
lanthes, der etwa 2 m über dem Boden ein beinahe regelmäßiges Dach
großer hellgrüner Blätter bildet. Der Veilchenstein unserer Alpen iindet sich
auch hier, Trentepohlia Mithus, als blutrote Flecken die Granititblöeke überziehend.
Der Weg überschreitet mehrmals den Bach, an einem leichten
Buge des Tales liegt in einer Rodung der Dschungel eine Jakalm, im
Hintergründe sieht man eine Gletscherzunge über Schotterhalden, rings
stürzen Wasserfälle aus den Karen herab. Es ist nicht zu wundern, wenn
die Tibeter in diesem Lande düsterer Einsamkeit ihre Geister suchen,
rückwärts auf dem riesigen nach ihm benannten Schneeberge haust Ka-
k e rb o , der Gute, dem die Wallfahrt gilt. Nichts von den Bergen konnte
ich leider sehen, erst im nächsten Jahre stellte ich fest, daß der etwa 6000 m
hohe Hauptgipfel gar nicht direkt nach dieser Seite abfällt, sondern im
Hintergründe des nächsten Seitentales des Mekong, in dem Kamme zwischen
diesem und einem weitern liegt. Nur ein Nebengipfel liegt in der das
Doker-la-Tal begrenzenden Kette, noch vor dessen Abschluß. Um dem
Drängen der Träger, früher Nachtlager zu beziehen, zu entgehen, ritt ich
voraus bis zu einem geeigneten Lagerplatz im tiefen Walde, zu dem
brummend die Leute nachkamen. Nicht weit taleinwärts verläßt der Pilgerweg
das oberwärts flachere Haupttal, um nach links in ein Kar anzusteigen.
Ein Rindendach bietet hier den Pilgern Regenschutz. Am frühen
Vormittag wollten meine Träger streiken, droben sei es so kalt und jenseits
sei Tibet, wohin sie sich nicht trauen, sagten sie, obwohl sie früher
erklärt hatten, daß man die Rundreise über Aben und Bonga nach Tjio-
natong am Ludse-djiang ganz gut machen könne, bevor die tibetische
Grenzwache benachrichtigt sei, und der Übergang, über den Doker-la bis
zum Lager Tsesuton zur Abmachung gehörte. Erst als ich jenen, der den
Mimd am weitesten aufriß und die meisten Kreuze umgehängt hatte, etwas
unsanft zu seiner Last beförderte, setzten sie sich wieder in Bewegung.
Tm Kare, etwas unter der Baumgrenze, hinter mächtigen Felsblöcken Schutz
vor dem kalten Wind suchend, schlug ich mittags das Zelt auf. Den Trägern
erlaubte ich, weiter unten zu übernachten, denn hier war es tatsächlich kalt.
Ein rauschendes Bächlein kommt von einem Schneefeld unter einem
scharfen Gipfel herab, weiter links davon liegt ein kleiner grüner Sattel im
Kamme, der sich südlich wieder zu vielen ungefähr 5200 m hohen Gipfeln
aufschwingt. Deutlich kann män die Bambusbesen auf diesem Sattel wogen
sehen, wenn der Nebel den Ausblick freigibt: das ist der Doker-la, drüben
ist Tibet, das verbotene Land. Der Regen setzte ein wenig aus, „Was du
heute kannst besorgen-, das verschiebe nicht auf morgen!“ dachte ich;
hängte meinen Rucksack mit dem Apparate um und stieg, da meine Leute
beschäftigt waren und es so spät am Tage wurde, daß ich eine Begegnung
mit etwa übelgesinnten Lamas nicht mehr zu fürchten hatte, allein die
400 m zum Passe hinan. Im Kare verteilt sich der Bach, dunkles ein- und
zweiblütiges Aconitum pulchellum und unser Lomatogonium Carinthiacum
steht an den Rändern, großes, breitblättriges Edelweiß (Leontopodium
Stracheyi) bildet Rasen zwischen dem Gestein, sonst ist liier das meiste
schon verblüht, aber wo der Weg in Windungen ansteigt, im feinen Schutt
eines kleinen Kammes, machte ich noch gute Ausbeute: die rote Moehrin-
gella roseiflora mit großen glockig-hängenden Blüten, Tanacetum Mutellina,
unsere Edelraute vertretend, niedriges aber großblütiges, tiefblaues Delphi-
nium Beesianum, Corydalis Adrieni mit dicken- unterirdischen Winterknospen
und trachycarpa, Crepis Hookeriana, das neue Cremcmthodium crassum und
anderes wanderten in den Sammelsack. Oben auf dem 4600 m hohen Passe
das rosablütige -Cremanthodium rliodocephalum, das dunkle, großblütige Allium
Forrestii, die kleine Gentiana cyananthiflora und an der tibetischen Seite im
feinen festen Granititschutt das ganz niedrige, rasenbildende neue Delphinium
Tsarongense mit einzelnen, wässerig blauvioletten, wie aus Papier gearbeiteten,
aufgeblasenen Blüten, den größten in der Gattung, bildeten weitere neue Zuwächse
zur Sammlung. An den gebetwimpelbehangenen Bumbusbesen zerrte
schneidend kalter Nordweststurm, es begann wieder zu regnen, alles
steckte im Nebel, nur einige Bruchteile gegenüberliegender Steilhänge
konnte man sehen. Ich wollte doch bei offener Blende eine Aügenblicks-
aufhahme des schönen Rittersporns machen, aber der Wind riß den angehängten
Objektivdeckel hin und her und verhängte seine Schnur gerade
beim Abdrücken in die Auslösung, und die Platte, eine der wenigen, die
mir noch geblieben waren, war verpatzt. In steilem Zickzack führt der Weg
hinab in die oberste Mulde eines Tales, das bei Lakonra unter Menkong
in den Salwin mündet. Da hinabzusteigen oder richtiger, nieder heraufzusteigen,
hatte ich weder Zeit noch Lust, so begnügte ich mich mit einer
kleinen Sammlung vom tibetischen Boden, denn für die Durchführung des
Planes, mein Lager hier herüber zu verpflanzen und in die von B acot
so gepriesenen Wälder hinabzusteigen, war bei dem außerordentlich langsamen
Fortkommen mit den Trägern keine Zeit mehr, wenn ich von
Londjre noch nach dem Ludse-djiang wollte; die Wälder dort mußten auch
meiner Überzeugung nach die gleichen sein. Rasch zurück zum Lager und
in kalter Nacht die Pflanzen eingelegt, am nächsten Morgen noch Kleinarbeit
mit Moosen und Flechten, welche die umhegenden Felsblöcke ebenso
reichlich überziehen, wie sie die Wasserrinnsale ausfüllen; gegen Mittag
erst kamen die Träger heraufgekrochen, am Abstieg mußte ich sie aber
wieder bremsen, damit sie mir nicht über die Jakhütte hinabliefen, denn,
wenn ein halbwegs guter Tag folgte, wäre ich noch zurück' zum Gletscher
im Talhintergrunde gegangen. Es war aber gar zu abscheulich zu diesem
weglosen Gange. Der Senner hier, ein jüngerer Tibeter aus Londjre, war