
deshalb wandte ich mich an unseren Gesandten v. R o s t h o r n um neue
Empfehlungen von Peking, da ich in diesen Provinzen doch Schwierigkeiten
befürchten zu müssen glaubte, unbegründet, denn man pflegt sich
dort um die reisenden Europäer nicht zu kümmern und auch keine
Bedeckung mitzugeben.
Im Süden und Osten der Stadt liegen Kegelberge, im Norden und
Westen mehr zusammenhängendes Bergland. Der T sc hw e n n in g -sc h a n ,
etwa 200 m über der Stadt, am Rande des Gebirges unweit nördlich
meines Herweges gelegen, war der erste Hügel, den ich, am 1. Juli,
besuchte. Sowohl der Kalk des unteren Teiles, als auch der oßenauf
lagernde Sandstein trägt sehr hochwüchsigen Laubwald aus Quercus
acutissima, Myrica rubra, die in den Blättern und den roten, scharf nach
Harz schmeckenden, aber mit Zucker eingekocht, gut genießbaren Früchten
dem Erdbeerbaum täuschend ähnlich sieht, und Hainbuchen (Carpinus
Fargesiana), denen sich in geringerer Menge andere Laubbäume und etwas
Kiefern und Cunninghamia zugesellen. Den Unterwuchs bildet Kamellie
(Thea oleifera) und Vaccinium Japonicum, ein Strauch mit grünen, flügelkantigen
Zweigen und weißen, Oxycoccos ähnlichen Blüten, und Gaultheria
laxiflora. Mächtige, blütenübersäte Bäume von Meliosma Henryi, einer Rainweide
ähnlich, stehen zwischen den Liquidambar beim Tempel in der
Senkung zwischen den beiden Gipfeln, und an feuchten, schattigen Stellen
dort wachsen mir neue Kräuter, unsere beliebte Garten-Funekie (Hosta
coerulea), Lysimachia trientaloides und capillipes und verschiedene Farne,
auch an den Felsen. Weniger Neues ergab der Du n g -sch an außerhalb
des Osttores, aber er bot einen umfassenden Überblick über die ganze
Stadt und die jetzt überall schon grüne Umgebung; der ruhige blaue Fluß,
der von Südwesten aus dem Gebirge kommt und am Südende der Stadt
gegen Osten umbiegt, zwischen den hellgrauen Mauern der Häuser überspannt
von einer großen Brücke, und weiter draußen hie und da ein kahler, weißlicher
Kalkkegel oder gelbbrauner Mergelstreif bringen Buntheit in das
Farbenbild. Am Bergfuße wird Kalk gebrochen," der als Dünger in die
Reisfelder gestreut wird. Die Heidewiesenformation ergab hier einige interessante
Pflanzen, wie die zerschlitzblätterige, gelbe Potentilla Chinensis.
Auch der N an y o -sch an , im Süden etwas Weiter gelegen, hat eine schöne
Aussicht, wenn man seinen kahlen Gipfel ersteigt. Ein ganz absonderliches
Bild bietet sich dort. Der Berg liegt nur etwas außerhalb einer Reihe von
200—300 m hohen Kegelbergen, die nur da und dort einzeln stehen,
meist aber miteinander verschmelzen und alle zu einem geschlossenen
Kranze angereiht sind, der, etwas in die Länge gezogen, von Norden nach
Süden ungefähr 15 und von Osten nach Westen 5 km Durchmesser hat.
Nach der Form möchte man das ganze für einen riesigen Krater halten,
wenn er nicht nach außen so frei stünde und sein Bau aus Sedimenten
überhaupt so klarläge. Die Kalkschichten des Bergkranzes fallen radiär
nach der Mitte der Mulde ein, darüber liegen aber noch Mergel, zwei
härtere Schichten und dawischen eine weiche, und die härteren bilden
innerhalb des Kalkringes noch zwei niedrige, konzentrische, noch viel
regelmäßigere Wälle, nur im fernen Süden verbirgt es die etwas erhöhte
Mitte der Mulde dem Blick, ob sie auch dort vollkommen zusammenschließen.
Dieser ganze dreifache Ring erhebt sich mitten in einer Ebene,
die sich besonders im Süden davon noch weit hindehnt. Daß die Mulde
durch Einsinken der Mitte ähnlich wie eine Doline entstanden ist, liegt
auf der Hand, was aber den äußeren Rand so- glatt im Kreise abgeschnitten
hat, ist mir rätselhaft. Platycarya, Itea, Cinnamomum, Xanthoxylon,
Ligustrum lucidum, Zitterpappeln und Eichen sind die Hauptbestandteile
des Tempelwaldes, oben aber fand ich über nacktem Fels sich als
Gitterstrauch ausbreitend das hortensienähnliche Schizophragma integrifolium,
sonst eine mächtige Liane, hier in der Varietät minus, und die neue
Pyracßntha discolor. Auf dem Rückwege geriet ich durch eine Vermessungsübung
einer Kadettenschule oder dergleichen. Eine Unzahl
von Meßtischen war in Abständen von 20 Schritten oder nicht viel mehr
aufgestellt, über die Zeichenpapiere war chinesisches Papier gespannt und
gearbeitet wurde offenbar gar nichts. Da wundert es mich nicht, daß die
Chinesen keine Landesaufnahme zustande bringen, aber es tat mir um so
mehr leid, daß ich auf weitere topographische Arbeit verzichten mußte,
denn in dem verwickelten Gelände hatte sie mich schon merklich von
meiner Facharbeit abgezogen, und diese wurde, je weiter abwärts, desto
umfangreicher und durfte durch nichts beeinträchtigt werden.
Als ich am 6. Juli von Guiyang aufbrach, hatte ich statt meines liinaus-
geworfenen Sammlers nun einen bisher beim Mafu bediensteten jungen
Burschen, auf den ich es schon lange abgesehen hatte. H s ia o -D s c h u
(„Kleines Schwein“) hieß er. Er war flott und findig und ein vorzüglicher
Baumkletterer und stellte mich sehr zufrieden, nachdem ich Y aftscha und
ihm einmal tüchtig die Meinung gesagt hatte, als ich sie dabei erwischte,
wie-sie nur die Hälfte der Pflanzen umlegten und an den anderen Tagen
die andere Hälfte, um sich Arbeit zu ersparen. Da wunderte es mich nicht
mehr, daß das während der Reise in der schlimmen Regenzeit eingelegte
Material nicht tadellos geworden ist.
Verschiedene Sandsteine spielen die Hauptrolle östlich von Guiyang
Der Weg quert einige nach Nordosten fließende Gewässer; kleinere sind
wieder von Mariscus Chinensis eingefaßt und oft fast davon erfüllt Kopfweiden
und -eschen stehen an ihren Ufern. Im Städtchen L u n g li auf einem
Hügel fand sich Poliothyrsis Sinensis, ein mit Rispen kleiner weißer,