
haben nicht bei uns geraubt, und das andere geht uns nichts an. Ein
Teil meiner Soldaten stieg die Berghänge hinauf, ohne natürlich jemand zu
finden. Im Dorfe Tschaimou, wo ich nächtigte, kamen noch zwei Chinesen,
sich verbinden zu lassen, der eine mit einem tiefen Stich im Schenkel,
der andere mit einem „Stein-“ oder wahrscheinlicher Schrotschuß durch
die Kopfhaut.
Das Land kann im ganzen als eine Hochfläche von 950 m Meereshöhe
bezeiclmet werden, setzt sich aber aus unzähligen Rücken und
Tälern zusammen und wird zum größten Teile nach Süden, erst auf
Liping zu nach Nordosten entwässert. Es ist anmutig grün und reich bewaldet,
doch werden die Wälder stark gelichtet und das Holz weithin
ausgeführt. Holzriesen aus geschälten Baumstämmen sind manche Täler
entlang errichtet, oft auf hohen Stelzen, wie bei uns in den Alpen, denn
erst weiter unten auf dem Flusse kann geflößt werden. Auf diese Weise
soll das Holz dann bis Kanton gebracht werden. Die Bewohner des
Landes werden als Dungdjia und T s c h u n d jia bezeiclmet, die untereinander
nur wenig verschieden sein sollen. Sie sind den birmanischen
Schan verwandt und tragen sich ganz verschieden von den ¡Chinesen, alle
in Schwarz, die Weiher mit Faltenröcken bis zu den Knieen. Die Männer
habeiT die schwarzen Haare zu einem kleinen Knäuel etwas vorn auf dem
Scheitel geflochten. Es sind keine großen Leute, verhältnismäßig sauber,
aber angeblich recht diebisch. Die Dörfer würden jenen der Miao ähneln,
wenn nicht die zahlreichen Tempel ihnen ein ganz anderes Gepräge verliehen.
hi ihnen verrät sich die Herkunft des Volkes aus Indien. Aus
Holz, wie die Häuser, sind es hohe Gebäude mit vielen ganz schmalen
Dächern übereinander, beinahe ganz Dach wie viele indische Pagoden.
Die Speicher, aber auch Wohnhäuser, stehen auf Pfählen über dem Wasser,
vielleicht zum Schutze gegen Ratten und ähnliches Getier. Im untersten
offenen Raum stehen überall Särge und warten anscheinend wie bei den
Chinesen auf glückbringende Zeit fürs Begräbnis. Chinesische Kaufleute
wohnen in allen Dörfern und diese haben, wie überall, ihre langweiligen
Häuser mit den hölzernen Schiebeläden und den roten beschriebenen und
bedruckten Papierstreifen an den Pfosten. Die Gegend ist ein Mittelpunkt
der Büffelzucht, es gibt Riesenexemplare der Art imd die Zuchtbullen, die
zu keiner anderen Arbeit verwendet werden, sind durch Blechhülsen um
die Hörner gekennzeichnet. Dafür sind Pferde gänzlich unbekannt; meine
Karawane, die sich durch die Glocke des Leittieres ankündigte, machte die
ganze-Bewohnerschaft der Dörfer am .Wege und noch fernab zusammenlaufen,
und öfters kamen Leute mit ihren Kindern und zeigten ihnen:
„Schau, das ist ein Pferd“. Es gibt aber auch keine Ställe oder Hofräume
und wir mußten die Tiere immer auf der Dorfstraße lassen und
mit Reis und frischem Gras füttern. Manchmal konnten sie dann nachts
die vorgelegten Balken herunterstoßen und in die Reisfelder geraten, was
immer Streit und Geschrei und Nachtruhestörung zur Folge hatte.
Auf halbem Wege ist ein Militärposten und dort erhielt ich als Ablösung
nicht weniger als 23 Soldaten mit einem Offizier, der sich seinen
Säbel nachtragen ließ. Die faule Gesellschaft, deren Anblick mir immer
widerlich ist, hätte mir doch nichts nützen können, nachdem sie nicht
imstande war, den vielen Räubereien — wir waren gerade wieder am
Grabe eines vor drei Wochen ermordeten Kaufmannes vorbeigekommen
— auf die Spur zu kommen. Mit dem Sammeln hatte ich unterwegs und
bei Mittagsrasten und > im Nachtlager vollauf zu tun, denn überall gab es
Neues zu haschen. Nur Antidesma Japonicum, Randia Yunnanensis, die
neuen Quercus picta, Blastus spathulicalyx und Oldenlandia spedosa führe
ich an. An den Bächen wachsen Eschen, und vielleicht das Absonderlichste
blieb für zuletzt, eine grüne Insel mitten in einem kleinen Bache,
die sich aus Pentasacme Stauntoni bestehend erwies, einer Pflanze aus
der Familie der Asklepiadazeen, die nur in dieser Gattung Wasserpflanzen
enthalten; diese hier ist dauernd bis zum Drittel oder zur Hälfte untergetaucht
und der Stengel bis dahin blattlos, darüber ähnelt sie einer kleinen
Schwalbenwurz.
So gehörte diese Reise von Gudschou nach Liping trotz des regnerischen
Wetters und der schwülen Hitze zu den eindrucksvollsten Teilen
meiner Chinareisen. Im zweiten Nachtquartier, Matang, gab es noch einen
lustigen Zwischenfall. Einen an den Seiten offenen Dachraum hatte ich
bezogen, und, um mir zuzuschauen, erkletterten die Neugierigen das Gerüst
eines im Entstehen begriffenen Hauses nebenan und saßen darauf wie
Spatzen auf den Telegraphendrähten. Da begann ein Knattern und Krachen
wie von den chinesischen Feuerwerkskörpern, als ich aber aufsah, brach
gerade das Gerüst zusammen und alle die Gaffer fielen ins Schlammwasser;
die noch auf den stehenbleibenden Teilen waren, konnten sich plagen,
herunterzukommen. Alles lachte, nur ein Junge heulte ein wenig, der etwas
grob auf seine Sitzgelegenheit geraten war.
Über den letzten niedrigen Kamm gelangt man schließlich in das grüne
Tal von Liping, das von Südwesten als breite Furche herkommt. Die Hänge
sind dort kahlgeschlagen und die unzähligen Rinnen, die sie durchfurchen,
weithin zu erkennen. Mengen von Adlerfarn geben den Buschwiesen
streckenweise einen bläulichen Schimmer.
In L ip in g blieb ich vom 24. bis 28. Juli, denn ich hatte etwas Fieber
und einen tüchtigen Tropenschnupfen mit Kopfbeklemmungen. Die Stadt
ist unbedeutend, aber doch gibt es einige Glasfenster und von fremden
Waren mehr zu kaufen als in viel größeren Städten Yünnans, so in