
Bewohner sind wohl vor den Plackereien durch vorbeiziehende Soldaten
des sich militarisierenden China ausgewandert.
N g an sch u n liegt an einem ansehnlichen in südöstlicher Richtung
durchfließenden Fluß. ’Die geographische Breite der Stadt war wohl schon
richtig gemessen worden, aber die Länge ist eine wesentlich andere als
in den Atlanten ersichtlich, nach der Auftragung meiner Wegaufnahme
1 0 5 ° 5 8 ' 3 0 " östlich von Greenwich, also noch- etwas mehr als die
Angabe in D avies’ Karte „about 3 5 miles to Kweiyang“, nämlich 8 0 km
westsüdwestlich der Hauptstadt. Der Weg führt ziemlich geradlinig durchs
Land durch eine ähnliche Furche nach Nganpmg. Als mein Mafu einmal
ein Pferd vor einen Pflug gespannt sah, allerdings ein recht jämmerliches
Bildchen, das auch das einzige blieb, konnte er nicht genug staunen,
desgleichen über den Verkauf von Pferdefleisch, das hier nicht selten
gegessen zu werden scheint. Neue, großblätterige Bäume, einige davon
schon seit der Gegend von Gwanling, kommen zu den Gharakterpflanzen
der Hügel Wälder dazu: Pauloumia tomentosa, Cercis Chinensis, Firmiania
simplex, alle drei jetzt mit viel Braun zwischen dem dunklen Laub, die
letzte in den filzigen jungen Blütenständen, die anderen an ihren dicht
gehäuften Früchten. An den kahlen Felsklippen finden sich schöne Gesne-
* razeen, Didymocarpus eburneus mit dick fleischigen Blättern und großen,
hängenden, violetten Blüten und jetzt unentwickelter Lysionotus pauciflorus,
dann ebenso häufig das kleine, gelbe, drüsenreiche Sedum drynarioides.
Sonst aber macht sich überall die Buschwiese breit; edles ist unter Im
hoch, noch blühen wenige Gräser, wohl aber die Sträucher und Halb-
sträucher, mehrere Schmetterlingsblütler, Lespedeza, Desmodium und Indigo-
fera in mehreren Arten, besenartig oder pyramidenförmig verzweigt und
mit verschieden rosa getonten Blüten übersät, die bei Lesp. formosa sehr
ansehnlich sind und vom silberglänzenden Laube schön abstechen, Castanea
Seguinii m it‘Mengen gelblicher Blütenwalzen, das. goldgelbe Hypericum
Hoökerianum, die neue Salix praticola und andere. Auch schönblütige
Stauden und Kräuter mischen sich darein, als die ansehnlichste von allen
die Melastomazee Osbeckia crinita mit großen dunkel rosafarbenen Blüten
in lang rot borstenhaarigen Kelchen, dann Platycodon grandißorus mit tiefblauen,
recht flachen Glockenblüten, Iris tectorum, rosa Belamcanda Sinensis,
Anemone Japonica und Senecio Argunensis. Unser Adlerfam ist häufig
und als Untergrund Nephrodium xylodes oder ein anderes unserem The-
lypteris ähnliches, und so läßt die ganze Formation Anklänge an die unter
ähnlichen klimatischen Verhältnissen gedeihende gewisser Strecken im
Salwin- und Irrawadigebiete nicht verkennen, zumal da auch Betula lumini-
fera hie und da als Bäumchen vorkommt. Zum ersten, aber gleichzeitig
für geraume Zeit auch zum letzten Male sali ich heute hier in
1 3 0 0 m Höhe Tee gepflanzt, in Reihen zwischen dem Mais, recht zerzauste
Büsche, die Zweige mit Flechten überzogen, für die sie wohl die Schädigung
durch das Abnehmen der Blätter empfindlich macht. In einem
Teehause setzte man mir mit Stolz das einheimische Erzeugnis vor. Bei
Yünnanfu hatte man von der Landbauschule aus am Fuße des Tschang-
tschung-schan allerdings auch ein wenig angebaut, ich weiß aber nicht,
ob er sich gehalten hat.
Am nächsten Tage, jenseits der nach Süden entwässerten Talfurche
von Nganping, gibt es wieder Abwechslung in der Landschaft. Eine
Kalkkette fällt südwestlich ein unter die Mergelköpfe eines niedrigeren
Zuges davor. Am Fuße liegen richtige mesophile Wiesen mit viel
Knäuelgras und geläufigen mitteleuropäischen Blütenpflanzen, wie Daucus
Carota, Senecio Argunensis, Agrimonia Zeylanica (?), Brunella vidgaris, Hypericum
perforatum und Lotus corniculatus. Auf trockenem Sandstein finden
wir wieder den Vacciniutn-Busch Yünnans (V. camphorifolium und fragile)
mit kleiner Gleichenia linearis, bald aber sind wir wieder zwischen Kalkkegeln,
folgen aber den Schichtflächen des nordwestlich sehr leicht gefalteten
Landes. In einem kleinen Engpasse fand ich mein letztes Edelweiß
in China (Leontopodium artemisiifolium), auch Hecken und Gebüsche werden
wieder interessanter. Die große, lindenblätterige Comazee Torriccellia tilüfolia
ist häufig, und die tuffigen Ränder der Bäche säumt nebst Weiden das
Schneidegras, Mariscus Chinensis, in dichtem Bestände ein. Wir queren in
1 2 0 0 m Höhe einen Fluß und erkennen, daß wir eine unmerkliche, aber
wichtige Wasserscheide überschritten haben, jene zwischen Yangdse-djiang
und Beida-ho, dem Oberlaufe des Westflusses von Kanton, denn er kommt
von Süden, nach seiner Stärke zu schließen, von weit her. Während in
dem überall ziemlich gleich hohen Lande Fernblicke sonst fehlen, gibt es
hier einen schönen nach Norden über eine grüne Senkung auf zwei Berge,
der eine mit einem Tempel und bewaldet, zwischen denen der Fluß nach
einem schwachen östlichen Buge hinaustritt. Jenseits des Flusses, vor dem
Städtchen T s c h in g d s c h e n , bekam ich wieder einige Föhren zu sehen,
deutlich eine andere Art als die Yünnans, wenn auch eine nahe Verwandte.
Die kürzeren und dünneren Nadeln und ihre dunklere Farbe fallen sofort
auf, wenn man jene in frischer Erinnerung hat. Es ist Pinus Massoniana,
die bis m die Tropen verbreitet ist, und mit ihr gleichzeitig tritt ein
mächtiger, Platanen ganz ähnlicher und auch mit ihnen verwandter Laubbaum
zum ersten Male auf, Liquidambar Formosgna, der uns nun ebenso
treu bleibt.
Am 2 7 . Juni erstiegen wir langsam einen Sattel von 1 3 2 0 m Höhe
und nachmittags ging es ununterbrochen hinab, erst in ein kleines Becken
und dann dessen Ablauf entlang nach Osten. Bald treffen wir wieder auf