
und Lichtbilderaufnahmen machten hier eine wesentliche Berichtigung
zu R yder’s Karte mit Bezug auf die Richtung des Flusses nötig. In
dem von Nahsi bewohnten Tale, in das der Weg zurückkehrt und noch
einen weiteren Tag über wenig gestörten Kalk- und Sandsteinschichten
der meine bleibt, war das Interessanteste die Orchidee Pecteilis Susannae,
ein aufrechtes Kraut, aber in den Blüten durch das Fleischig-Wachsige,
die weiße Farbe und den 15 cm langen Sporn dem tropischen, häufig
gezogenen Angraecum sesquipedale ähnlich, und Dobinea Delmayi, eine
krautige, meterhohe, übrigens in ähnlichen Lagen nicht seltene Anacardiazee,
die durch folgendes sehr merkwürdig ist: 1. ist sie keine Holzpflanze,
wie fast alle in der Familie, sondern ein ausdauerndes Kraut, 2. stehen
die weiblichen Blüten in vollständig jenen des Hopfens gleichen Kätzchen,
während die weißen Deckblätter der männlichen sehr bald abfallen,
3. sitzen die Früchte auf der Mitte der Deckblätter, beziehungsweise ist
ihr Stiel mit diesen verwachsen, 4. riecht der dicke holzige Steppenpflanzenwurzelstock
nach Nadelholzharz. Die nicht spannenlangen Blätter der
Gerbera nivea werden gesammelt, der Blattstiel und Mittelnerv wird herausgezogen
und zu einem Gewebe verarbeitet.
Am Apa-la soll es oft Räuber- geben, und der Lama von Yungning
hatte mir geraten, vom letzten Dorfe Leute vorauszuschicken, die deshalb
nachsehen sollten, und selbst Bewaffnete als Bedeckung mitzunehmen,
denn die chinesischen Soldaten werfen gegebenenfalls sofort ihre Waffen
weg und laufen davon, wenn sie sich nicht selbst den Räubern gegen
ihren zu beschützenden Herrn anschließen. Weniger in dieser Furcht, als,
weil der Weg über den Apa-la schon von R yder aufgenommen war,
zwischen ihm und dem Gebiete meiner vorjährigen Aufnahmen aber noch
unbekanntes Land lag, bog ich von Laba nach links aus und verfolgte,
hoch am westlichen Hange aufsteigend, am Lolo-Dörfchen Hwadjiaoping
vorbei, den längsten, südlichen Ast des Tales. Gegenüber erhebt sich das
auffallend dürre breite Kalkgebirge Küdü, dessen hierher gekehrter Rücken
Akaendyo heißt. Wieder zum Bache hinab führt der kleine Weg, den
mich nebst einem von Laba mitgenommenen Jungen der tibetische, sonst
in Hodjing ansässige Arzneimittel-Kaufmann wies, der von Muli den selben
Weg mit uns reiste, nachdem es ihm mißlungen war, nach Dadjienlou
durchzukommen. Recht steil muß man jenseits wieder ansteigen. Li-s Pony,
ein ebenso schwächlicher Vertreter des Pferdegeschlechtes, wie sein
Reiter einer des Menschengeschlechtes, verließ die Kraft und plötzlich
entschwanden mit einem Aufschrei des letzten beide hinter mir über den
Wegrand hinab. Li kam einige Meter tiefer wieder auf die Füße, das
Pony aber erst unten in der sumpfig-weichen Talsohle, die den Schaden
auf den zerbrochenen Sattel beschränkt ließ. Daß Li nun bis zur nächsten
QueUe, dem Nachtlagerplatz, zu Fuß steigen mußte, war ihm sehr peinlich;
aber nicht ungesund. Noch ein kurzer Anstieg, dann eben am Hange hin,
und über den flachen, 3425 m hochgelegenen Paß Gitüdü (chinesisch
Matschangba), eine teilweise sumpfige und mit Weiden bewachsene, eine
Stunde lange Wiese mit der prächtigen, schon im Vorjahre auf dem
Dschungdien-Hochland beobachteten Flora, wird das Tal des Bapadyi
erreicht. Wo der Kiefernwald sich lichtet, bot sich ein prächtiger Ausblick;
ferne zwar, aber klar zu sehen, lag der T ja ta - s c h a n , ein hoch-
aufragender Schneedom wie der Ortler von Norden, vor mir, und daran
anschließend die ganze Kette südlich von Bödö, der im Juni erstiegene
Gipfel deutlich erkennbar, näher der Schusutsu, ein Bekannter vom Vorjahre,
und die rötlichen Sandsteinberge zwischen ihm und den Piepun-
Gipfeln. Jenseits des Bapadyi, am Fuße dieser Kette, zieht sich ein
schmaler, kiefernbedeckter Rand über der Schlucht des Flüßchens hin,
der eine kleine Tagereise weiter an die Stufe von Bödö anschließt. Ich
querte den Bapadyi, erstieg, nach rechts mich wendend, den Rand und
fand in dem mir nach dem Namen bekannten A n an g u (chinesisch
Ngannantschang) einen ansehnlichen, blühenden Bergwerksort, obwohl von
tibetischer Bauart, von einem Völkergemisch bewohnt, auch Chinesen,
darunter mehreren Beamten, von denen mich der Polizeimeister freundlich
zum Tee lud. Er gab mir nach Dschungdien zwei Polizisten mit, und,
da es hier viele Diebe gebe, was man in einem Industrieort immer glauben
kann, auch einen für die heutige Nacht, der seine Aufgabe als „ Wächter f;
dadurch erfüllte, daß er sich an meine Tür legte, aus Leibeskräften
schnarchte und nur aufwachte, als ich mit einem langen Riemen einen
Hahn zu verjagen suchte, der, gerade über meinem Bette versteckt, schon
lange vor Morgengrauen meiner Nachtruhe ein Ende bereiten wollte.
Von Anangu schlug ich am nächsten Morgen (16. August) nordwestliche
Richtung ein, dem großen Verkehrswege zum zugehörigen Bezirksstädtchen
Dschungdien folgend. Links hoch oben am Hange sieht man die
Schutthalden der Silber- und Goldbergwerke, welche die Chinesen hieher
ins Gebirge gelockt haben. Bald steigt man wieder zum Bache hinab, dem
es unter dichten, großen Büschen von Kreuzdorn (Rhamnus virgatus)
und Spindelbaum, Econymus Lichiangensis, einer Art mit vierkantig-
flügeligen Zweigen und ganz schmalen Blättern und Fruchtklappen, entlang
geht. Der Bach, der Hauptarm des Bapadyi, kommt von Westnordwest
vom Piepun, der Weg verläßt ihn und steigt an der linken Tallehne an.
Hohlwegränder im Sandstein sind grün überzogen von den Vorkeimen verschiedener
kleiner Widertonmoose. Blumenreiche Matten liegen zwischen
den Wäldern des breiten Rückens, von dem hier die Bäche nach drei
Seiten, nach Bödö, Laba und Dschungdien abfließen. P a tü - la heißt der