
durchlochtcn Kesch kennen, hier, kaum fünf Tage von der Hauptstadt entfernt!
Dann kehrten wir auf holperigem Wege heim. Ich wählte den
besten Teil und blieb auf dem Pferde. S chneiders junges, übermütiges
Pferd brach aus in die Büsche und mußte erst wieder eingefangen werden.
Dabei fiel der Mafu in einen tiefen Graben und verlor seines Herrn Spazierstock
darin, der erst nach emsigem Suchen gefunden wurde. Erst spät in
der stockdunklen Nacht kamen uns Leute vom Dorf mit Kienfackeln entgegen
und beleuchteten den Weg. Am nächsten Tage schlug der Regen
in Schnee um, in dem gänzlich offenen Raume wirbelten die Flocken auf
Decken und Schlafsack und am Boden neben den Feldbetten bildeten sich
Lachen. War es des Schnees halber oder war sonst ein Opfertag, es
kamen Leute in Mengen in den Tempel, um glimmende Opferkerzen in
die Becken zu stecken, die mit ihrem schwelenden, für manche, aber nicht,
für uns, wohlriechenden Qualm den ganzen Raum erfüllten. Auf eine Andeutung
unserseits hin packte rasch entschlossen ein Kuli alle zusammen
und stellte sie in den Hof hinaus, wö sie in der frischen Luft lichterloh
niederbrannten. Man stelle sich das in einem christlichen Lande vor, daß
Fremde vor den Statuen in einer Kirche sich einquartieren und die Kerzen
oder Weihrauchfässer hinaus werfen, weil sie ihnen zu sehr stinken. Ein
religiös duldsameres Volk als die Chinesen kann es wirklich nicht geben.
Sobald der Schnee etwas abzutauen begann, bestieg ich den Laoling-schan
nördlich des Dorfes, der recht schönen Lithocarpus-Wald trägt. Viele Blüten,
besonders die großen zarten hatte der Schneefall erfrieren gemacht, daher
zogen mehr die vielen Moose an den Baumstämmen mein Interesse auf sich.
Am Morgen unserer Abreise erschien plötzlich, in einen europäischen
Kakianzug gekleidet, ein Boy aus Yünnanfu, einer jener vielen, deren Dienste
wir schon abgelehnt hatten, mit einem Brief unseres biederen Landsmannes
von der Post, des folgenden Inhaltes: Unser Karawanenführer habe ihm
von der Reise einen von allen unseren Kulis unterschriebenen Brief geschickt,
den er beilegte, worin diese erklären, unser Hauptdiener Li beschimpfe
und schlage sie immer, sie können sich dies nicht weiter gefallen
lassen, sondern werden im Gebirge irgendwo über ihn herfallen und ihn
erschlagen; er bitte uns daher in unserem Interesse, Li zu entlassen, und sende
uns zu seinem Ersätze den neuen Diener. Die Kulis, denen wir dies erzählten,
lachten hell auf. und unterschrieben zusammen mit jenem „Obermafu“, der
mitgekotnmen war, daß sie mit Li vollständig zufrieden seien. Das ganze
war ein plumper Versuch des in Yünnanfu verschwundenen Karawanenführers
gewesen, mit gefälschten Unterschriften Li, der seinen Schwindel
entlarvt hatte, das Geschäft zu verderben. Er kostete uns wieder 10 $
Reisegeld für den nachgeschickten Mann, auf den wir natürlich verzichteten.
Wir wandten uns erst nach Westen, dann nach Norden dem Djinschadjiang1
zu. Es geht im allgemeinen noch sanft aufwärts, bis ein flacher
Sattel in 2400 m Höhe erreicht ist.
Dort ändert sich mit einem Schlage die Landschaft. Steile Schluchten
führen hinab zum Fiußtal, dessen Tiefe nicht zu ergründen ist. Schmale
Grate und klotzige Gipfel springen zwischen ihnen vor und schießen in
senkrechten Felsfluchten oder jähen, kahlen, immer nachrutschenden Schutthalden
dort hinab. Nur oben klebt noch etwas Wald, unten ist alles dürr,
pflanzenlos auf den ersten Anblick. Zum Greifen nahe erscheint gegenüber
das gleich gestaltete Hochland von Huili in Setschwan und doch ist es
von uns durch den Strom getrennt. Unser Weg führt zunächst ein gutes
Stück an einer Kante hinaus, dann rechts’ ras eh hinunter in eine der
Steilen Seitenschluchten. Beim Dörfchen D sch enm in d ö beginnt die subtropische
Xerophytenvegetation der Tiefe. Im dürren Zustande rotbraune
Gräser bedecken als Steppe den Boden, der hier über Urgesteinen mehr
gelbe und graue Töne zeigt. Besenartige Sträucher, welche den über xjz m
hohen Graswuchs kaum überragen, sind ein braunblütiger Ampfer
(Bumex hastatus) und mehrere schön blau blühende, teilweise dornige
Akanthazeen (Barleria Mairei, Cystacanthus Yunnanensis); größere Sträucher
und die Bäume, die hier nur geringe Höhe erreichen, haben meist einen
oben ausladenden, schirmförmigen Wuchs und hie und da dicke, lederige
oder silberig behaarte, meist aber nur kleine, unscheinbare Blätter. Sie
bilden die Formation eines Savannenwaldes. Nouelia insignis, ein Korbblütler
mit einzelnstehenden hühnereigroßen, weißen Blütenkörben, und Delamya
toxocarpa, mit rosafarbenen, duftenden Blüten überladen, zwei auf Yünnan
und Südwest-Setschwan beschränkte Baumgattungen, treten darin besonders
hervor, während' Quercus dilatata im nordwestlichen Himalaya wiederkehrt.
Noch etwas weiter unten kommen zwei mächtige Bäume mit tiefroten Blüten,
die sich vor der Entfaltung der Blätter öffnen, hinzu, Bombax Malabarica
und Erythrinci stricta. Die Opuntia monacantha ist nicht einheimisch hier,
sondern in großen Massen eingebürgert, wohl aber eine ebenfalls kaktusähnliche
Euphorbia-A rt, die sonst im Himalaya vorkommende E. Boyleana;
sie bilden mit Granaten zusammen Hecken. Ob die saftstrotzende Jatropha
Cureäs, aus deren Samen Öl gewonnen wird, einheimisch ist, bleibt noch
zu untersuchen. An Felswänden sieht man hier in besonderer Menge die
über handgroßen Rosetten der S.elaginellä involvens, die sich bei Trockenheit
zu Kugeln zusammenrollen und bei Feuchtigkeit flach ausbreiten,
und die von weißen Haarspitzen zottigen kriechenden, bärlappähnlichen
Stämmchen der Selaginella Wightii; darüber hängen von den Gesimsen
i Dies in ganz Yünnan der Name für den „Yangtse-kiang“, ein Wort, das, richtiger
Yangdse-djiang umschrieben, nur einen kurzen Arm im Unterlauf bezeichnet.