
Am 18. Juli machte ich den Ausflug dorthin. Am Rande des alten
Seebeckens, das von Ngulukö noch 5 km nach Norden reicht, drängt sich
Stecheichengebüsch zwischen die stehengebliebenen Konglomeratklötze. Der
schotterige Grund trägt jetzt verhältnismäßig wenige Blüten, im Frühjahr findet
man schon hier Incarvillea grandiflora und im Herbst den schmalblätterigen
azurblauen Glockenblütler Oyananthus argenteus niedergestreckt auf dem
Boden. Am Waldrande treffen wir auf den Karawanenweg von Lidjiang nach
Ndaku und Yungning und erreichen bald den Spalt mit dem versenkten
Wasserlauf, der die eiszeitlichen Gletscher entwässert hat und jetzt erst
in der Ebene zutage tritt, um an ihrem Ostrande zur Stadt zu fließen.
Nadelwald herrscht vor, viele .Fichten und Pinus tabulaeformis, aber auch
vielfach mit Stecheichenbusch als Unterwuchs. Im Schatten gedeihen üppige
meterhohe Stauden in dichtem Schlüsse, wieder Strobilantes versicolor,
Bodgersia pinnata und eine große Wiesenraute, Thalictrum Delavayi,
mit breiten Rispen zahlloser rosa-violetter Blüten mit ansehnlichen Blütenblättern.
Alte, jetzt waldbedeckte Moränen drängen sich von links heran
und der Weg erreicht hier seinen höchsten Punkt (3110)»). Jenseits dehnt
sich eine schöne grüne Wiese mit gebuchteten Rändern, etwas eingesenkt
zwischen den genau an einer Wagrechten beginnenden Wäldern. Ihr Boden
ist Konglomerat, durch ein. Bindemittel zusammengebackenes Gerolle, und
so erweist sie sich auf den ersten Blick als ehemaliger See und ihr
chinesischer Name1 „Ganhaidse“ („trockener See“) scheint fast geologische
Erkenntnis vorauszusetzen, beruht aber wohl darauf, daß sie zur
Schneeschmelze teilweise wassererfüllt sein dürfte. Die Durchlässigkeit des
Bodens hat sie baumfrei erhalten und gestattet an einzelnen Stellen nur *
bestimmten Kräutern das Gedeihen, wie der immortellenähnlichen Anaphalis
chlamydophylla, deren strohartige silberweiße Köpfe ganze Strecken bedecken,
und Leontopodium Dedekensii. Sonst aber drängen sich überall bunte Blumen
hier und auf der gleich gearteten Heidewiese, die den Untergrund der
umgebenden Kiefernwälder bildet. Ich erwähne nur die auffallendsten: klein
und zart der azurblaue Schmetterlingsblütler Gueldenstaedtia Yunnanensis,
rosa Triplostegia glandulifera, dem Baldrian verwandt, die gelbe Viola
Delavayi, die weiße Androsace erecta und Drosera peltata, den Insektenfänger
mit halbmondförmig ausgeschnittenen rotdrüsigen Blättern, die
verschiedenfarbigen Swertien, niederliegend und kriechend gelbe Lysimachia
congestiflora und die große, mit weit kriechenden, reihenweise mit roten
Blüten besetzten Stengeln sternförmig sich ausbreitende, grob behaarte
purpurrote Pedicularis polyphylloides, die aufrechte ganzblätterige P. integri-
folia und die höhere starre, reichverzweigte und fein schlitzblätterige tenui-
1 „Gaba“ der Nahsi.
77