
Richtung führt dieser weiter über drei unbedeutende Höhen, zwischen deren
beiden ersten ein See liegt; die Bäche fließen nach rechts in eine Furche,
die sich vor dem genannten Gebirge nach Osten hinzieht, ein dritter aber
verschwindet nach derselben Richtung in einem Saugloch. Dieser kommt
von N anm u tsc h a n g , einem wichtigen Orte mit Quecksilberbergwerk, wo
wir mittags durchreisen. Dort wendet sich der Weg mehr nach Norden,
bald durch ein Tal hinab. Noch nie hatte ich so mächtige Bela-(Wachs-)
Bäume (Ligustrum lucidum) gesehen wie jenen hier beim Dorfe Tjidwen,
auf dem Celastrm gemmatus hochklettert und Drynaria Fortunei Stamm
und Äste bedeckt; ein dort abgesetzter Palmensamen hat in einer Stammgabel
sogar Platz gefunden, sich zu einem Bäumchen zu entwickeln. Sonst
fallen schon seit zwei Tagen die Kalopanax-Bäume auf, ein Epheugewächs
mit Domen besonders an den Langtrieben, die, mit großen, tief handteiligen
Blättern besetzt, geradeaus viele Meter hoch aufragen, an den alten Ästen
aber kleineren, bergahornähnlich gelappten Blättern, und als im Wüchse
ähnlicher Baum neben der immer noch vorhandenen Yumiwi-Gatalpa
(Buclouxii), die jetzt ihre nahezu meterlangen Schoten entwickelt hat, die
großblättrige Cat. ovata mit weißen, innen braun gepunkteten und gelb
gestreiften Blüten. Das Tal endet in einem Trichter und der Weg führt
weiter durch Felsland von wenig geneigter Schichtung, Hügel und Kanten,
Dolinen und Karrenfelder abwechselnd, aber abseits vom Wege und den
wenigen Häuschen alles mit Busch und Wald bedeckt. Aus Steinplatten
sind die Häuser in dem Steinland gebaut und Mais ist die Nahrung der
Leute. Aber nur selten, meist in den Tiefen der Dolmen, gibt es zusammenhängende
kleine Äcker, sonst ist er zwischen die Karrenfelder gepflanzt,
in die Roterde, welche die Gruben zwischen den Steinkanten ausfüllt, oft
nur eine einzige Pflanze in einem Grübchen. ■ Der Weg quert eine 1 km
Veite flache Doline und eine ganz schmale, langgestreckte, die sich wie
ein ansehnliches Tälchen hinzieht, 80 m tief bis zur quergestellten, vom
Wege benützten Kante und beiderseits noch wesentlich tiefer, und erreicht
bald darauf auf einem Rücken aus Mergel das Dorf T a ip in g g a i.
Am prachtvollen Morgen bot sich gleich unter dem Dorfe, wo der
Abstieg ins Tal des Hwatjiao-ho beginnt, wieder ein Bild des wilden
Gebirgslandes dar, das auch nach allem weit .Erhabeneren, was ich in
den Hochgebirgen von Yünnan gesehen hatte, noch großartig genug war.
Man sieht den Fluß von hier noch nicht, sondern 200 m unter uns
dehnt sich noch eine Stufe von ungefähr 5 km Breite. Darin, noch in den
Mergel eingesenkt, hegt ein bebautes Becken und jenseits dieses, aus Kalken,
deren von uns weg sanft einfallende Schichten also noch über dem Mergel
liegen, ein Streifen aus mehreren. Reihen der bezeichnenden, hier äußerst
steilwandigen und verschieden geformten Kegelberge. Jenseits, diese bedeutend
überragend, zieht sich, oben in viele Hörner zerschlitzt, eine steile Bergmauer
wie eure gewaltige Säge quer über die Wegrichtung hin, und erst
sie liegt am ändern Ufer des Flusses. Weiter links, im Nordwesten, offenbar
an der Mündung des Kotu-ho, liegt eine größere Weitung, nach rechts
aber treten die gleichhohen, unentwirrbar gegliederten Gebirge hüben und
drüben nahe aneinander und es ist nicht zu erkennen, wo das Flußtal sich
hinauswindet. Der Bach aus dem Becken von Schuigaodji wendet sich
nach rechts, der Weg aber führt geradeaus durchs Kegelbergland. Viel
Neues boten seine undurchdringlichen Gebüsche hier noch nicht, eine
große Rapanea, ein Bäumchen, dessen unscheinbare Blüten aus dem
Holz der Äste unter einem Blattschopf entspringen, Sapium rotundifolium,
das lederig-rundblättrige Euphorbiazeen-Bäumchen, Iodes vitiginea, unter
dessen dichtem Laubdach rauher Blätter an windenden Stengeln Träubehen
kirschenähnlicher und ebenso gefärbter, aber etwas flacher, kurz behaarter
Früchte hängen, die es mich zu kosten reizte; aber in ihren feinen
Geschmack mischte sich deutliches Blausäurearoma, deshalb ließ ich sie
wieder stehen und erfuhr dann auch, daß sie nicht gegessen werden.
Nephrolepis cordifolia ist ein hellgrüner Farn mit einfach gefiederten Wedeln
und braun beschuppten ansehnlichen Wasserspeicherknollen, die in großer
Zahl an den teilweise freiliegenden Wurzelstöcken angereiht sind, häufig auf
den Karren. Auch hier sieht man wieder, wie die klimatische Feuchtigkeit die
Dürre des Bodens überwindet, nicht nur an der Üppigkeit des Pflanzenwuchses
überhaupt, sondern besonders an den üppigen Moosen (Papillaria
nigrescem,- Anomodon integerrimus, Hypnum leptothallwm), welche die Felsen
bedecken und den großen olivengrünen Gallertalgen (Nostoc commune), die
jeder Regen in allen Grübchen aufquellen läßt. Vom Dörfchen oder richtiger den
Herbergen am Rande der Flußschlucht selbst steigt der Weg steil als Treppe
hinab. In 970 m Höhe treffen wir alte Bekannte aus der Subtropenflora der
trocken-heißen, tief eingeschnittenen Flußtäler im Setschwan-Yünnan-Grenz-
gebiet, Phyllanthus Emblica, Alangium Chinense, Ficus cuspidifera und Oro-
xylum Indicum, den Baum mit den Riesenschoten; seine zu kopfförmigen Ähren
gehäuften, übelriechenden Blüten sind jetzt geöffnet, ihre Kelche werden
von Ameisen besucht, die fleischigen, trübroten Blumenkronen aber fallen
alsbald nach dem Aufblühen eine nach der ändern ab. Dazwischen findet
sich der große Mallotus barbatus mit 25 cm langen, rötlich zottigen, hängenden
Fruchttrauben, die zarte, duftende Dalhergia Cavaleriei und windend
Argyreia Wallichii und das wachsweiße Aganosma elegans, spreizklimmend
die neue Verbenazee Premna crassa. Ganz unten am Flusse erhebt zwischen
Hochgrasdschungel (Saccharum arundinaceum und Ihemeda gigantea) am
Steilabriß unter dem Wege die dornige Araliazee Brassaiopsis papayoides
fast wie eine Palme ihren dichten Büschel von gegen 1 m Durchmesser