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die kartographische Aufnahme für selbstverständlich hält. Freilich, ich
bleibe bei der Natur, zu der auch das Primitive am Menschen zählt.
In der Karte bemühte ich mich, dem jetzigen Stande der Landesaufnahme
gerecht zu werden und insbesondere die Oberflächenform richtig darzustellen,
die man auf keiner der heute bestehenden Landkarten einigermaßen
befriedigend findet. D avies' Karte im Westen und S t ie l e r ’S Handatlas
im Osten sind die Grundlagen. Den Lauf des Yangdse-djiang von
Tsilidjiang bis Suifu übernahm ich von A üdemard, 1 L egendre’S und
B a c o p s 2 Karten wurden ebenfalls eingearbeitet, und meine eigenen Aufnahmen
ergaben Änderungen im Gebiet der Lidjianger Schleife, eine Neuzeichnung
des Hochlandes von Dschungdien und von Yungning—Yungbei
und des oberen Salwin-Gebietes bis zum Irrawadi, während im Osten die
weitere Umgebung stellenweise ah meinen Reiseweg angepaßt werden
mußte.3 Vom 103. bis zum 110. Längengrad freilich, wo ich nur einmal
und ziemlich geradlinig durchkam, konnte ich das weiter abseits Gelegene
auch nur schematisch andeuten.
Die in dem Buche angeführten lateinischen Pflanzennamen beruhen ausnahmslos
auf wissenschaftlicher Bestimmung des gesammelten und in erster
Linie im botanischen Institute der Wiener Universität hinterlegten Materials.
Was man gewöhnlich in Werken über China sucht und findet,
Kunst, Jagd und anderes, wird man hier vermissen, und wenn der Ethnograph
nicht ganz auf seine Rechnung kommt, so liegt dies darin, daß es
die Aufgabe des Botanikers ist, möglichst viel außerhalb der Wohnstätten
zu sein, in der Unterkunft aber die Aufarbeitung seiner Sammlungen ihn
völlig in Anspruch nimmt. Doch verzeichne ich alle Beobachtungen, die von
Wert sein können, kurz, sachlich und ohne Erörterungen. Von diesem
Standpunkte aus mögen mir auch manche Leser verzeihen, wenn ich ihre
Vorstellung von den Chinesen etwas trübe. Die in der Kriegs- und Nachkriegszeit
erwachte Erkenntnis der ganzen Schlechtigkeit der weißen Rasse
hat viele auf die Suche nach Besserem geschickt. Mag sein, daß man es
bei den Indem findet. Ich bin aber nicht Historiker und könnte mich
auch als solcher nicht durch einstigen Glanz blenden lassen, wo heute
überall die Kehrseite hervortritt, und die Grenze zwischen Geschichte und
Fabel ist im fernen Osten sehr verwischt.
Aber in der Erinnerung verschwindet gegenüber dem Genußreichen
das Schlechte, wie das mitunter entsetzliche Essen, das nur dann Eindruck
1 La Géographie XXIV.
2 Le Tibet révolté.
3 Näheres darüber in: Denkschriften der Akademie d. Wissenschaften in Wien, Bd. 97
(Nordwest-Yünnan und Süd-Setschwan), Bd. 101 (Hunan), und Kartographische Zeitschrift,
Bd. 10 (Guidschou).
macht, wenn man Zeit hat, darüber nachzudenken, oder die Sisyphusarbeit
in der Regenzeit, die als die Blütezeit gerade für den Botaniker die
Hauptarbeitszeit ist. Das Glück der Freiheit hatte ich, wie keiner daheim
in dieser Zeit. Selbst stellte ich mir die Aufgabe; ihre Erfüllung in der
tropischen Üppigkeit nebeldurchzogener Wälder, im weichen Teppich der
herrlichsten Blumenwiesen der Erde und auf den blütenprangenden Matten
und Graten schneegekrönter Berge von doppeltem Ausmaße der unseren
war auch Hochgenuß, und nie kam mir die Freiheit mehr zum Bewußtsein,
als wenn ich, auf glänzendem Pferde erhaben über den Staub des Bodens
und fern vom elenden Tun der Menschen, die Größe der Natur bewundernd
und festhaltend, durch unerforschte Landstrecken zog.
Erfolgreiche Arbeit in fremdem Lande fremder Zunge ist aber nicht
möglich ohne die Hilfe dort ansässiger Europäer, und solcher erfreute ich
mich auch in ausgiebigem Maße. Ihre Verdienste dankend zu würdigen,
habe ich in dem Buche Gelegenheit gefunden. Aber auch bei den Vorbereitungen
und nach der Heimkehr brachten viele der Expedition tätiges
Wohlwollen entgegen, und diesen sei gleich hier gedankt, während die
Anführung der vielen Fachgenossen, die mir bei der wissenschaftlichen
Bearbeitung der Sammlungen behilflich sind, nicht in den Rahmen dieses
Buches fällt. Preisermäßigungen gewährten die Firma W e s t e n d o r p und
W e h n e r für photographische Platten und der N o rd d e u ts c h e Lloyd für
die Fahrkarte; die ö s te r r e ic h is c h e n S ta a ts b a h n e n bewilligten freie
Fahrt nach Triest, der Ö s te rre ic h is c h e Lloyd seinerzeit freie Fracht
für die Sammlungen; die Firma G. Z e i s s stellte mir .leihweise einen
Telemeter zur Verfügung, der leider zu spät nach China kam, als daß ich ihn
hätte benützen können, Architekt H. K m u n c k e einen Sextanten, in dessen Benützung
mich Dr. K r u m p h o l z an der Universitätsstemwarte in Wien unterwies.
Die Direktion der m e te o ro lo g is c h e n Z e n tr a la n s ta lt hier lieh mir
zwei Aneroide und Dr. B i l l w i l l e r in Zürich vermittelte die Beobachtungen
von französischen und englischen Stationen, die ich zur Höhenberechnung
verwenden konnte, bevor wir den Verkehr mit diesen Staaten
wieder aufgenommen hatten. Unser Gesandter in Peking, Dr. A. R o s t h o r n ,
ließ mir nicht nur die diplomatische Hilfe angedeihen, sondern streckte
auch Geld vor und hat mir unermüdlich die Aufzeichnungen meines
Sammlers übersetzt und bei der Umschreibung der chinesischen Namen
geholfen.1 G. S c h n e id e r stellte zwei seiner Aufnahmen (Bild 20 und 4 3 ) für
i Die Umschreibung ist die deutsche lautgerechte, wie sie LESSING und OTHMER
einführten, nur schreibe ich statt a u : ao und, der Aussprache der Südchinesen entsprechend,
oft w statt u. Wenn man berücksichtigt, daß j für weiches sch steht, und
mitunter statt weicher Buchstaben harte, statt tj und dj : k und statt y : j setzt, so findet
man die Namen ohne weiteres in den übrigen deutschen Werken, Atlanten usw. wieder.