und L it e r e - waren
die Makler, und der erste besonders machte mit den einzelnen Verkäufern
vor meinem Fenster in der unverfrorensten Weise seine Provision aus und
ließ sie selbst nicht zu mir herauf, bis ich Ordnung schaffte; da aber fand
er wieder andere Ausreden, der Besitzer der Sache sei auf der anderen
Seite des Flusses und dergleichen. L itere prellte einen ganz armen alten
Lama um zwei Drittel des Preises seiner Gebetmühle. Als aber diese
Sachen aufkamen, gab er unter Tränen bei, aber ihr Ansehen im Dorfe
hatten beide verloren. Nach einem Ausfluge am 6. September Mekong-
aufwärts nach Sera, wo ich einige wichtige, im vorigen Jahre durch Plattenmangel
vereitelte Aufnahmen machte, sagte ich diesem Lande für immer
Lebewohl.
ÜBER WEIHSI NACH DJIENTSCHWAN UND LIDJIANG
Aufnahme des Mekong-Tales. — Das Tal von Weihsi. — Mißtrauische Soldaten. £* Über
acht Sättel durch unbekanntes Land. — Mit Lissu-Wache. — Honig. — Lotue-schan
und Lantschou-ba. — Geologische Bilder. — Über den Yenaping am Laodsehün-schanT
Den einigermaßen zerknirschten L i t e r e nahm ich nun doch wieder als
Karawanenführer, und er suchte die Maultierbesitzer aus Tsedjrong und
Tseku zusammen, mit denen ich am 8. September über die als beste
bekannte Seilbrücke von Tseku setzte; die Leute hätten sie noch gerne
auf meine Kosten erneuert, was ich aber ablehnte, denn ich hatte schon
genug Geld in ihren Dörfern gelassen. Sie erkundigten sich vorsichtig, ob
ich sie denn verantwortlich machen würde, wenn ihnen Gepäck in den
Fluß rollte. Einer von ihnen, der die Ware eines Chinesen aus Atendse
verlor, hatte nämlich schlechte Erfahrung gemacht, er war auf Ersatz geklagt
worden und.wurde zwar in Weihsi freigesprochen, aber die Sache
hatte ihn doch gutes Geld gekostet. Ich enthob sie selbstverständlich auch
nicht der Verantwortlichkeit für den Fall, daß sie nicht bei ihren Tieren
blieben, sondern sich hinter der Karawane unterhielten, hatte aber nicht
ernstlich zu fürchten, denn ein Unfall kostet den Tibeter auch sein Tier,
während dem Chinesen der Verlust der nur locker aufgelegten Last seines
Arbeitgebers gleichgültiger ist. Wie die Äcker, so war auch der natürliche
Pflanzenwuchs dürr und es entging mir nichts dadurch, daß ich meine
Aufmerksamkeit der genauen Aufnahme des Tales und seiner Hänge und,
soweit einsichtig, der Seitentäler zuwandte, was besonders in der Richtung
und Länge der letzteren nicht unwesentliche Verbesserungen der bestehenden
Karten ergab. Da ich gute Gewährsmänner hatte, konnte ich
die Verteilung der Bevölkerung und die Ortsnamen durch wiederholtes
Überprüfen sicherstellen und auch die Namen der zahlreichen Lissu-Dörfer
an den Talhängen erfahren. In Yedsche versäumte ich nicht, bei dem mit
den Missionären gut befreundeten Tussu einzukehren. Bei Maliping war
früher ein gefürchteter Platz, wo zwischen Steinmauern und Maisfeldern,
im Gebüsch und im Föhrenwald oft und oft Räuberbanden auf die
Karawanen lauerten, und auch jetzt scheint es wieder einen Zwischenfall
■hier gegeben zu haben. Ein chinesischer Kaufmann stand am Wege im
Walde; er hatte eine Verletzung an der Schläfe, zwei Tibeter seiner
Karawane trugen Säcke auf dem Rücken und oben im Walde sah ich
seine Tragpferde. Ich erfuhr nicht, was geschehen war, aber es war mir
dann doch wahrscheinlich, daß man ihn überfallen hatte. Der Tussu von
Gangpu lud mich zum Essen; ich lehnte dankend ab, da ich vollauf zu
tun hatte, aber er ließ es sich doch nicht nehmen, mir einige Leckerbissen
zuzusenden, darunter auch ein Gericht gebratener Heuschrecken. Sie
schmeckten gar nicht schlecht, aber nach zweien bis dreien grauste mich
doch zu sehr; der Schlangenfraß, den mir mein Diener vorsetzte, hatte
mir den Appetit auf chinesische Extrawürste .ganz verdorben.
In Weihsi, wo ich den 15. und 16. blieb, verlängerte ich den Vertrag
mit meinen Maultiertreibern bis Lidjiang. Sie hatten sich gefürchtet, dorthin
zu gehen, da man dort Pferde requiriere, aber hier offenbar beruhigende
Auskünfte bekommen. Mein Diener konnte freilich nicht verstehen, wie ich
die Einheimischen behalten könne, wo es doch billig chinesische Mafus
gegeben hätte. Mir aber war es wieder gar nicht um störrische Chinesen
und Tiere mit eiterbedeckten Rücken zu tun, da ich Tibeter hatte, die
mit besorgtem „Alee“ auf den geringsten, bei ihrer Packungsweise eher
auf der Schulter auftretenden Druck achten und mich noch um Medizin
dafür baten. Dem als intelligent und fremdenfreundlich bekannten Beamten
kündigte ich meinen Besuch für drei Uhr Nachmittag an, traf ihn dann