
in einem weiteren fanden wir Ersatz; es waren lauter Bauernhäuser, die
uns nicht aufnahmen und deren Bewohner auch nicht recht freundlich
taten. Bei umwölktem Himmel wurde es stockdunkel, bis mich im Dorfe
B a n s c h a n ein Freund der protestantischen Missionäre in Ningyüen in
sein leidliches Haus einlud. Herberge gibt es auch dort keine. Um halb zehn
Uhr kam endlich die Karawane, von entgegengeschickten Fackelträgern
geführt, an. Bis auf den Pflanzenstoß waren alle Lasten, einschließlich
Papieren, angeblich von einer zusammenbrechenden Holzbrücke ins Wasser
gefallen und gut durchnäßt. Am nächsten Vormittag gab es daher Trockenarbeit
und erst mittags Abmarsch nach Pudi-dschou, nachdem der dortige
Polizeibeamte zu einer Amtshandlung mit Böllerschüssen eingeholt war
und neben mir, meinen aus dem Leim gehenden Reiserock anschielend,
Platz genommen hatte und wir beide gemeinsam bewirtet worden waren.
Durch eine kleine Schlucht, an deren Sandsteinfelsen sich der zierliche Didymo-
carpus stenanthos fand, dann durch Eichenwald mit Mengen ansehnlicher Be-
gonia Taliensis mit großen, spitzlappigen, weiß gezeichneten und rot geränderten
Blättern im Untergrund, und über den mit Kiefern bewaldeten
niedrigen Sattel, schließlich durch ein Tal hinaus geht es nach Pudi. Der
Sattel liegt in der Wasserscheide zwischen Nganning-ho und Yalung, die hier
sehr wenig ausgesprochen, wenig über 2000 m hoch, abgeflacht und ungleichmäßig1.
gegliedert ist und aus rotem Sandstein besteht, während er im
Tale graue Farbe hat und Kalkklötze einen niedrigen Rücken bilden,
der die kleine Ebene vön P u d i trennt. Morgens, wie die Sonne die
kürzlich geschnittenen Reisfelder besehend, knistert es beim Erwärmen
und Zerbersten der dürren Stoppeln ganz sonderbar, dann und wann vom
Wege aus hörbar, beinahe ununterbrochen aber, wenn man sich im Reisfeld
niederkauert.
Der weitere Weg am steilen Hange des Tales hinab gelangt wieder in
den Tonschiefer, den wir in den tiefen Flußtälem immer finden, und später
in Quarzglimmerdiorit. Gegen den Yalung wird er sehr schmal und schlecht,
die Pflanzenwelt ist aber reich und unbeschädigt, subtropisch, die Luft feucht.
Es war das einzige Mal in diesem Jahre, daß ich von einer Treibhausluft
sprechen konnte, trotzdem mittags nur 23° G zu messen waren.
Niedergebogen von der Last der großen Menge wiewohl zarter Blätter
und Rispen hängen die mehrere Meter langen, quirlig verzweigten, dünn
rohrartigen Halme des Andropogon assimilis über den Hang; die Sträucher
(Oirinamomum Delavayi) sind durchsponnen von spreizklimmender neuer
Mussaenda simpliciloba, die ihre schmalen orangegelben Blüten mit schneeweißen
Deckblättern als Schauapparat umgibt, von wiüdendem Knöterich
(Polygonum Aubertip) mit reichblütigen, gelblichweißen Rispen und Strepto-
lirion volubile. Mit meiner Browning schoß ich einen großen Uhu, der sich
erlaubte, bei hellichtem Tage um den Weg sich herumzutreiben; er wurde
abends abgebalgt und eingesalzen, dann zum Trocknen auf eine Last
gebunden, bei deren Herabfallen der Balg leider später zerriß. Das Nachtquartier
war L a n b a auf einem Rücken vor dem Yalung. Die Karawane
kam wieder spät an, die Last mit Küchenkiste, Feldbett und Decken fehlte;
sie war von einer felsigen Stelle, wo der Weg aus Stufen gebaut ist, in
eine steinige Rinne tief hinabgestürzt, während das Pferd noch am Zaume
erhalten wurde, und in der Dämmerung liegengelassen worden. Zu meinem
Glücke war Lanba vor kurzem abgebrannt und daher waren die Bettgestelle,
Strohmatten und Eßgeschirre der Chinesen ganz neu, und von ihrem Reis
konnte man ja immer leben. Widerlich war nur, daß bei der Beschränktheit
des Raumes das Zusammenschlafen mit Kulis nicht zu vermeiden
war; W ang hatte aus Angst vor energischerem Auftreten diesen gegenüber
auf meinen Auftrag, mir im Zimmer mehr Platz zu machen, wohl in der
Erinnerung daran, daß ich gerne außerhalb der Chinesenräume schlafe,
sogar die dummdreiste Antwort: „Schlafe halt vor der Tür“, wo das
Dach kaum vorsprang und der Himmel schwarz von anziehendem Gewitter
war. Am nächsten Morgen ging es also zunächst ans Einholen der abgestürzten
Sachen; die Küchenkiste war in tausend Trümmern, aber es
wurde alles gefunden, die Kochtöpfe etwas zerquetscht und die Lebensmittel
(Zucker, Tee, Brot usw.) über Nacht gründlich durchgeregnet. Beim
Überwachen der Arbeit bemerkte ich zu meiner Freude an dem mir aus
solchen Lagen am Yalung und ober der Brücke von Dsiüdjiang schon
wohlbekannten Baume mit fettglänzenden, rundlichen Blättern, unter dem
ich stand, die unscheinbaren, herabgebogenen Ähren mit zurückgeschlagenen
Früchten, deren Untersuchung mich erst zu Hause erkennen ließ, daß es
sich um Hymenodictyon flaccidum, eine seltene Rubiazee, handelt.
Mittags ritt ich voraus bis zur keine zwei Stunden entfernten Fähre
am Yalung, die Karawane folgte. Der Weg ist sehr schmal und muß an
mehreren Stellen mit meinem Pickel, dessen Stiel bei solcher Tätigkeit
schon längst entzwei gegangen war, verbreitert werden. Ich warte bei der
Fähre unter einem weit ausladenden Banyanbaum und überblicke den
Weg weithin zurück. In senkrecht gepreßtem nordnordöstlich südsüdwestlichem
Verlaufe liegen die Sandsteinschichten mit Quarzbändern frei. Die Zeit
vertreibe ich mir unter anderem mit der Messung der Temperatur des von
der Sonne erhitzten Flugsandes am Flusse, die 46-5° ergibt. Wer bis1
vier Uhr sich nicht zeigt, ist der Mafu. Es ist also keine Aussicht, heute
noch alles überzusetzen und bei der Fähre keine Unterkunft, ich muß
zurückkehren, zu sehen, was los ist. Dort sitzt er am Wege, hat abgeladen
und kocht Reis, nachdem er eine.schmale Stelle gangbar gemacht hat.
Es war das einzige Mal, daß W ang eine Spur von Tatkraft entwickelte,