
ein sehr guter Anfang meiner Sammeltätigkeit, dessen Bedeutung ich natürlich
damals nicht gleich erkennen konnte.
Hatten wir bis jetzt, freilich nur flüchtig, günstige Eindrücke von den
aufstrebenden und sauberen englischen und französischen Kolonialorten
bekommen, so war es in Hokou mit einem Schläge damit aus. Eine .
schmutzige Straße mit zum Teil zerfallenden Bambushütten stellt den
ganzen Ort dar und ein jämmerlicher Raum ist es, in dem der Zolldirektor,
ein Franzose, seines Amtes walten muß. Rasch entführte uns
morgens der Zug und brachte uns gleich durch einen kurzen Tunnel vom
Roten Flusse weg an den Namdi, dem die 1910 vollendete Bahn nun beinahe
bis zu seinem Ursprünge folgt. Sie dringt 465 km weit bis zur
Provinzhauptstadt Yünnanfu nach China ein und ist entschieden ein
großartiges Werk, das in einem sehr schwierigen Gelände bei 1000 Menschenleben
und über 160 Millionen Franken kostete. Während Laokay in 90 m
Seehöhe liegt, liegt die Endstation 1900 m hoch, der höchste Punkt aber
2025 m, ein zweiter Höhepunkt der Bahn, 650 m über dem Tale des
Kantoner Westflusses, das sie durchfährt, in 1709 m Höhe. Die Züge fahren
auf der Schmalspurbahn (1 m Spurweite) nur bei Tage, daher die Fahrt
von Laokay bis Yünnanfu zwei Tage dauert. Das Tal des Namdi verläuft
teilweise parallel dem Roten Flusse. Es wird immer enger, wenngleich die
Steigung noch unbedeutend ist. Steile, kahle Hänge, nur streckenweise mit
Wald oder Busch bedeckt, der dann tropische Zusammensetzung hat,
säumen es ein. Die Chinesen sind die größten Waldfeinde; alles verbrennen
sie, auch die Steppe, die nach dem Walde sich verbreitet. Überall sieht
man die Berghänge brennen; zu welchem Zwecke, ist nicht recht einzusehen,
denn Kulturen treten nicht an Stelle der ursprünglichen Vegetation,
auch werden sie kaum als Weide benützt. Ein Schmetterlingsblütler (Mu-
cuna bracteata) mit nahezu schwarzen Blütentrauben windet an Sträuchern
und hohen Gräsern und erfüllt die Luft mit schwerem, äußerst widerlichem
Geruch. Die kahle Landschaft mit gleichmäßig steilen Hängen ist
recht langweilig und wird erst gegen Wantang, wo die Bahn zu steigen
anfängt, abwechslungsreicher. Das Tal bildet dort eine schwer zugängliche
Schlucht, deren Tiefe unzerstörter Wald — tropischer Savannenwald
_ erfüllt. Die Bahn steigt über Brücken und durch Tunnels hoch
an einer Lehne aus sedimentärem Schiefer, von Kalken überragt, durch
eine Landschaft empor, die wenigstens jetzt im Winter in Formen und
Farbe an jene über der Waldgrenze am Brenner oder in manchen Teilen
des Vinschgaues erinnert. Eine Schleife im Seitental des Bei-ho bringt
den Schienenstrang um ungefähr 300 m höher. Den Bei-ho selbst übersetzt
zwischen zwei Kurventunnels eine 90 m hohe eiserne Brücke, die
Anlage erinnert mit ihren Tunnels, Galerien, Viadukten vielfach an den
Semmering, die kahle Landschaft kann sich aber trotz der viel größeren
Ausmaße keineswegs an Schönheit mit ihm messen. Zu spät hat man
entdeckt, daß man die Bahn an der falschen Talseite angelegt hat, wo
man die in steiler Neigung selbst den Hang bildenden Schichten anschnitt
und daher fortwährend mit Rutschungen zu kämpfen hat, die in jeder
Regenzeit durch mehrere Monate die Trasse verschüttet halten; wie böse
Zungen behaupten, immer abwechselnd in einem Jahre im Bereiche des
einen Unternehmers, im nächsten Jahre in dem des anderen. Eine kurze
Schlucht, in der die Bahn hart am Bache aus dem Felsen gesprengt
dahinführt, und bald betritt man die echte Karstlandschaft des Hochlandes
von Yünnan, in den Tiefen bebaut mit stufenartig angelegten Reisfeldern,
oben von steilen zackigen Bergketten gekrönt. Unter Loschuitang wird
wieder eine kleine Talstufe, über die der Bach in kräftigem Wasserfall
herabstürzt, mittels einer Schleife erstiegen, später durch einen 315 m
langen Tunnel das Becken von Möngdse erreicht.
Reisfelder schillern in der Tiefe, in der Feme der See. Die Stadt, über
6 km von der Bahn entfernt, ist in dem von roter Eisenerde erfüllten,
gefelderten Becken in der Abendsonne kaum zu erkennen. Die hohe Bergkette
des Dahe-schan mit vielen unbedeutenden Gipfeln bildet den Horizont.
Durch zerrissene Karrenfelder ist die Bahn überall in den Fels gehauen,
sie durchfährt kleine Senkungsfelder (Poljen), mit. Gemüse, Pferdebohnen,
etwas Bananen und Rizinus bepflanzt. Sonst ist die Bodendecke eine hochwüchsige
Steppe aus sauren Gräsern. Am i-d sch o u an einem Arm des.
Beida-ho, des Westflusses von Kanton, ist die Nachtstation. Von dort geht
es noch ein kleines Stück abwärts an diesen selbst und dann gerade nach
Norden sanft aufwärts den ziemlich wasserreichen Fluß entlang auf weite
Strecken durch tiefe steilwandige Schluchten, deren Hänge mit dichtem,
größtenteils immergrünem Busch und niedrigem Wald bedeckt oder aus
dunklen senkrechten Kalkfelsen gebildet sind und so etwa an manche
Strecken des Ennstales um Klein-Reifling oder die Innschlucht unter Imst
gemahnen. Dazwischen liegen spärliche bebaute Weitungen mit Lolo-
Dörfern, die Häuser aus ungebrannten Lehmziegeln gebaut mit winzigen
Fenstern und hohen Strohdächern, und mitunter grüne Föhrenwälder. Es
ist der zweite Fehler der; Bahnanlage, daß man diese wohl hinsichtlich
der Gegensteigungen, aber sonst sicher nicht günstigere, beinahe ganz
unbewohnte Strecke dafür wählte, statt der westlicheren, wo in den
fruchtbaren Becken an i den Seen blühende Städte liegen. Die einzige,
die wir noch berühren, ist Yiliang (1690 m). Am Nordwestende
seines reich bebauten Beckens biegt die Bahn, den Beida-ho verlassend,
scharf nach Westen und steigt stark an durch eine Schlucht mit niedrigen,
senkrechten Felswänden durch viele Tunnels und über Viadukte, hier