
aber, trotzdem ich geraume Zeit wartete, nicht. Er hatte wohl schon gehört,
von wo ich komme, und wollte ein Gespräch darüber, S das ihm
unatigenehm sein mußte, vermeiden. Ein Polizist fragte nach meinem Paß;
da ich das Wort nicht gleich verstand, mein Diener vielleicht auch gar
nicht wußte, daß ich überhaupt einen habe, gab er sich mit einer Visitkarte
zufrieden. Ich war recht befriedigt, daß der Hsiendschang, der im folgenden
Winter bei einer Steuerrevolte in siedendem Öl ermordet wurde, mir
anstandslos die zwei Soldaten für den geraden Weg nach Djientschwan,
den ich mir diesmal doch nicht entgehen lassen wollte, mitgab.
Als ich am 17. bis neun Uhr gewartet hatte, war der Koch von den
Einkäufen, zu denen er in den zwei Tagen meines Aufenthaltes wahrscheinlich
nicht genug Zeit gehabt hatte, noch nicht zurückgekommen, auch
Lao-Li konnte ihn nicht in der Stadt finden. Sicher hatte er irgendwo
bei gutem Schnaps auf die Abreise ganz vergessen, denn ich wartete auch
bei der Mittagsrast lange genug, imd erst abends nach einer Stunde kam
er auf triefendem Pony mit zwei weiteren Soldaten, die er eigens für sich
angesprochen hatte und die ich aber auch ihn zahlen ließ, nach Djingutang
nach und warf sich gleich auf ein Bett neben mir. Der Weg folgte dem
Bache unter der Schotterebene hin, die hier, 4 km breit, mit einigen
ganz niedrigen Absätzen versehen und von den Seitenbächen durchfurcht,
das Becken von Weihsi ausfüllt. Beim Nahsi-Dorfe Todschü kommt der
anscheinend größere Talast, in dem weiter oben Eisengruben liegen sollen,
durch ein tieferes Becken von Ost, wir aber verfolgten ein enges Tälchen
gegen Südosten, in dem Djingutang hegt. Nur einige Häuser bilden das Dorf
und die anderen umhegenden, die von Chinesen und Lissu bewohnt sind.
Zwischen ihren Mais- und Buchweizenfeldern leuchten jene des Hahnenkammes
(Amaranthus hypochondriacus) jetzt in tief blutroter Farbe hervor.
Auch Hanf wird sehr viel gebaut, der sowohl für Lissu als Hsifan die
Kleider liefert. Jetzt sieht man die Stengel überall zum Trocknen in
Garben gebunden von den unteren Ästen der Bäume um die Felder
herabhöngen. Die Soldaten schliefen in demselben engen Hause, und als
ich abends am Feldtische saß und meine Wegaufnahme reinzeichnete, stand
plötzlich einer vor mir und sah mir zu. Was -tun? Unversehens war er
aus der Dunkelheit gekommen und verstand wohl, was ich da machte.
Aber, wenn ich das Blatt erschrocken umgedreht oder weggelegt hätte,
hätte ich die Lage damit sicher nicht gerettet, so zeichnete ich denn als
ganz selbstverständlich weiter. Ich hörte die Soldaten noch öfter darüber
reden, daß ich die Karte aufnehme, was hier, im Grenzgebiete, ganz besonders
verpönt ist, aber mein Diener steckte jedesmal, wenn die Sache
bedenklich wurde, ihnen einen Dollar zu, und ich heuchelte das beste
Gewissen. „Was soll der?“ „Zum Reis kaufen,“ war jedesmal der Wort-
Wechsel. Ich gab ihnen zum Schlüsse noch ein gutes Trinkgeld und so
werden sie wohl nichts verraten haben, denn damit hätten sie wohl
zunächst sich selbst geschadet; sie hatten mir ja niemals ein Wort dagegen
gesagt. Es. war die gute Seite meines Dieners und half mir über seine
Trunksucht hinweg, daß er in manchen Lagen selbstständig das Richtige
zu finden wußte und sich nicht darauf beschränkte, wortgetreu, das durchzuführen,
was ich ihm befahl; um so schwerer wieder war es, die Ausführung
von Befehlen, deren Sinn er nicht verstand, wenn es sich, zum Beispiel
um Reinlichkeit handelte, von ihm zu erreichen. Es geschah mir noch
beim letzten Übernachten vor Yünnanfu, daß er mir auf den Befehl, den.
durch Ausfegen des Herbergszimmers zusammengebrachten ansehnlichen
Kehrichthaufen hinauszutun, zur Antwort gab: „Ich kehre ihn ja so da
unters Bett!“ Später hörte ich allerdings, daß die Scheu, etwas
aus dem Zimmer zu kehren, bei den Chinesen einen religiösen Hintergrund
haben soll.
Über einen steilen Rücken von 3025 m Höhe verläßt der Weg die
Talschaft von Weihsi und führt in eine andere, entgegengesetzte. Die
Höhen sind alle mit dichtem Mischwald bedeckt, die Hänge dieses Tales
aber überall bebaut und von vielen großen Lissu-Dörfem belebt. Sein
erster Arm ist eng, scbluchtartig, führt gegen Südwest und biegt nach
etwa 7 km nach Süden ab vor einer ziemlich niedrigen, aus mehreren
kraus bewaldeten Kuppen bestehenden Bergkette, die diesseits des Mekong
liegt. Der Weg folgt keineswegs dem Tale, sondern quert es nur in südlicher
Richtung und bleibt dann durch 2'/a Tage an seiner linken Seite.
Zunächst sieht man links den Kalkkamm des Bengaidje aus ungefähr 3800 m
Höhe scharf abfallen. Auch rechts vom Wege, zwischen ihm und dem
Haupttale, zieht eine steilgestellte Kalkmauer,- die nur da und dort im
Walde erkennbar ist, geradlinig nach Südsüdost. Ihr Dasein ist der Grund
der eigentümlichen Gestaltung der Landschaft. Zwischen ihr und dem
hohen Gebirge im Osten hat sich nämlich im weichen Sandstein eine
nordnordwest-ostsüdöstliche Furche gebildet, eine Reihe von in der Höhe
wenig verschiedenen (2850 bis 3020 m) Sätteln, die in gerader Linie hintereinander
mehr oder weniger scharf in die rechts um das Kalkband wieder
höheren Rücken einschneiden. Zwischen diesen ost-westlich gestellten
Rücken aber verlaufen die sechs Seitentäler, kommen gerade an der Linie
des Weges, , der über alle diese Sättel führt, oft in kleinen Becken aus
mehreren Quellästen zusammen und durchbrechen dann in engeren Teilen
das Kalkband nach Westen. In Mugwadso, dem zweiten Übernachtungsort,
hörten wir, daß seit einigen Tagen sich auf dem nächsten Satfel eine
ungefähr 20 Köpfe starke Räuberbande- herumtreibe 'und schon mehrere
Reisende um ihr Eigentum erleichtert und angeschossen habe, Auf unser