
einem Hain großer, braunblättriger Alpenrosenbäumchen fand sich ein Platz
für das Zelt.
Dann ging es den Seitenbach entlang aufwärts, um weiter oben den
Kamm gegenüber zu erreichen. Am Talhange hatte der Bambus, wohl überall
Arundinaria melanostachys, vor wenigen Jahren geblüht, war jetzt abgestorben
und umgefallen. Durch dieses in mehr als Kniehöhe über dem Boden
befindliche Gitter sich durchzuwinden, beziehungsweise darüberzusteigen,
war eine Arbeit, die jeder anderswo besser zu erledigen glaubte, so daß
auch keine Wegspur zustande kam und wir nach zwei Stunden noch kaum
vom Fleck gekommen waren. Schließlich entdeckte man den Bach als den
besten Weg und dies weiter auch am steilen Anstieg, indem wir auf über-
ronnenen Felsen in einem seitlichen Wasserlauf hinankletterten, genau wie
man sich mitunter an den Steilhängen der Trogtäler unserer Alpen zwischen
undurchdringlichem Grünerlenbusch Wasserläufe als Anstiegswege aussuchen
muß. Auf einer Karstufe sind alle Wässer erfüllt von den bronze-
farbenen glänzenden Polstern des neuen Bryum Handelii. Als ich dann
aus einem über der Steilstufe gelegenen Kar den Kamm der Wasserscheide
in seinem west-östlich ziehenden, breiten und flachen, 4225 m
hohen Teile erstiegen hatte, war im Nordnordosten Bewegung in den
überall angesammelten Wolken und nach langem Warten wurde für kurze
Augenblicke der Gipfel des Kakerbo frei, sogar in der Sonne glitzernd.
Er zeigte sich noch etwas östlich außerhalb jener ebenfalls aus zahllosen
Spitzchen bestehenden Kette, welche das von den höchsten Schneebergen
nördlich des Doker-la kommende, den Zugang zu diesem bildende Tal im
Osten begleitet. Ein anderer, vielleicht dem nördlichen beinahe gleichwertiger
Ast dieses Tales zieht von meinem Standpunkte hinab und vereinigt sich
mit ihm 5 km ober Londjre. Wieder verfolgten wir den Talhang dem hier
abbrechenden hohen Teile der Doker-la-Kette entlang nach Süden; hin
und her umgehen wir die Kanten, die zwischen den einzelnen Quellbächen
vorspringen, einzelne Träger weichen den Felsgruppen am Fuße herum aus,
andere queren sie kletternd und ich schließe mich immer diesen an, denn
dort beschäftigt mich die Flora am meisten. Mühevoll ist das Vordringen,
die Träger halten sich auch mit dem Sammeln von Steinen für ihre Feuerzeuge
und der heilkräftigen teueren Wurzeln der Pemo (Nomocharis Souliei) auf
und schieben viele Rasten ein. Es war schon eine etwas sonderbare Reise,
wie ich da mit „Wilden“, die mit den Händen essen, weglos durch die Berge
zog. In einem dicken Bambus- oder Holzrohr bereiten sie ihre Tsamba. Erst
wird Tee angesetzt, dann Butter hineingeworfen und mit einer Art Quirl, einer
an einem Stiel befestigten, durchlöcherten Scheibe, zerstoßen und gemischt,
dann in einfache hölzerne oder — die wertvollere — aus den auf verschiedenen
Nadelbäumen auftretenden Gallen gedrechselte Schale gegossen, Mehl hinein-
119. Die Träger über den Si-la (Tibeter und chinesisch-tibetische Mischlinge)
beim Tsamba-Essen. In der Mitte stehend ein Nahsi (Ho).
120. Ludse am Salwin.