
Die Tore der ansehnlichen Stadt sind gegen Überfälle der Lolo scharf
bewacht, niemand darf mit Waffen hinein, und auch S chneider’S Gewehrträger,
der von seinem Herrn getrennt durchkam, nahm man den Mauser
ab, stellte ihn aber diesem gleich wieder zurück. Ningyüen ist der Sitz
des Bischofs, an den wir empfohlen waren. Monsignore De G u e b r i e n t ist
ein ebenso reicher als schlauer Mann. Die Mission des Djientschang ist
in jeder Hinsicht sein Werk Zu Ostern .wurde die große neue Kathedrale
eingeweiht und im Herbst stand die ganze Mission mit allen Nebengebäuden
neuerbaut da. Er und seine Priester, besonders der Prokurator
Pater B u r n ic h o n , stehen im höchsten Ansehen bei den Lolo, die sich in
Bausch und Bogen als Christen erklärt haben, ohne zu wissen, was das
ist, und auf der anderen Seite hat der Moso-Fürst von ICwapi, als er, gegen
die Lolo Krieg führend, durch Ningyüen kam, ebenfalls den Bischof seinen
Paten genannt, ohne sich taufen zu lassen. Mit dem Bürgermeister steht
der Bischof auf gutem Fuße und er verschaffte uns gleich Unterkunft in
einem leerstehenden Hause desselben neben der Mission. Es gibt, auch eine
protestantische Mission, damals besetzt von Pastor J ensen und Dr. H umphrev,
alkoholfreien Amerikanern, deren Sauberkeit in grellem Gegensätze stand
zur katholischen Mission. Bei den gegenseitigen Einladungen der persönlich
in freundschaftlichem Verkehr stehenden Konkurrenten gab es dadurch
immer komische Lagen. Von chinesischen Würdenträgern suchten wir
außer unserem Hausherrn den General und einen gerade auf Inspektion
bei ihm zu Besuche befindlichen Kommissär auf, beide ganz junge Leute,
und wir hatten dank der Hilfe der Missionäre nicht viel mit ihnen zu tun.
Der Nordpfeiler der Kette östlich des Djientschang, der L o se -sch an ,
zeigt sich von Ningyüen im Süden als ein breiter, vielbuckeliger Berg, den
stark gegliederte Vorberge noch weit vom See zurücktreten machen. Bald
glitzern Schneeflecken in der Sonne auf seinen Gipfeln, bald umziehen
ihn Nebelschwaden und oft sieht man Rauchsäulen an seinen Hängen
aufsteigen, oft aber ist er bei dunstiger oder staubiger Luft kaum zu erkennen.
Sehr bald wurde uns klar, daß er der höchste und daher für uns
anziehendste Berg sein müsse, der sich von Ningyüen erreichen läßt. Entgegen
den Ratschlägen angeblicher Kenner und, da der bestellte Führer
nicht zu finden war, richteten wir uns nach den Karten von D avies und
L egendre, die an seinem Ostfuße ein Dorf Schagoma in 2480 m Höhe
zeichnen, das der beste Ausgangspunkt für die Besteigung sein mußte und
vielleicht in einem Tage zu erreichen war. Wir hatten vier Soldaten als
Bedeckung mitbekommen, die wir mit der Karawane gehen ließen, während
wir vorausritikn. Die Reise ging am 14. dem Westufer des Sees entlang,
dessen blauer Spiegel in einem Kranze lebhaft grüner Felder und dunklerer
Weidenreihen eingebettet liegt, zwischen denen die braunen Erd- und Holz