
Weiden und Corylopsis velutina stehen. Ich durchquerte diesen dichten
Bestand am Steilhange hin mehr kriechend und rutschend als gehend recht
uberflüssigerweise auf einige Bäumchen zu, die mich von ferne getäuscht
hatten, fand aber dahei viele Moose unter den kleinen Felsabsätzen, wie
die unserer großen schönen Bartramia Halleriana ähnliche neue Anacolia
Sinensis. An die Bambusse kann man sich glücklicherweise anhalten, denn
sie schneiden nicht, sonst wäre das Fortkommen wirklich schwer. Die
alten Stämmchen knacken beim Brechen wie Porzellanteller. Vom Durchqueren
eines verbrannten Dschungelteiles gestreift wie ein Zebra kam ich
nach Hause, auch mit topographischen Erfolgen, obwohl die höchsten
Berge, wie der im Hintergrund der nördlicheren Taläste schroff abfallende,
etwa 4300 m erreichende Dahutu im Norden, in den oberen Teilen von
Wolken verhüllt waren. Zerstreut liegen kleine Dörfer auch im obersten
Teile des Tales, darunter manche von Lolos, und nur armseliger Buschwald
bedeckt die sanfter werdenden Hänge bis auf den Hauptkamm zum
Passe L ian g sc h a n p u , 3350»», von dem es nach Südwesten weiter durch
ein rechts von westlich einfallenden Kalkbänken überhöhtes Tal recht
allmählich hinabgeht nach Yenyüen, wo wir am 12. Mai eintrafen.
Die Herberge in der Mitte der Stadt war zwar nicht schlecht, aber
etwas zu offen und die Bevölkerung äußerst zudringlich, nur durch einen
gelegentlichen Guß Wasser aus der Tür waren die Leute zum Zurückweichen
zu bewegen, und als dies auch nur augenblicksweise half, benützte
Li heißes dazu. Freundlich war der Beamte, der uns auch ein Gastmahl
gab, aber auch er konnte sich nicht satt sehen an unseren Sachen, und
er bat uns, als er hörte, daß wir mit den Missionären in Ningyüen
befreundet seien, wir möchten doch vermitteln, daß er die Lolo, die kürzlich
am Wege dorthin wieder geraubt hatten, verfolgen könne; der Bischof
nehme sie immer in Schutz. Der Regierungskommissär, den wir dort
kennengelemt hatten, hatte denn auch in seiner Angst, als wir ihn
unterwegs begegneten, mindestens zwei Kompagnien als Schutztruppe
mit sich. An das Gastmahl schloß sich die übliche Einladung zum Photographieren.
Einer seiner Unterbeamten, der eine dunkelblaue Nase hatte,
meinte, er sei krank und werde bald sterben und man möge ihn deshalb
doch noch verewigen, und nach zwei Jahren erschienen seine Hinterbliebenen
beim deutschen Konsul in Yünnanfu, das Bild zu verlangen.
Mit mehr Vergnügen nahm ich sein geräumiges Yamen auf, welches das
typische Bild eines chinesischen Amts- und Gerichtsgebäudes bot. Durchs
Tor tritt man in einen großen Hof, an dessen Seiten sich die Gefängnisse
befinden. Hinter Holzgittern eines niedrigen Schuppens stecken eng zusammengepfercht
die Gefangenen, qualmend und durchs Gitter mit den Besuchern
sich unterhaltend; einzelne sind in engen Extrakäfigen mit dem
/
hölzernen „Kang“ um den Hals im Hofe ausgestellt, wie hier ein Opiumraucher,
dessen Vergehen auf diesem Kragen angeschrieben ist. Im Hintergründe
des Hofes befindet sich erhöht in einem gedeckten Raume der
lange, überzogene Gerichtstisch, darauf an der einen Seite in Form einer
.•ausgestreckten Hand die Pinselhalter aus Blech, und dort stecken auch
keilförmige Täfelchen, mit der Vorladung des Richters beschrieben, die
bei der Einholung von Zeugen vorgewiesen werden. Über die Rückwand
ist ein riesiger chinesischer Drache gemalt. Seitlich vorbei gelangt man
in einen kleineren Hof und in seinem Hintergründe ins Empfangszimmer
des Beamten und noch weiter rückwärts in seine Wohnung. Neugebäut,
sieht so ein Yamen, ebenso wie ein Tempel, nett, bunt und ordentlich
aus, nach einem Jahre wirft sich das an sich schlechte und immer frisch
verwendete Holz, und alles ist zersprungen, krumm und windschief, mit
fingerdicken, niemals entfernten Staub- und Schmutzkrusten bedeckt, die
Papierfenster zerrissen und voll Spinnengewebe, kurz, alles so verlottert,
wie man es an Land und Leuten immer sieht.
Am 15. endlich brachen wir nach Kwapi auf. Eigentlich war es recht
überflüssig, daß wir dazu zuerst nach der an Größe Yenyüen mindestens
gleichkommenden Salzstadt M ao k o y en d jin g im Westen geführt wurden,
aber der Umweg war doch von Wert, da wir dort die Salzgewinnung
sehen konnten. Die Sole wird aus gegen 7 m tiefen Bohrlöchern Unter
Kalkkonglomerat geschöpft und in gedeckten Schuppen in eisernen Pfannen
abgedampft. 16 Eimer geben einen schön weißen Salzkegel von ungefähr
70 kg Gewicht. Es wird darauf hoher Litjin erhoben und die erledigte
Bezahlung in roter Farbe darauf gestempelt. Natürlich wird auch viel
geschmuggelt und die Bevölkerung von Yendjing, die sich zum guten
Teil aus Schmugglern und zusammengelaufenem Gesindel zusammensetzt,
macht einen recht unheimlichen Eindruck. Wir gingen daher gerne noch
nach Norden bis an den Fluß, wo in Beitjeho die Leute allerdings auch nicht
viel ansprechender waren. Das um 2600»» hoch gelegene Becken von
Yenyüen ist nur in den ziemlich breiten Talwegen der Flüsse, deren drei
nicht unansehnliche von Norden zufließen, und der Seitenbäche bebaut,
die etwa 100»» tief in die aus Kalken, Mergeln und Schotter bestehende
Ebene einschneiden. Dort liegen kleine Dörfer und viel mehr zerstreute
Höfe, die größeren alle mit weißen Türmen versehen, zwischen Reisfeldern,
und Gärten, den Flußschotter aber bedeckt sparriges, dorniges Pyracantha
crawWa-Gesträuch. Weiter nach Norden wird die Gegend öder, aber der
Überblick immer umfassender, im Süden schließt der um 4000 m hohe
Beling-schan, eine' zuoberst recht zackige Berggruppe aus westlich einfallendem
Sandstein, das Becken ab, im Norden steigt’ das Land allmählich
und von ferne anscheinend wenig gegliedert an zur breiten Masse des