
dann, erst durch das langgestreckte, bebaute, beiderseits von Gebirgen mit
westlichem Einfall begrenzte Becken von H o d jin g , aus dessen Südende der
von Lidjiang kommende Dungschang-ho sich durch eine Schlucht einen Ausweg
zum nahen Yangdse bahnte, dann über einen anscheinend mit einer
alten Moräne gedeckten Felsriegel, den er ebenfalls in einer kurzen Klamm
durchbricht, an die westliche Flanke des Lidjianger Beckens in seinem
Südost-Zipfel und über eine kleine vorgeschobene Nase in dieses selbst
und mit einer recht reichen Ausbeute, die wegen der vorgeschritteneren
Jahreszeit doch im ganzen sehr verschieden von jener des ersten Reisejahres
war, am 28. Mai nach L id jia n g an den Fuß des Riesen, der die
Sehnsucht'jedes Bergfreundes erwecken muß.
BERGFAHRTEN UM LIDJIANG
Ein Festmahl.—Frühjahrsblüten desYühmg-schan. — Ein Aussichtspunkt in 4500 m Höhe.—
Die Riesenwand des Hauptgipfels und ihr Gletscher. É | Bergkrankheitszeichen. — Gerichtlicher
Augenschein. - Der Yao-schan bei Ganhaidse. Der Moränenzirkus und die
Schlucht Lokü.
In Lidjiang erfreute ich mich wieder tatkräftiger Hilfe des Missionärs
A. K o k , der mir nicht nur Geld vorstreckte, als meine Überweisungen
nicht rechtzeitig eintrafen, - und mich mit dem neuen Bezirksbeamten, mit
dem er auf sehr gutem Fuße stand, bekanntmachte, sondern auch — und
das war die Hauptsache — ein Barometer zur Ablesung der Stände als
Basis für die Berechnung der Höhen an meinem weiteren Reisewege übernahm.
Leider hat er mit dieser Arbeit nicht ganz durchgehalten, so daß
die Berechnungen aus dem Mekong—Doker-la-Gebiet in diesem Jahre nicht
mehr darauf beruhen. Durch Vermittlung eines seiner Leute gelang mir auch
die Farbenaufnahme dreier rassenreiner Tibeter aus Djiatsclirin ( „ Hsiangtschen“
der Chinesen), von jenem berüchtigten Stamme, dessen Lamas im vorigen
Jahre die Ermordung des Père Th. M o n b e ig , eines auch botanisch tätigen
Missionärs, angezettelt hatten. Es ist nicht ganz leicht, den Widerstand der
Tibeter gegen das Photographiertwerden, das Vorurteil, daß ihnen damit „die
Seele herausgenommen wird“, zu überwinden. Der Beamte war ein sehr
intefligenter jüngerer Mann, an der Universität Tokio Graduierter der Rechte,
auch in europäischen Umgangsformen gewandt, obwohl er keine westliche
Sprache beherrschte, aber als Beamter eben auch Chinese, der in der Rechtspflege
über das Erprügeln von Geständnissen nicht hinauskam. Er lud alsbald
K ok und mich samt einigen chinesischen Freunden und Beamten auf 9 Uhr
morgens zu einem Gastmahle. Wir beide kamen um 1/2 10 Uhr und waren
natürlich die ersten. „Ja, ja “, sagte er, „wenn man mit dem Europäer
ausmacht: um 9 Uhr, so ist er eben da, den Chinesen muß man um