
schweigend seinem Mafu überlassen, der es dann wohl verhungern ließ.
Mir waren wenige Abschiede in China schwerer geworden als dieser.
Die Stute hängte ich einem Chinesen auch noch verhältnismäßig günstig
an. Jeder Dollar mehr, den ich durch Verkauf, so auch meiner .längst
verbotenen Browning-Pistole, herausschlagen konnte, schien nach dem
ersten Kurssturz zu Hause schon ein kleines Kapital. Die übriggebliebene
Hälfte der letzten Akademie-Unterstützung
brachte ich auf demselben Wege als ungefähr
das Doppelte der ganzen in Kronen
wieder zurück.
Persönlich waren wir bis zum letzten
Tage frei; aus Beschäftigungsmangel und
„just am End“ . ritt ich noch trotz des
schlechten Wetters am Nachmittag vor
der Abreise auf W ie c z o r e k ’s Pony weit
ins Land hinaus. Als die Liebenzeller
Mission, die zeitweise besonders stark belästigt
worden war, von der Repatriierung
ausgenommen wurde, benützte ich die
Gelegenheit, memTaktotum W a n g - t e - h iü i
mit der eben von bedenklicher Erkrankung
genesenen, nach Wukang zurückreisenden
Schwester G r am e n z dorthin zu schicken,
um mir durch eineinhalb Monate die Früh-
jahrsflora des Y ü n -sc h a n zu sammeln.
Er hat sich seiner Aufgabe mit Erfolg
hingegeben, konnte sie aber nicht ganz
zu Ende führen, da ihm im Tempel
1 4 8 . W a n g -T e -H u i .
(Aufnahme F. C za b n e t z k i .)
Räuber einige Kleider und Soldaten seine Decken stahlen. In den letzten
Tagen wurden die Aufsichtsbehörden etwas nachlässiger; besonders mit
Dingen, die ihnen Arbeit machten, befaßten sie sich nicht gerne. Am 25. März
nach dem Mittagessen sollten wir auf die Bahn kommen, am nächsten
Nachmittag in Wutschang eintreffen. „Mit was wollt ihr uns denn unterwegs
verpflegen?“ fragten wir den Beamten. „Tee!“ war die Antwort. „Ja,
und was denn zu essen?“ „Cakes!“ „So? Glaubt ihr, damit lassen wir uns
füttern?“ Da kam, gerade recht, ein chinesischer Hotelier vorbei, und mit
ihm machten wir, die Beamten ganz beiseite schiebend, das Abendessen iji
einem eigens anzuhängenden Speisewagen - aus. Daß es dabei so tobend
feuchtfröhlich zuging, daß auch der nette Dolmetschbeamte äußerlich
und innerlich begossen wurde, kann niemand wundem, der die China-
Deutschen kennt. Überhaupt sorgten wir auf der ganzen Reise dafür,
daß von den 3 $ per Kopf und Tag, die die Regierung für unsere Verpflegung
ausgeworfen hatte, auch nicht ein Cent in die Taschen der Beamten,
sondern alles in unsere Mägen wanderte. Der amerikanische Arzt Dr. Home
fürchtete sich nicht, noch zum Zuge zu kommen, und uns allen ein herzliches
„Auf Wiedersehen, really!“ zu sagen, besonders aber die Familie
W olliieim aufzusuchen, für deren Ausnahme er sich redlich bemüht hatte,
aber vergeblich gegen den englischen Konsul, der dem Tutschün mit Veröffentlichung
seiner Opium- und Schmuggelskandale zu drohen wußte.
In strömendem Regen setzte sich um zehn Uhr abends der Zug mit
einer starken Soldatenbedeckung bei unserem Gepäck in Bewegung. Unter
den Beamten, die uns begleiteten, waren einige junge, nette Leute, besonders
zwei Offiziere, das Oberhaupt des Ganzen war aber ein alter, schwerfälliger
Bureaukrat, der sich mit den anderen und mit seinen Vorratskörben
in einem Abteil erster Klasse eingenistet hatte und nicht sehen
ließ. Wir näherten uns Yodschou, als es Tag wurde. Das Überschwemmungsgebiet
des Dimgting-Sees ist jetzt eine sattgrüne, kurze Wiese, wohl
größtenteils aus CW&r-Arten bestehend, die gemäht wird. Weiter wird viel
Tee gebaut, auch zwischen Vicia Faba-FeIdem. Der Eindruck der Pflanzendecke
ist derselbe wie um Tschangscha. Rechts der Bahn liegen einige
höhere Hügelketten, dann wird die Gegend flacher und flacher, und um
vier Uhr Nachmittag kamen wir in dem kleinen, schmutzigen Bahnhof von
W u tsch an g , am äußersten Rande der Stadt an. Das Gepäck wurde ausgeladen
und zum Anlegeplatz der Dampffähren gebracht, die Beamten
warteten auf die vorausgereisten Quartiermacher, und auch wir warteten
geduldig mit, bis es dämmerte. Da begannen wir um unser Gepäck zu
fürchten, das wir im fortwährend strömenden Regen liegen wähnten, und
einzusehen, daß wir erst um Mitternacht in die Unterkunft kommen, wenn
wir nicht selbst etwas unternehmen. Wir sagten dem Beamten, wir wollen
jetzt gehen. „Noch nicht!“ meinte er. Da schickte sich einer von uns an, den
Bahnhof zu verlassen. „Nicht weglassen!“ rief der alte Chinese, und Soldaten
faßten ihn am Ellbogen. Unser Landsmann riß sich los und schlug mit
dem aufgespannten plumpen chinesischen Regendach gegen die Soldaten,
die ihrerseits Säbel und Mauserpistole rasselnd halb herauszogen. So allem
geht es nicht, sahen wir, wir müssen Alle mittun, kehrten in den Wagen
zurück, zerrten sozusagen den Alten und die ganze Beamtenschaft heraus
und zogen alle los. Inzwischen waren auch die Quartiermacher gekommen,
und bald konnte das Dampfboot abfahren nach Hankou, wo wir in einem
chinesischem Hotel kalt und zugig, aber doch verhältnismäßig sauber untergebracht
wurden. Der alte Beamte ließ ims nun als Rache während der
zweieinhalb Tage unseres Aufenthaltes nicht aus dem Hause, indem
er uns den dortigen Behörden und dem deutschen Konsulatsbeamten