
Die Berge im Osten des Beckens zeigen weniger gestörte, nach Osten
sanft einfallende Lagerung. Diese sind es besonders, welche bei untergehender
Sonne in schönstem Pfirsichrot erglühen, zu dem die Pflaumenblüten
der Gärten und anfangs März die Pfirsichblüten hinter Helungtang
und dort, wo die Eisenbahn ins Gebirge eintritt, den passenden Vordergrund
abgeben. Auch in den Zypressenalleen, welche die Bewässerungskanäle
der Ebene zwischen den lebhaft grünen, zur Blütezeit süß duftenden
Bohnenfeldern einfassen, löst die Abendsonne Farbenspiele aus, die
an Zartheit schwer zu übertreffen sind. Die Tausende schuppenblättriger
Zweiglein der Cupressus Duclouxiana, an sich von fahler, graugrüner Farbe,
nehmen dann, wie auch die graue, dünne, in Längsstreifen abblätternde
Rinde der säulengeraden, lange Schatten werfenden Stämme, goldige Töne
an, schwer duften die im Februar mit dichten Rispen violetter Blüten
übersäten knorrigen Bäumchen der Buddlea offtcinalis, das zarte Grün
der jungen, fast durchscheinenden Blätter der Trauerweiden (Salix Bdby-
lonica) sticht dagegen, an heimische Frühjahrsfarben gemahnend, stark ab.
Träge schwängen sich die mächtigen Weihen und Kormorane, schwarze
Krähen und seltener weiße Reiher in den Wipfeln, nicht zu reden von
den nur gelegentlich kommenden großen Zügen von Staren und Wachteln.
Zu den schönsten Pflanzenformen um Yünnanfu gehört der nur von Möngdse
und von hier nach Nordnordosten zum Yangdse bekannte polsterbildende
Steinsame Lithospermum Hancockianum. Die Pflanze findet sich einzeln auf
dem Tschangtschung-schan, in großer Menge aber auf dem Laodjing-schän
in der Kette des Hsi-schan südlich von diesem selbst: Ihre unten kahlen,
schwärzlich beschuppten Stengel erreichen 30 cm Länge und enden mit
Rosetten 10 cm langer, starrer, silbergrauer Blätter, aus deren Mitte ganz
kurze Wickel langröhriger rosavioletter Blüten hervorragen, deren Saum fast
2 cm im Durchmesser erreicht. In großer Zahl dicht zusammenschließend,
bilden sie blütenübersäte Luftkugelpolster von f/2 m Durchmesser, die in
Felsritzen wurzeln und auf dem nackten Stein sich ausbreiten.
NACH MANHAO IM TROPISCHEN YÜNNAN
Der Abstieg von Möngdse. — Widerliche Bedeckung. — Regemvaldreste und Savanne. —
Batunameisen. — Kranke. - - Blinde Täler und Saugschlünde.
Eine größere Reise im Winter zu unternehmen, hätte keinen den Kosten
entsprechenden Erfolg bringen können, außer in dem tropischen Teil von
Yünnan. Da ich aber, nachdem . eine erbetene Nachtragsunterstützung
der Akademie der Wissenschaften von 3000 K richtig' eingetroffen war,
keine Ahnung von der Möglichkeit weiterer Unterstützung hatte, ja darin
viel zu schwarz sah, mußte ich eine Reise dorthin auf das kürzeste und
billigste beschränken. Der am schnellsten erreichbare Punkt ist Manhao,
am Roten Fluß südlich von Möngdse unter 200 m gelegen. Nach dem
Reichtum der echt tropischen Pflanzenwelt zu schließen, die ich beim nahegelegenen
Phomoi in Tonkin untersucht und von der Bahn aus am Namdi
gesehen hatte, mußte auch ein kurzer Besuch in Manhao außerordentlich
lohnend sein. Dort konnte ich rasch reichlich sammeln, die Ausbeute in
zwei Tagen nach dem trockeneren Möngdse und dann in das gute Klima
von Yünnanfu bringen, um das Fertigtrocknen im stets Schimmel fördernden
Tropenklima zu vermeiden.
Nachdem ich durch Konsul W e i s s dem Tutschün meine Absicht angekündigt
und von diesem die schriftliche Antwort erhalten hatte, ich
möge in Möngdse den Daotai aufsuchen, , der mir Soldaten in die heuer
angeblich ganz besonders von Räubern heimgesuchte Gegend mitgeben
werde, reiste ich mit diesem Bescheid am 20. Februar mit der Eisenbahn
dorthin, wo mich am nächsten Tage Herr A n d e r s e n gastfreundlich
in das SpEmEL’Sche Haus aufnahm. Mein Gang zum Daotai war zunächst
erfolglos, denn der war nach Yünnanfu gereist und sein Vertreter wußte
nichts von der Sache, eine Depesche an den Konsul aber erzielte die
Antwort: „Behörden bitten, noch Möngdse warten“. Der Polizeibeamte
versprach, mir gute Soldaten als Begleitung auszusuchen, sobald die Erlaubnis
komme, und schickte voraus, nachsehen zu lassen, ob Räuber am
Wege seien, und mich in Manhao anzukündigen. „Wenn ich aber zu lange
warten muß, so gehe ich einfach allein,“ erklärte ich, denn ich wollte
meine Zeit keineswegs in der durch H e n r y genau erforschten Umgebung
von Möngdse vertun. Nein, dann könne ich nicht gehen, meinte er. Es kam
aber zu keinem Streit mehr darüber, denn Konsul W eiss brachte alles in
Ordnung, und am 26. reiste ich mit einem aimamitischen Diener, als Dolmetsch
und Koch, einem Reittier und vier. Tragtieren und einer Bedeckung
von fünf Polizeisoldaten unter einem sehr aufgeblasehen Korporal
ab. Dieser wollte mir sagen, daß ich nicht photographieren dürfe, ich beachtete
ihn aber gar nicht und ließ mich , nicht stören.
Der Weg steigt jenseits des Städtchens Asündschai aus der keineswegs
schönen Ebene am nur etwas bebuschten Hang allmählich auf. Weiter
oben finden sich ausgedehntere Gesträuche und breitblätterige, hellgrüne
Bambusse, sonst gleicht die Flora der Steppe noch sehr jener um Yünnanfu.
In 2065 m Höhe, 760 m über Möngdse, liegt der Paß oder richtiger Übergang
über- das Gebirge, das aus kurzen, hohen und sehr steilen nordost—
südwestlich gerichteten, gleichsam aus den breiten Rücken auftauchenden
Felskanten besteht. Alles ist kahl, doch zeigen sich beim Hinabsteigen am
Südhange gleich Spuren üppigen Pflanzenwuchses im Sommer, jetzt verdorrte
Karden und Artemisien von mehr als Mannshöhe u. dgl. Steil, in