
uns. Sie lassen uns stumm hinein. Das ganz niedere Tor nötigt, vom
Pferde zu steigen. Die Häuser sind aus Erde, manche aus Holz und Bambus
gebaut und alle mit Bambus gedeckt. Das Haus des Ältesten ist sofort
zu erkennen, aber er ist gerade nicht zu Hause und die Suche nach
Unterkunft ist bei der Schwierigkeit der Verständigung des an allen Gliedern
schlotternden Li mit den nur wenige Worte des Setschwan-Dialektes sprechenden
Lolos zunächst wenig erfolgreich. Bald aber kommt der Älteste,
macht seine fußfällige Verbeugung und ladet uns als Gäste in sein Haus.
Da werden nun zunächst hinter den Futterbarren seine Büffel und Kühe
hinausgejagt und unsere Pferde eingestellt, denn das ganze Haus ist nur
ein Raum mit zwei Türen und ohne Fenster; nur die Schlafstellen der
Frauen sind durch Verschlüge abgegrenzt. Es gibt keine Möbel, nur einen
verschließbaren Kasten und Strohmatten. In der Mitte werden unsere Feldbetten
aufgeschlagen, auf der von skulpturierten Steinen umgebenen Feuerstelle
wird Feuer gemacht. Den angebotenen Tee lassen sich unsere Diener
schmecken, wir haben unsere Sachen mitgebracht. Den ungewohnten Vorgang
des Pflanzeneinlegens beobachten die Leute, stramme braune Gestalten,
in einem weiten Halbkreis, der sich erhebt, wenn der Älteste durchgeht
und sich von ihm mit leichter Handbewegung zurückhalten läßt, viel
respektvoller als die zudringlichen Chinesen. Die Lolo trennen sich nicht
von ihren Faltenmänteln, das Haar tragen sie vorne zu einem Horn geflochten
oder aber ein so gebundenes Kopftuch. Die Weiber tragen lange
Faltenröcke bis zum Boden und eine Art Großmütterchenhaube auf dem
Kopfe. Alle rauchen lange Bambuspfeifen. Einige der dem Dorfherrn verwandten
Frauen haben lange Ohrgehänge, sonst ist wenig Schmuck zu
sehen. Ein Geldgeschenk wollte er beim Abschied nicht nehmen, als w'ir
es aber für seine Kinder bestimmten, ließ er sich dazu bewegen. Bald
haben sich sogar unsere Leute und die Soldaten mit den Lolo angefreundett
Sie necken sie, indem sie sich über die schweren Mäntel lustig machen,
wogegen diese sie ihnen am Feuer immer wieder umhängen wollen. Die
Nachtruhe ist in dem überfüllten Raume, wo Schweine, Hühner und
Hunde zwischen unseren Betten und dem Gepäck herumkriechen, nicht
allzu ungestört, obwohl das ganz kleine Hausgetier noch nicht ausgekrochen
ist.
Morgens kommt man nie so früh weg, wie es bei uns für Bergfahrten
üblich ist, denn erstens ist der Chinese ein Langschläfer und zweitens
braucht er sehr lange zum Kochen seines Essens. So wurde es trotz unseres
Drängens acht Uhr, bis wir aufbrechen konnten, natürlich wieder zu Pferd,
denn das Reiten spart auch bei Bergbesteigungen Kraft und Lust, vielseitige
Arbeit zu leisten. Steile, ausgedörrte Rasenhänge führen zu einem der vielen
buschbewachsenen Grate, die sich vom Gipfel herabziehen. Der Weg, den
wir wählen mußten, war schön von ferne zu sehen: eine tiefe Schuttrinne,
die sich durch Holzschleifen gebildet hatte. Beinahe alle Sträucher sind
Alpenrosen, in dieser Höhenstufe gerade in schönster Blüte. Als zart weiß
oder verschieden rosa getönte Büsche leuchten sie aus der Dschungel hervor
oder bedecken zusammenhängend große Flächen der steilen Hänge. Dazu
sieht man vereinzelt dunkle Kronen der Tsuga Yunnanensis, eines eiben-
blätterigen, aber zäpfchentragenden Nadelbaumes, und von etwa 3300 m an
eine Tanne (Abies Delavayi), diese anfangs vereinzelt, aber später immer
20. Karsee am Osthang des Lose-schan, in 3900 m Höhe.
(Aufnahme G . S c h n e id e r .)
reichlicher und um etwa 3700 m schöne Wälder bildend. Einen weiten Kessel
füllen diese dunklen Wälder aus, die oberste Mulde des Grabens südlich
von unserem Grate. Ein kleiner einsamer Hochsee liegt darin eingebettet
mit tief blaugrünem Wasser, jetzt in der Trockenzeit umgeben von einem
Kranze braunen Blockwerkes. Einige Lolo, die zum Holzfällen heroben waren,
erheben sich und grüßen uns durch Verbeugung. Wir haben schon beinahe
4000 m erreicht, als wir Mittagsrast machen, weil es Menschen und Tiere
nötig haben. Der Grat besteht weiter aus Blockwerk, von Fichtenwald bewachsen,
die Pferde lassen sich jedoch mit größter Sicherheit dar üb erführen.
Alle anderen Rücken sind kahl, jedes Baum- und Sträuchwuchses entblößt