
den Kiesgrund durchschneiden, unsere Primel zu linden, denn ihre Farben
leuchten uns entgegen. Es ist schwer zu sagen, ob sie „die schönste“
Primel ist, m der Entwicklungsreihe ihrer Richtung aber ist sie sicher das
prächtigste Glied: der kräftige Schaft erreicht 70 cm Höhe, die Blütenähre
15 cm Länge und 3^ cm Dicke, als scharlachroter Schopf schließen sie die noch
geschlossenen Kelche ab und darunter sind die schon geöffneten purpurvioletten
Blüten, etwas herabgeneigt, zu einer dichten Walze vereinigt.
Ich brauchte auch nicht zu suchen und zu wählen, um ein Farbenbild
aufzunehmen. Wie man sich auch stellt, immer gibt es einen prächtigen
Hintergrund, ein Wasseräderchen, die bunte Wiese selbst, den See noch
als schmalen Streif und die dunklen Wälder, von denen von blühendem
Strobilanthes auf weite Ferne hin graublaue Wiesen herabziehen ins Seebecken.
Eine Herde schwarzer, zottiger Jak zieht grasend über den Grund und
gemahnt auch den Nichtbotaniker, daß er sich nicht im schönsten Winkel
unserer Alpen, sondern nicht ferne von Tibet befindet. Und doch, als
ich zwei Jahre später vom Salwin nach Lidjiang zurückkam, schien
mir die Gegend hier recht waldleer im Vergleich zu dem, was ich dort
gesehen!
Am 25. fcog ich wieder in die Stadt, um mit Gewalt, gleichgültig, daß
die Päcke hie und da anbrannten, die Massen von Pflanzen zu trocknen
und abzuschicken und meine weitere Reise, wieder in weniger bekanntes
Land, vorzubereiten. Leider hat der Karawanenführer, der die Kisten nach
Yünnanfu brachte, eine ins Wasser fallen lassen oder ist der Regen in die
schlecht verlötete eingedrungen; nach zwei Jahren, als ich sie öffnete, fand
ich ihren Inhalt verfault und mußte noch froh sein, daß der größte Teil
aus dem schon genugsam erforschten Lidjiang war, wenngleich leider auch
später trocken gewordene Pflanzen von Wali und von der Reise von
Yenyüen hieher damit zugrunde gingen.
IN DIE GEBIRGE VON DSCHUNGDIEN
Neue Leute. — Im Becken von Ndaku über den Yangdse. — Kriegsausbruch. Dürre
Schluchten. — Bödö und die Sinterbecken. — Besteigung des Schusutsu. — Durch die
Wälder nach Hsiau-Dschungdien. — Das Hochgebirge I’iepun. — Pflanzenreichtum in
4650 m. — Abbruch der Reise und Rückkehr bis Tschuhsiung.
Als ich am 29. Juli Lidjang verließ, hatte ich mit Ausnahme von
zweien der drei Mafus, welche mit den mir von S chneider ausgesuchten
neun besten Tragtieren unserer Karawane mitkamen, durchaus neue Leute.
Der Dolmetsch „ J e a n “ war uns vom Père S alvat aus Dali geschickt
worden, ein schwerhöriger und schielender, nicht mehr ganz junger Mann,
schwer auch von Begriffen, aber, da er unter Umständen Energie zu zeigen
>. Die Gletscherzunge nordöstlich unter dem Satseto.
(Aufnahme von G. S c h n e id e r .)